Taylor Jackson 01 - Poesie des Todes
dann aber schnell beiseite.
Sie musste immer noch lachen wenn sie an die Wut dachte, die sie mit ihrer Ansage, Polizistin werden zu wollen, bei ihren Eltern ausgelöst hatte. Wenn es nach ihren Eltern gegangen wäre, hätte sie einen der wenigen sozial akzeptablen Wege eingeschlagen, die sich für eine reiche Tochter geziemten. Natürlich wäre ein Besuch des Colleges der erste Schritt gewesen, wo sie ihren zukünftigen Mann kennenlernen würde, der auf dem Weg zu einem Medizin- oder Jurastudium war. Nachdem er seine Assistenzzeit oder seine Juniorpartnerschaft erfolgreich abgeschlossen hätte und sie zurück nach Nashville gezogen wären, könnte sie sich der Erziehung der Kinder widmen, sich in der Junior League engagieren, vielleicht ein kleines Spezialitätengeschäft eröffnen oder sich in Wohltätigkeitsorganisationen nützlich machen. Natürlich erst, nachdem die Kinder auf der Ganztagsschule untergebracht waren.
Eine weitere, wenn auch nicht ganz so angesehene Option war es, selber beruflichen Ehrgeiz zu entwickeln – Medizin, Jura, Marketing – und im Zuge dessen einen Ehemann zu finden, sich dann sofort auf die Ehe-Kinder-Schiene zu begeben.
Aber Taylor war Taylor, und sie verwarf beide Optionen. Sie hatte das Leben ihrer Mutter beobachtet: Lunchverabredungen, Teekränzchen, Treffen von Wohltätigkeitsverbänden, die es ihr erlaubten, sich weiter mit den Mädchen aus ihrer Studentenverbindung zu treffen, niemals zu altern, niemals die Oberflächlichkeit zu verlassen, die ihr Leben durchdrungen hatte. Taylor wusste, dass sie Gutes taten, dass diese Wohltätigkeitsveranstaltungen auf einem gewissen Level hilfreich waren, aber sie konnte die Vorstellung nicht ertragen, sich selbst damit zu beschäftigen.
Das war einfach nichts für sie. Taylor wollte Aufregung, gerne auch Gefahr. Sie wollte leben, das Leben in echt und am eigenen Leib spüren, nicht in Nimmerland. Sie brauchte etwas, wobei sie ihr normales, bescheidenes Ich leben konnte. Nashville war keine große Stadt, und aufgrund ihrer Rebellion gegen die guten Absichten ihrer Mutter kannte sie Leute aus allen Schichten, überall in der Stadt. Und Polizisten. Viele Polizisten. Sie war ein paarmal mit dem Gesetz in Konflikt geraten, und als Ergebnis hatte sie sich nicht nur charmant aus jedem Ärger herausgewunden, sondern auch Freundschaften mit einigen Officers geknüpft, die starken Einfluss auf ihre Entscheidung hatten, selbst zur Polizei zu gehen.
Der Job passte perfekt zu Taylor. So konnte sie ihrer Stadt etwas zurückgeben, ohne sich dabei zu verkaufen. Und ehrlich gesagt gefiel ihr auch der Hauch von Macht, den es mit sich brachte, sich mit zwielichtigen Charakteren und Kriminellen herumzuschlagen. Sie lebte in der echten Welt, nicht auf einer Zuckerwattenwolke oder innerhalb eines mörderischen sozialen Aufstiegskampfes. Natürlich wurde Taylors idealistische Sicht der Dinge – ein Beschützer zu sein, sich um die Menschen in ihrer Gemeinde zu kümmern – von der Einsicht getrübt, dass Cops zwar da waren, um sich um alle zu kümmern, es aber niemanden gab, der sich um die Cops kümmerte. Es war schwer, das zu verstehen, und es erklärte, wieso so viele Polizisten ein dermaßen erbärmliches Privatleben führten, von mehrfachen Scheidungen über Drogenmissbrauch, Alkoholismus zu psychischen Schwierigkeiten und schwerwiegenden Kontrollproblemen. Aber Taylor hielt immer noch an ihrem utopischen Blick auf den Zweck der Polizeitruppe fest. Sie wollte nicht den zerbrochenen und schmerzhaften Weg einschlagen, den sie so viele ihrer Kollegen hatte einschlagen sehen. Und sie glaubte, die Stärke zu haben, sich unter Kontrolle zu behalten.
Gegen den Wunsch ihrer Mutter war sie an die University of Tennessee gegangen, hatte ihren Abschluss in Kriminalrecht gemacht und sofort nach Überreichung der Urkunde ihre Bewerbung bei der Polizei eingereicht. Sie war umgehend angenommen worden, hatte die Polizeiakademie besucht und die Beziehungen zu den Menschen, die mit ihr gemeinsam Karriere machen wollten, gefestigt. Sie war eine beliebte Studentin, auch wenn ihr Trainingsofficer dazu neigte, es für sie immer ein bisschen härter zu machen als für andere. Taylor war jung und schön, und er war der Typ, der glaubte, Frauen hätte in der Truppe nichts zu suchen. Es gab halt immer noch Dinosaurier, und sie würden auch nicht so schnell aussterben. Taylor ließ sich jedoch nicht von ihrem Weg abbringen, im Gegenteil, es machte sie nur stärker und noch
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