Tausend Worte der Liebe
Verkaufsprovision war warmer Regen für die junge Firma. Mitch Prescott merkte, dass Todd etwas zitterte, als sie den Abschluss durch Händedruck besiegelten.
Was ist nur in mich gefahren, wunderte sich Mitch, dass ich dieses monströse Haus innerhalb von fünfzehn Minuten gekauft habe? Und zu so einem Preis …
Vielleicht hatte der Gedanke an seine Halbschwester Ivy den Ausschlag gegeben. Da sie Todd heiraten wollte, kam das Geld auch ihr zugute.
»Wann kann ich einziehen?«, erkundigte er sich und schaute über das Meer. Er war des Hotellebens müde und konnte es auf einmal kaum mehr erwarten, wieder in einem richtigen, eigenen Haus zu wohnen.
»Sofort, wenn du willst«, antwortete Todd wie aus der Pistole geschossen. Er war so aufgeregt über diesen Abschluss, dass er am liebsten einige Luftsprünge gemacht hätte. »Der Vertrag ist reine Formalität in diesem Fall. Rosamond Dallas’ Tochter wird heilfroh sein.«
Der berühmte Name ließ Mitch aufhorchen. »Ich dachte, Miss Dallas sei tot?«
Über Todds Gesicht huschte ein Schatten. Verlegen zog er eine Packung Kaugummi aus der Tasche seines blauen Blazers.
Ein gut aussehender, sympathischer junger Mann, dachte Mitch. Er passt prächtig zu Ivy.
»Rosamond hat Alzheimer«, erklärte Todd und seufzte tief. »Ist das nicht schrecklich? Sie war so wunderbar, hat in vielen Filmen gespielt und sechsmal geheiratet. Dieses Haus – und noch mehrere überall in den Staaten – hat sie entworfen. Jetzt sitzt die Ärmste in einem Heim, und alle Welt glaubt, dass sie gestorben sei. Dabei ist sie erst siebenundvierzig.
»Gütiger Himmel«, flüsterte Mitch. Er war selbst nur zehn Jahre jünger. Wie furchtbar, wenn das Leben schon so bald zu Ende wäre. Rosamond stand mit siebenunddreißig gerade auf der Höhe ihres Ruhmes.
Todd fuhr sich mit der Hand durch das dunkle Haar und zwang sich zu einem Lächeln. »So ist das eben«, meinte er philosophisch. »Rosamond hat hierfür keine Verwendung mehr, und für die Tochter ist es ein Albtraum – wegen der Steuern.«
Mitch war Journalist, und spontan erwachte sein berufliches Interesse, obwohl er sich fest vorgenommen hatte, wenigstens ein Jahr lang Pause zu machen. Darüber hatte er erst heute Morgen mit seinem Agenten gesprochen.
Dass er sich leergebrannt fühle, hatte Mitch versucht, ihm klarzumachen und Ivan gleichzeitig um eine Terminverlängerung für den laufenden Kontrakt gebeten.
Seitdem waren nur wenige Stunden vergangen, trotzdem geisterten jetzt Ideen für Entwürfe und Nachforschungen durch seinen Kopf, »Rosamond Dallas muss Millionen verdient haben«, meinte er gedankenvoll. »Sie ist im wahrsten Sinn des Wortes ein Star gewesen. Wie kann die steuerliche Belastung für ihre Familie ein Problem darstellen?«
Todd wickelte umständlich einen Kaugummi aus, faltete ihn und schob ihn in den Mund. Das Papier steckte er wieder ein.
»Rosamond hatte sechs Ehemänner«, zählte er auf, »doch von allen hat nur Riley Thompson was getaugt. Der Country- und Westernsänger, du weißt schon. Der bezahlt auch das Sanatorium Seaview, wo Rosamond jetzt untergebracht ist. Alle anderen Männer hatten unglaubliches Talent für schlechteste Geldinvestitionen und einen untrüglichen Blick für die langsamsten Rennpferde.«
»Aber der Verkaufserlös hiervon …«
»… dürfte draufgehen für Rosamonds letzte, persönliche Schulden. Shay bekommt keinen Pfennig davon zu sehen.«
»Shay? Ist das die Tochter?«
Todd nickte. »Heute Abend lernst du sie kennen. Sie ist Ivys beste Freundin und arbeitet auch für Marvin Reese.«
Mitch musste lächeln als der Name Reese fiel. Doch die traurige Story bedrückte ihn. Ein Weltstar wie Rosamond Dallas hinterließ der einzigen Tochter nichts, als einen Berg Schulden!
Von Marvin Reese war oft in Ivys Briefen die Rede gewesen, von seinen ausgefallenen Ideen und den geschäftlichen Erfolgen. Reese gehörte immerhin zu den größten Autohändlern von Washington und Umgebung. Seine Fernsehwerbung war berühmt für ihre Originalität.
Dann dachte Mitch wieder an Rosamond Dallas. »Ist Shay denn in diesem Haus aufgewachsen?« Mitch wusste nicht recht, weshalb er fragte, aber es interessierte ihn.
»Rosamond war, wie viele aus dem Showgeschäft, eine Art Vagabund. Shay hat als kleines Mädchen hier gelebt, später in Schweizer Pensionaten. Beim Studium an der Uni von Oregon traf sie …« Er hielt inne und lächelte verlegen. »Wie dumm von mir. Ich rede und rede und langweile dich.
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