Tausendundeine Wuestennacht
„Ihr Englisch ist ausgezeichnet.“
„Das habe ich in dem Kosmetikinstitut gelernt, wo ich ausgebildet wurde.“
„Natürlich.“ Casey wurde verlegen. „Verzeihen Sie.“
Die junge Frau lächelte freundlich. „Ich verstehe gut, dass Sie überrascht sind, mitten in der Wüste Schönheitsexpertinnen anzutreffen. Möchten Sie gleich mit der Behandlung beginnen, Ms Michaels?“
„Gern.“ Die Geschäftsfrau in ihr gewann die Oberhand. Nichts ging über Erfahrungen aus erster Hand.
Unter dem Sternenhimmel füllten die Frauen eine Badewanne auf einer Holzplattform mit duftendem dampfendem Wasser und streuten Blüten hinein. Büsche und Bäume waren so einbezogen, dass Casey sich ungeniert ausziehen konnte.
„Das ist das Gute hier in der Oase“, erklärte ihr die junge Therapeutin. „Hier gibt es genug schützendes Grün, und alle Produkte, die wir benutzen, sind frisch.“
Casey stieg in die Wanne, während die Frau als Sichtschutz ein Handtuch vor sie hielt. „Himmlisch!“ Wohlig seufzend ließ sie sich ins Wasser sinken, schloss die Augen und atmete die herrlichen Düfte ein. „Was ist das? Meine Haut kribbelt richtig.“
„Kaffeearoma.“
„Raffa!“ Wasser schwappte über den Wannenrand, als Casey hochschoss. Der Wüstenherrscher trug nur ein Handtuch um die Hüften, während sie splitternackt war. Blitzschnell tauchte sie wieder unter.
„Gemischt mit den Duftstoffen von Gras, Weihrauch und Baumrinde, sodass es anheimelnd und leicht holzig riecht“, fuhr Raffa fort. „Ach … und dann ist da der Wüstenzauber.“
„Wo sind die Frauen?“ Beunruhigt blickte Casey sich um.
„Das ist ja der Wüstenzauber.“
„Raffa … hören Sie auf, sich über mich lustig zu machen.“ Schamhaft verschränkte sie die Arme vor den Brüsten. „Sie haben die Frauen verscheucht.“
„Als ich kam, haben sie sich unter Verbeugungen zurückgezogen.“
„Wie es sich vor ihrem König geziemt.“ Casey versuchte, die Lage in den Griff zu bekommen. „Sie arroganter …“ Ihr fehlten die Worte.
Amüsiert näherte Raffa sich der Plattform mit der Badewanne. „Nun? Was halten Sie davon?“ Er deutete in die Runde. „Meinen Sie, den furchtlosen Touristenpionieren, die Sie nach A’Qaban locken wollen, würde ein Wüstenspa gefallen?“
„Warum nicht?“ Verbotene Gedanken schossen Casey durch den Kopf. Über Raffas muskulösen durchtrainierten Oberkörper verlief vom Hals bis zu einer Stelle, auf die sie nicht zu blicken wagte, eine mächtige Tätowierung. Hatte sie den Herrscher von A’Qaban schon vorher sexy gefunden, so war er jetzt, halb nackt, mit einem zum Sprung ansetzenden Löwen auf der Brust, die personifizierte Sünde.
„Sie können sich ruhig aufsetzen“, riet er ihr. „Ich habe alles an Ihnen schon gesehen, haben Sie das vergessen?“
Nein, hatte sie nicht. Casey sank in sich zusammen. Der Wüstenzauber schien bei ihr nicht zu wirken. „Ist meine Wellnessbehandlung damit beendet?“, fragte sie forsch, da Raffa ein Handtuch nahm und es ihr reichte.
„Nur, wenn Sie es möchten.“
„Finden Sie das fair?“ Als er nicht antwortete, drängte sie: „So sagen Sie doch etwas, Raffa.“
„ Adam al-jawab jawab …“ „Sagen Sie etwas, das ich verstehe.“
„Stehen Sie auf, dann übersetze ich es.“ Herausfordernd warf er den Kopf zurück, als sie zögerte. „Sie wollen sich doch hoffentlich nicht erkälten?“
Erkälten? Sie fühlte genug Hitze für zwei. „Sie haben versprochen, es mir zu erklären“, beharrte sie, während Raffa sie in ein warmes Handtuch hüllte.
„Keine Antwort ist auch eine Antwort. Oder wie heißt es so schön: Schweigen spricht Bände.“
„Das hilft mir auch nicht weiter, wenn ich Ihr Schweigen nicht verstehe.“ Casey versuchte, Raffa von sich abzulenken. „Finden Sie es fair, sich so nackt zu präsentieren?“
„Sie sind doch auch nackt.“
„Ich soll hier eine Spabehandlung bekommen.“
„Ich auch. Und die erwarte ich von Ihnen.“
Casey wirkte alarmiert, und Raffa fragte sich, ob er zu weit gegangen war. Doch dann sah sie ihn entschlossen an, und er war erleichtert. Ein Kampf unter Gleichen war ihm lieber, aber Frauen enttäuschten ihn immer wieder. Casey schien eine Ausnahme zu sein. Geld und Stellung waren das Letzte, was sie interessierte.
Und er wollte ihr beweisen, dass es außerhalb der wissenschaftlichen Abhandlungen ihrer Eltern auch eine andere Wirklichkeit gab, dass man sich seines nackten Körpers nicht schämen musste, weil
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