Taylor Jackson 01 - Poesie des Todes
keinen Kommentar zu den Ermittlungen im Rainman-Fall. Es ist eine laufende Untersuchung, die von der Abteilung für Sexualverbrechen der Metro Nashville Police durchgeführt wird. Wir kommentieren keine laufenden Ermittlungen. Weil es Ihr erster Tag ist, lass ich Ihnen die Übertretung noch mal durchgehen.” Sie ging zügigen Schrittes an der Kamera vorbei, wobei sie absichtlich auf einen Punkt ungefähr zwei Meter zur Linken schaute.
“Lieutenant”, rief ihr das Mädchen hinterher. “Ich werde diesen Beitrag in den Zehnuhrnachrichten bringen. Ich wollte nur sichergehen, dass ich die Hintergründe korrekt wiedergebe.”
Taylor ignorierte sie und setzte ihren Weg über den Parkplatz fort.
“Lieutenant, uns ist außerdem zu Ohren gekommen, dass es in den Fällen DNA-Beweise gibt. Sind Sie sicher, dass Sie das nicht kommentieren wollen?”
Mitten im nächsten Schritt schwang Taylor herum. “Woher haben Sie diese Information?”
Edith lächelte scheu. “Aus einer gut informierten Quelle. Sind Sie bereit, diese Angaben zu bestätigen, oder wollen Sie weiter leugnen? Denn wir beide wissen ja, dass ich richtigliege.”
Taylor musterte sie kurz. Das Mädchen war zierlich, blond und ganz begeistert von sich. Taylor tat das Einzige, was ihr einfiel.
“Kein Kommentar.” Sie beeilte sich, die Straße zu überqueren, wobei sie die Aufregung in der Stimme des Mädchens hörte. “Hast du das?”, fragte sie ihren Kameramann. “Bitte sag mir, dass du alles aufgenommen hast.”
“Fuck”, murmelte Taylor. Sie kam zu ihrem Kombi, stieg ein und fuhr bereits los, bevor sie ihr Handy aufklappte. Sie drückte die Kurzwahltaste für Mitchell Prices Nummer. Er antwortete nach dem ersten Klingeln.
“Price, ich bin’s, Taylor. Wir haben ein Problem. Channel Five weiß von der Garrison-Vergewaltigung.”
Ein Schwall Schimpfwörter, der jedem Seemann Ehre gemacht hätte, quoll durch den Hörer. Als Price sich endlich wieder beruhigt hatte, berichtete Taylor ihm in allen Einzelheiten von der Begegnung mit der Reporterin.
“Was soll ich jetzt tun?”, fragte sie.
“Sie sollen gar nichts tun”, erwiderte er. “Ich werde mich ans Telefon hängen und sehen, was ich machen kann. Verdammt, Taylor, Sie sollten über die Sache Stillschweigen bewahren.”
“Kommen Sie, Captain, das habe ich. Nur Marcus und Lincoln wissen davon. Die undichte Stelle liegt irgendwo anders. Vielleicht das Krankenhaus oder das Labor. Es war abzusehen, dass wir es nicht unter der Decke halten können.”
“Der Presse ist es ohne ausdrückliche vorherige Erlaubnis nicht gestattet, die Namen von Vergewaltigungsopfern in irgendeiner Form preiszugeben. Hoffentlich werden sie also Betsy nicht namentlich erwähnen. Wenn doch, werden wir sie anzünden wir ein Osterfeuer.”
“Es ist der erste Tag von dem Mädchen, also kann ich Ihnen leider keine Einschätzung geben, wie es um ihre Integrität bestellt ist. Aber es wäre auf jeden Fall besser, wenn Sie einen Weg finden würden, die Geschichte zu kippen.”
“Wir werden es nicht komplett unterdrücken können, aber ich werde dafür sorgen, dass sie ihren Namen nicht nennen. Verdammt!”
“Tut mir leid, Cap. Ich kann Ihnen nur versichern, dass es nicht von mir oder meinen Leuten kommt. Viel Glück.”
“Kein Wort darüber, Lieutenant, verstanden? Sorgen Sie dafür, dass außer einem ‘Kein Kommentar’ keinerlei Stellungnahmen unser Gebäude verlassen.”
“Verstanden. Wir hören uns morgen.” Sie legte auf, zutiefst unglücklich. Heute lief aber auch nichts so, wie es sollte.
19. KAPITEL
T aylors Wagen rollte auf den Parkplatz ihrer Lieblingskneipe. Entschlossen schob sie die Gedanken an Betsy Garrison und die undichte Stelle für den Moment beiseite. Wenn die Presse über die Informationen verfügte, konnte sie nichts mehr dagegen tun. Es war besser, sich Price um die Angelegenheit kümmern zu lassen. Sie hatte genug eigene Sorgen. Die Unterhaltung mit Julia Page war ihr noch lebhaft im Gedächtnis, und die Fahrt von Downtown nach Bellevue hatte sie dazu genutzt, sie im Geiste noch einmal durchzugehen. Unglücklicherweise war sie auf keine Antwort gestoßen.
Beim Betreten der Bar wurde Taylor herzlich begrüßt. Sie war rauchig und dunkel, aber befand sich in einem großen, beinahe höhlenartigen Raum. Über der Bar hingen große Plasmafernseher, um den Sportfans Bilder von all ihren Lieblingssportarten zu zeigen. Stammgäste genossen ihren Whiskey in einer Ecke des U-förmigen Tresens
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