Tausend und eine Nacht, Band 4
erbat sich von Abu Saadat für sie ein prächtiges Kleid und eine Halskette von vierzig Solitärperlen nebst äußerst wertvollen Armbändern, Ohrringen und Gürteln. Sie wurde fast närrisch vor Freude, als sie alles dies sah, und sagte zu Maruf: »Ich will dieses Kleid und diesen Schmuck für Festtage aufbewahren.« – »Das ist nicht notwendig«, versetzte Maruf, »denn ich habe deren noch viele.« Als er wieder allein war, bestellte er bei Abu Saadat hundert Kleider mit Schmuck für die Sklavinnen seiner Gattin. Sie zogen sie an und leuchteten wie die Sterne um die Prinzessin, welche dem Mond glich. Der König wußte nicht mehr, was er von allen diesen Schätzen denken sollte; und als er den Vezier um seine Ansicht darüber fragte, sagte dieser: »König der Zeit, ein Kaufmann ist weder so freigebig, noch so reich, als dein Schwiegersohn, selbst Könige sind selten beides in einem so hohen Grad, hier liegt gewiß irgend ein Geheimnis verborgen; folge daher meinem Rat und lade Maruf mit mir zu einem Spaziergang in deine Gärten ein, dort stellst du uns Wein vor, und wir geben ihm so viel zu trinken, daß er die Besinnung verliert und sein Geheimnis offenbart; wir ergreifen dann die nötigen Maßregeln für deine Sicherheit, denn ein so reicher Mann könnte dir gefährlich werden.«
Der König fand diesen Rat gut und beschloß, ihn am folgenden Tag auszuführen; sein Entschluß war noch fester, als am folgenden Morgen seine Diener ihm das Verschwinden der Maulesel und der Mamelucken, die mit Maruf gekommen, meldeten und dieser dazu lachte, als wäre ein Verlust von tausend Mauleseln und fünfhundert Mamelucken gar nicht anzuschlagen. Maruf wurde daher zum verabredeten Spaziergang eingeladen, und im Pavillon des Gartens wurde er solange zum Trinken beredet, bis er nicht mehr wußte, was er sagte. Jetzt bat ihn der König, er möchte ihn doch mit den näheren Umständen seines Lebens bekanntmachen, denn weder seine Schätze noch seine Freigebigkeit seien die eines Kaufmanns. »Gewiß«, sagte der König, »bist du irgend ein Sultan oder ein Prinz.« – »Ich bin keines von beiden«, erwiderte Maruf, und erzählte hierauf seine ganze Geschichte von Anfang bis zu Ende. Da sagte der Vezier: »Zeige mir doch einmal diesen Ring.« Maruf zog ihn aus und gab ihn dem Vezier. Dieser rieb sogleich daran, und als Abu Saadat erschien, sagte er ihm: »Trage diesen Mann in eine öde Wüste, wo er weder Trank, noch Nahrung findet, und keinem Menschen begegnet.« Abu Saadat nahm ihn auf den Rücken, erhob sich mit ihm, trug ihn in das unbewohnte Viertel der Welt und sagte zu ihm: »Du verdienst noch schlimmeres, weil du einen solchen Talisman so leichtsinnig hergabst.« – »Siehst du«, sagte der Vezier zum König, »daß ich doch recht hatte, als ich Maruf für einen Gauner hielt.« – »Du hast recht Vezier«, antwortete der König, »Gott erhalte dich! Zeige mir auch einmal den Ring.« –»Blödsinniger Mensch«, versetzte der Vezier ganz zornig, »jetzt bin ich Herr, glaubst du wohl, ich werde dir den Ring geben, um wieder dein Diener zu werden?« Er rieb hierauf wieder an dem Ring und befahl dem Diener des Ringes, den König zu seinem Schwiegersohn zu tragen.
Der Vezier versammelte dann die Häupter seiner Truppen, erzählte ihnen alles, was zwischen ihm, dem König und Maruf vorgefallen, und sagte ihnen: »Wollt ihr mich nun als König anerkennen, gut, wo nicht, so befehle ich dem Diener des Ringes, euch alle in öde Wüste zu bringen, wo ihr vor Hunger und Durst sterben müßt.« – »Tut uns nichts zuleide«, riefen alle: »Wir wollen dir gerne huldigen und allen deinen Befehlen gehorchen.« Er schickte dann zur Prinzessin und ließ ihr sagen, sie möchte sich auf diesen Abend zu seinem Besuch vorbereiten. Sie ließ ihn bitten, doch wenigstens die gesetzlich bestimmte Frist für eine Frau, die ihren Mann verloren, ablaufen zu lassen. Er antwortete aber, er wisse nichts von gesetzlicher Frist, noch von Ehe-Kontrakt, sie müsse ihn diesen Abend empfangen. Die listige Prinzessin zog des Abends ihre schönsten Kleider an, empfing den Vezier mit heiterem Gesicht und war so freundlich und zuvorkommend gegen ihn, daß er, vor Liebe und Leidenschaft ganz außer sich, sie umarmen wollte. Da sagte sie: »Siehst du nicht den Mann, der uns beobachtet? Ich beschwöre dich bei Gott, entferne ihn!« – »Wo ist ein Mann, der uns zusieht?« fragte der Vezier erstaunt. – »Er streckt seinen Kopf aus dem Stein des Siegelringes
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