Taylor Jackson 01 - Poesie des Todes
und schaute auf die Rufnummernanzeige seines Telefons. Es war Taylor.
“Hey, Sweetheart”, sagte er sanft.
“Baldwin, geht es dir gut? Ich verfolge die aktuellen Ereignisse in den Nachrichten, du musst ja total erschöpft sein.”
“Na ja, Verbrecher nehmen darauf keine Rücksicht. Die Situation wird von schlecht zu schlimmer. Jedes Mal, wenn wir aufgeholt haben, haut er wieder ab. Ich kann nicht ein einziges Anzeichen dafür finden, wohin es ihn als Nächstes verschlägt.”
“Willst du es mit mir durchsprechen? Vielleicht kann dir ein frischer Blickwinkel ein bisschen helfen?”
“Ja, das ist eine gute Idee. Aber erst mal: Ist bei dir alles okay? Wie kommst du mit dem Vergewaltigungsfall vorwärts?”
Er merkte, wie sie still wurde; ein kurzer Augenblick, in dem er beinahe die Gedanken hören konnte, die ihr durch den Kopf gingen. Als sie antwortete, hatte er das Gefühl, dass sie etwas mutlos klang.
“Ach, geht so. Hast du die Nachrichten gesehen? Die nationalen Medien haben die Rainman-Geschichte aufgegriffen. Genau ihr Fall, echte ‘mysteriöse Fälle’. Und wer ist nicht von einem Serienvergewaltiger fasziniert? Um dem Ganzen die Krone aufzusetzen, haben wir ein Opfer, das glaubt, der Vergewaltiger ist ein Cop, was hier gar nicht so gut ankommt. Oh, und hast du das von Whitney Connolly gehört?”
“Honey, ich stecke bis über beide Ohren in diesem Fall. Whitney Connolly von Channel Five? Was ist passiert?”
“Sie hatte gestern einen Autounfall. Sie und drei weitere Menschen wurden dabei getötet. Es war echt schlimm. Ich bin mit Sam zum Unfallort gefahren, bevor wir wussten, dass es Whitney ist. Es ist furchtbar, man kann keine Nachrichten anschalten, ohne einen Nachruf auf sie zu sehen. Ich habe mit ihrer Schwester, Quinn Buckley, versucht herauszufinden, ob es etwas Heikles gab, an dem sie gearbeitet hat. Sie ist auf ihrem Weg zu Quinns Haus gestorben, weil sie ihre Schwester vor irgendetwas warnen wollte. Wir haben nur noch nicht herausgefunden, was. Ich bin den ganzen Tag ihre persönlichen Sachen durchgegangen, erst in ihrem Haus, dann durch alles, was nach dem Unfall in ihrem Auto gefunden worden ist. Aber da ist nicht viel.”
“Nun, sie wirkte immer schon ein wenig flatterhaft.”
“John Baldwin, willst du mir damit etwa sagen, dass du mit ihr ausgegangen bist? Was für kleine Geheimnisse verbirgst du vor mir? Ich dachte, du hättest gesagt, dass du sie nicht kennst.” Taylor hatte Baldwin auf der Schule auch nicht gekannt, aber er sie. Es wäre auch unmöglich gewesen, Taylor Jackson nicht zu kennen – ihre Fähigkeit, sich mit Schülern alle Schattierungen anzufreunden, und ihre Mir-doch-egal-Haltung hatten sie aus der Masse herausragen lassen.
“Ich bin nicht mit ihr ausgegangen. Wir haben nie miteinander gesprochen. Ich sagte nur, dass sie ein wenig flatterhaft wirkte. Und ich habe mich immer gefragt, was wirklich hinter dieser Entführungsgeschichte steckte.”
“Guter Übergang. Ich habe Quinn gegenüber den Namen des Entführers erwähnt, weil ich wissen wollte, ob Whitneys Ängste etwas mit ihm zu tun haben könnten. Sie erwiderte, dass er noch im Knast säße und frühestens in fünfzehn Jahren freikommen könnte. Mich hatte interessiert, wofür er eigentlich verurteilt worden ist, also habe ich mir die Akte kommen lassen. Nathan Chase sitzt für mehr als nur Freiheitsberaubung. Sexuelle Nötigung, sexuelle Körperverletzung, schwere Vergewaltigung und Unzucht mit Minderjährigen. Diese Mädchen haben ein bisschen mehr hinter sich als nur eine Entführung. Ich weiß nicht, wie sie es geschafft haben, das alles geheim zu halten.”
“Ich erinnere mich, dass kaum darüber gesprochen wurde. Sie hatten natürlich auch eine ganze Menge Macht und Einfluss auf ihrer Seite. Peter Connolly, ihr Vater, war ein ziemlich hochrangiger Anwalt, wenn ich mich richtig erinnere. Außerdem standen sie als Jugendliche unter besonderem Schutz. Gab es da nicht irgendwelche Anspielungen, als sie aufs Father Ryan gewechselt haben?”
“Ja, sicher, aber nichts Konkretes. Die Lehrer haben ein ziemlich strenges Regiment geführt, wenn jemand Witze über den Vorfall riss, und dann ist es im Laufe der Zeit einfach versandet. Ich denke, es war einfacher für die beiden, in einer neuen Umgebung zu sein, in der keiner so richtig auf sie achtete. Natürlich weiß ich jetzt, dass sie durch die Hölle gegangen sein müssen.”
“Also war Whitney auf dem Weg zu Quinn, als sie den Unfall
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