Taylor Jackson 03 - Judasmord
Lincolns Laptop. Dann stand sie auf und tat etwas, das sie noch nie zuvor getan hatte: Sie schloss ihre Bürotür ab.
In der Gewissheit, jetzt vor Störungen sicher zu sein, kehrte sie zu ihrem Stuhl zurück, setzte die Kopfhörer auf und drückte wieder auf Play.
Eine Stunde später war sie erschöpft, verlegen und wütend. Sie hatte alle neun Videos angesehen, die es von ihr und David Martin beim Sex gab. Allein der Gedanke, dass sich andere Leute diese intimen Filmeanschauten, ekelte sie. Es war ein Horror, darüber nachzudenken. Warum sich jemand freiwillig beim Sex filmen ließ, würde ihr immer ein Rätsel bleiben.
Sie schloss den Laptop. So viel hatte sie aus den Filmen in Erfahrung bringen können: Es gab zwei Kameras in ihrer Hütte. Eine war nur auf ihr Bett gerichtet. Die andere zeigte von ihrem Schlafzimmer in das Loft, in dem immer ihr Billardtisch gestanden hatte. Diese Kamera war nicht oft benutzt worden; sie zeigte nur, wenn sie Billard spielten und danach ins Schlafzimmer wechselten. Vom Aufnahmewinkel her vermutete sie, dass die Kameras in den Lüftungsschlitzen verborgen waren.
Dieser Scheißkerl. Sie überlegte, wann er die Gelegenheit gehabt hatte, die Kameras zu installieren. Sie hatte ihn nie allein in ihrem Haus gelassen, und er war auch nur selten über Nacht geblieben. Mit ihm Sex zu haben war eine Sache, tatsächlich mit ihm zu schlafen eine ganze andere.
Während sie schäumte und kochte und sich den Kopf zerbrach, kam Taylor nicht auf die Idee, dass David nicht alleine für die Videos verantwortlich gewesen war. Und das war ein grober Fehler.
„Ich habe nichts gemacht. Ich weiß nicht, wie Sie auf die Idee kommen, mich zu verhaften. Dumme Kuh!“ Tony Gorman war in einem Verhörraum eingesperrt und wütete vor sich hin. Er war allein, brüllte ab und zu in Richtung der Kamera, die an der Wand angebracht war. Taylor, Marcus und Lincoln waren im Druckerraum und beobachteten ihn auf dem Monitor. Dabei brachten die Männer Taylor auf den neuesten Stand. Gorman schrie weiter, aber Taylor schaltete einfach das Mikrofon aus. Stille schlich sich in den engen Raum.
„Wie willst du das handhaben, LT? Sollen wir zuerst mit ihm sprechen? Er ist ziemlich streitsüchtig, seitdem wir ihn hergebracht haben.“ Lincoln sehnte sich nahezu nach einem handfesten Streit. Die Woche, die er an dem Terrence-Norton-Fall gearbeitet hatte, steckte ihm noch immer in den Knochen. Er hatte noch nicht wieder zu seiner gemäßigten Haltung zurückgefunden, sodass die starken Gefühle, die er normalerweise gut versteckte, sehr nah unter der Oberfläche lagen.
„Ich will allein mit ihm sprechen.“
„Hältst du das wirklich für eine gute Idee, Taylor?“ Marcus tippte auf den Monitor. „Du weißt nicht, wozu er vielleicht in der Lage ist.“Taylor starrte den Fremden an. „Ich will mit ihm allein sprechen.“ Ihr Tonfall duldete keine Widerrede. Sie fühlte, wie ihre Kollegen ein wenig vor ihr zurückwichen in dem Versuch, ihren Freiraum zu respektieren. Sie drehte sich um und schaute sie an.
„Versteht das nicht falsch. Ich möchte, dass ihr zuhört, wenn ich mit ihm spreche. Achtet darauf, was er nicht sagt. Denn der Kerl wird nicht anfangen zu singen, nur weil ich ihn höflich darum bitte. Könnt ihr das für mich tun?“
„Natürlich“, erwiderte Marcus. Lincoln nickte ebenfalls zustimmend.
„Gut. Dann mal los.“ Taylor verließ den Raum und betrat das Verhörzimmer. Mist, sie musste das hier gelöst kriegen, und zwar schnell. Die Medien konnten jederzeit Wind von Todd Wolffs Verhaftung bekommen. Das Letzte, was sie brauchte, war, dass dieser Idiot sie von einer Morduntersuchung abhielt. Aber sie musste die Wahrheit wissen.
Als sie die Tür öffnete, brüllte Gorman sie förmlich an. „Wieso hat das verdammt noch mal so lange gedauert?“
Sie ignorierte ihn und setzte sich auf den Stuhl ihm gegenüber. Sie waren nur durch den schmalen Tisch voneinander getrennt.
„Ich habe gefragt, wieso das so verfickt lange gedauert hat? Und nehmen Sie mir die Handschellen ab. Ich habe nichts Falsches getan. Ich weiß nicht mal, warum ich hier bin. Ich will mit meinem Anwalt sprechen. Sofort.“
„Immer mit der Ruhe, Freundchen. Sie sind hier, um mir ein paar Fragen zu beantworten. Wenn Sie aufhören, sich hier so aufzuplustern, und einfach mal den Mund halten, sind Sie in null Komma nix wieder hier raus. Vorausgesetzt, Sie haben nichts Illegales getan.“
Gormans rundes Gesicht war von Schweißperlen
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