Taylor Jackson 01 - Poesie des Todes
würde, setzte sie sich an den Küchentisch, trank Wein und beobachtete die Glühwürmchen auf ihrer Veranda. Ihr Haus war grundsolide, eine Blockhütte, die sie sich vor Jahren gekauft hatte, gemütlich, versteckt in der Hügellandschaft des Zentralbassins von Tennessee. Es gab hier Rehe und Kaninchen, und früher im Jahr hatte sie sogar eine Fähe mit ihren Jungfüchsen gesehen. Privatsphäre und Ruhe, alles, was ein überarbeiteter Detective der Mordkommission brauchte.
Ihre Gedanken schweiften unweigerlich zum heutigen Tatort zurück.
Sam hatte nach ihrer Ankunft gleich die Kontrolle übernommen und Jessicas Leiche für den Transport vorbereitet. Der Körper, dehydriert und warm, war schwierig zu handhaben, und einer der Träger hatte den Halt verloren, als sie die Leiche auf die Trage heben wollten. Ihm rutschte das Kopfteil des Leichensacks aus der Hand, und wütende Fliegen waren aufgestiegen. Taylor hatte das schwüle Wetter verflucht – der Tod war in der Kälte zwar nicht einfacher, aber erträglicher.
Mit was für einer Art Mörder hatten sie es hier zu tun? Einvernehmlicher Sex, dann Erwürgen und Missbrauch; wie ein schlechtes Date, das ganz schlimm verkehrt läuft. Taylor wusste, dass Baldwins Profil einige der Lücken füllen würde.
Die Autopsie an Jessica Porter würde am nächsten Morgen durchgeführt werden. Taylor wollte dabei sein, sowohl als Zeichen des Respekts als auch als Versuch, dem Mörder von Jessica auf die Spur zu kommen. Es gab immer irgendwelche Spuren – sogar der penibelste Mörder ließ irgendetwas von sich zurück. Die Tatsache, dass dies sein dritter Mord sein könnte, war verstörend, um es milde auszudrücken.
Die fehlenden Hände störten sie. Eine Grundregel besagte, dass der Tod niemals schön war. Das Entfernen der Hände der Mädchen war ein offensichtlicher Versuch, ihre Identifizierung zu erschweren. Sie bei über dreißig Grad auf einem verlassenen Feld abzulegen würde den Rest erledigen. Aber warum zum Teufel nahm er die Hand des vorherigen Opfers mit an den nächsten Ablageort?
Baldwins Erklärung der Signatur des Mörders hatte Taylor kalt erwischt. Sie hatte die offensichtliche Frage gestellt: Wo ist die andere Hand?
Er hatte freudlos gelacht. “Das ist die Frage, auf die wir alle gerne eine Antwort hätten.”
Sie hätten es auch leicht übersehen können. Verdammt, sie hatten wirklich Glück gehabt. Der Makler, der das Land zum Verkauf anbot, war vorbeigefahren, um eine neue Telefonnummer auf sein Schild zu kleben. Der Geruch nach verrottendem Fleisch hatte ihn überwältigt, und so hatte er die Polizei gerufen, die dann die Leiche entdeckte. Diesmal war das Glück wahrlich auf ihrer Seite gewesen. Ansonsten hätten sie Jessica Porter noch weitere Wochen vermisst, vielleicht sogar noch länger. Ausreichend Zeit für die Hitze und die Käfer und das andere Ungeziefer, ihren Job zu tun und es beinahe unmöglich zu machen, die Überreste zu identifizieren. Der Mörder war kein Dummkopf.
Aber sie hatten Jessica gefunden, und nun hatten sie eine Spur zum Mörder. Taylor überlegte, welche Verbindung es wohl zwischen Jackson, Mississippi und Nashville gab, als sie hörte, wie die Haustür geöffnet wurde.
“Wir geht es meiner liebsten Debütantin?”
Sie warf dem Besitzer der lauten, tiefen Stimme einen bösen Blick zu, was ihn zum Lächeln brachte. In drei großen Schritten war er bei ihr, umfasste ihre Schultern und zog sie in seine Arme. Sie steckte ihre Nase in die Kuhle über seinem Schlüsselbein und seufzte. Er roch gut, frisch. Kein nachklingender Hauch von Tod, nur Seife und Zeder. Sie schnupperte noch einmal an ihm, dann schob sie ihn von sich. Er stolperte zurück und hielt eine Hand hoch, wie um die auf ihn zukommende Sturzflut zu bremsen.
“Verdammt, Baldwin, wieso hast du mir nichts davon erzählt?”
“Ich nehme an, es gibt heute Abend Pasta? Es duftet großartig.”
Ihr Blick war mörderisch, und er zuckte verlegen mit den Schultern. “Was hätte ich tun sollen, Taylor? Wie hätte ich wissen können, dass er nach Nashville kommt? Das Porter-Mädchen ist vor drei Tagen als vermisst gemeldet worden, und man hat mich nicht gleich darüber informiert. Nächstes Mal werde ich dran denken, dir vor dem Einschlafen Bescheid zu sagen, dass ein Mädchen in Mississippi vermisst wird und du besser Ausschau hältst, ob ihre Leiche hier in der Stadt auftaucht. Meine Güte, Taylor, mach mal halblang, okay? Ich hatte keine Ahnung, wohin er
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