Taylor Jackson 02 - Der Schneewittchenmörder
aber hey, das ist nur meine Meinung.“
Bei dem Gedanken daran überlief Taylor ein Schauer. Autsch.
„Hier ist es.“
Taylor wurde das Herz schwer, als sie zusah, wie Sam ein kleines Paket aus der Vagina des Mädchens zog. Die Zellophanhülle war mit Blut, Sperma und wer weiß was sonst noch verschmiert. Taylor wollte es auch gar nicht so genau wissen. Sam legte das Päckchen von der Größe einer Visitenkarte auf ein Edelstahltablett. Dann schaute sie Taylor an.
„Gehört dir, wenn du willst.“
„Nein, ich denke, ich lasse es lieber von dir sezieren, aber danke.“
„Du wirst dich nie wirklich hieran gewöhnen, oder?“
„Süße, das ist der Grund, warum nicht ich Medizin studiert habe, sondern du. Mache es auf und lass mal sehen, was wir da haben.“
Vorsichtig öffnete Sam das Päckchen und legte das Zellophan für spätere Tests beiseite. „Ein Fest für die Spurensicherung“, murmelte sie.
Taylor schaute zur Leiche. Was war es, das sich dieses Mal so anders anfühlte?
„Wie lange war sie schon tot, Sam?“
„Zum Zeitpunkt, als ich an den Tatort kam? Nicht mehr als eine Stunde.“
„Also haben wir ihn gerade so verpasst. Warum hat er sein Vorgehen geändert?“
„Keine Ahnung, T. Du bist der Ermittler. Dann ermittle mal.“
Taylor lächelte kurz, wurde aber gleich wieder ernst.
„Wieso wird dieses Mädchen nicht vermisst? Bei allen anderen hatten wir Vermisstenanzeigen vorliegen. Sie sieht gut versorgt aus – frische Maniküre, gezupfte Augenbrauen, Haare gesund und gut geschnitten. Sie hat sich irgendwo mit irgendjemandem einen angetrunken. Irgendjemand muss sie vermissen. Wir sollten einen Bericht über sie vorliegen haben.“
„Da stimme ich dir zu, das sollten wir. Sie ist jünger als die anderen Opfer. Sieh dir ihre Röntgenaufnahmen da drüben an. Die Zahnbilder zeigen, dass ihre dritten Backenzähne immer noch in der Entwicklung sind. Wenn ich wetten müsste, würde ich sagen, sie ist zwischen fünfzehn und siebzehn. Ich weiß nicht, Süße. Vielleicht ist das System einfach nicht auf dem aktuellen Stand, oder ihre Eltern sind nicht in der Stadt und wissen nicht, dass sie vermisst wird.“
Sam hatte inzwischen mit der Pinzette den Papierschnipsel aus der Zellophanhülle entfaltet. Es war ein Stück Zeitungspapier. Sie wussten beide, was daraufstehen würde.
Und sie hatten recht.
Mord in Nashville
Der Schneewittchenmörder schlägt wieder zu
Das Datum über dem Artikel war der 14. Dezember 1986.
Sam starrte auf die Leiche, einen sorgenvollen Ausdruck im Gesicht. Taylor sah zu, wie sie sich über den Hals des Mädchens beugte, sich dann abrupt aufrichtete und den Raum verließ. Nach einem Augenblick kehrte sie mit einer großen Lupe zurück, die sie über die Stelle hielt, die sie sich zuvor angeschaut hatte. Ihre Lippen waren weiß.
„Sam, was ist los?“ Taylor beugte sich ebenfalls über die Halswunde des Mädchens und schaute durch die Lupe. Ihre Finger zitterten, als sie entsetzt auf die unterste Ecke der Wunde zeigte.
„Ist es das, was ich denke, dass es ist?“
Sam sah erschöpft aus. „Ich muss einen Abstrich machen, aber es sieht so aus.“
Das war zu viel für Taylor. Sie hob entschuldigend eine Hand, raste zum nächsten Spülbecken und gab den Vanille-Latte von sich.
Zwanzig Minuten später ging es ihr besser, und Sam reichte ihr die Ergebnisse der LCMS-Untersuchung. Auf den vorherigen Opfern waren nur geringe Spuren der cremigen Konsistenz gefunden worden, aber auf dem neuesten Opfer war genug davon vorhanden, um es zu analysieren. Die Basiskomponente war eine Arnika-Emulsion, aber es gab auch Spuren von anderen Zusätzen. Um sie alle zu bestimmen, würden weitere Tests nötig sein. Aber zwei Ergebnisse des LCMS-Tests stachen besonders ins Auge.
Weihrauch-Öl und Myrrhe-Öl.
Taylor nippte an ihrem Ginger Ale und ging die Testergebnisse noch einmal durch. „Womit, glaubst du, haben wir es hier zu tun, Sam? Sollen wir nach drei Weisen aus dem Morgenland Ausschau halten?“
„Du bist lustig, weißt du das? Fühlst du dich besser?“
Taylor schluckte und nickte. Sie hasste es, sich zu übergeben.
„Wenn ich raten müsste, würde ich sagen, es ist für den rituellen Gebrauch bestimmt. Aber die Basis ist Arnikasalbe, was ein übliches homöopathisches Mittel gegen blaue Flecken, Verstauchungen und so ist. Das hier sind nur erste Testergebnisse, sie können uns vollkommen in die Irre führen. Ohne eine Kontrollprobe und weitere Tests kann ich gar
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