Taylor Jackson 05 - Symbole des Bösen
los und er eilte davon. Ein ganz seltsames Gefühl überkam sie – auf diesen hellen Korridoren flohen die Leute vor ihr, als wäre sie der Grund aller Qualen, die sich in diesem Gebäude abspielten. Sie schüttelte den Gedanken ab und gab der Wache vor Edvins Zimmer ein Zeichen.
„Haben Sie die Eltern gesehen?“
Er senkte genervt seine Zeitschrift – ihre Unterbrechung störte seine Entspannung. „Sie holen sich gerade einen Kaffee. Sie haben darum gebeten, dass jeder, der mit ihrem Sohn sprechen will, zuerst mit ihnen spricht. Ich schätze, da zählen Sie auch dazu.“
„Wo sind sie?“
Er zeigte den Flur hinunter. Links hinter dem Zimmer der Stationsschwestern befand sich eine Tür mit der Aufschrift Aufenthaltsraum. Sie dankte ihm, ging den Flur hinunter und betrat das Zimmer. Sie sah einen Fernseher, ein paar Sofas, verschiedene Stühle und Sessel und einen Tisch mit Kaffee und Tee und kleinen Erfrischungsbonbons. Zwei leere Bonbonpapiere lagen zerknüllt daneben.
Ein Mann und eine Frau standen ein paar Schritte voneinander entfernt und starrten auf den Fernseher. Er war auf Channel 50 eingestellt, die Kabelversion des örtlichen CBS-Ablegers. Taylor hörte weg, als ihr Name blechern aus den Lautsprechern kam.
„Mr und Mrs Edvin?“
Das Ehepaar drehte sich zu ihr um. Sie hatten beide kurze blonde Haare und eckige schwarze Brillen – sie sahen sich so ähnlich, dass Taylor sie eher für Bruder und Schwester als für ein Ehepaar hielt.
„Wir haben nichts zu sagen“, sagte der Mann und drehte sich wieder um. Er schlang einen Arm um seine Frau und zog sie an sich.
„Sir, ich bin keine Reporterin. Ich bin Lieutenant Taylor Jackson, Mordkommission. Ich muss mit Ihnen über Ihren Sohn sprechen.“
Die Frau zischte Taylor an. „Worüber? Ihre Leute haben doch dafür gesorgt, dass er jetzt hier ist. Er wäre beinahe gestorben; falls Sie wegen einer Entschuldigung hier sind, wüsste ich nicht, worüber wir reden sollten.“
„Nun, nun, meine Liebste. Juri sagte, er ist weggelaufen, deswegen haben sie ihn verfolgt. Ich entschuldige mich für meine Frau, Lieutenant. Der Vorfall hat sie sehr mitgenommen.“ Sein Englisch hatte einen Akzent; er betonte die Vokale auf breite, skandinavische Art.
„Das tut mir sehr leid. Juri ist weggelaufen und hat sich geweigert, stehen zu bleiben. Wir hatten keine andere Wahl, als ihn durch den Hund stellen zu lassen. Hat er Ihnen erzählt, warum wir ihn verfolgt haben?“
„Er sagt, Sie dachten, er wäre jemand anders“, sagte Mr Edvin.
„Das stimmt nicht ganz. Er hielt sich am Tatort eines Mordes auf. Er behauptet, auf seiner Halloweenrunde gewesen zu sein, aber er war Meilen von seinem Zuhause entfernt und unkostümiert.“ Sie musste vorsichtig sein. Die Edvins sahen aus, als würden sie langsam zutraulich werden. Sie wollte sie nicht verschrecken, indem sie alles preisgab und damit riskierte, dass die beiden wieder dichtmachten und sie nur in Anwesenheit eines Anwalts mit Juri würde sprechen können.
„Ich muss ihm ein paar Fragen stellen. Wenn er sich nichts zuschulden kommen lassen hat, sollte das keine große Sache sein und Sie erhalten eine vollständige Entschuldigung von mir und meinem Department.“
„Und wenn er etwas getan hat?“ Mrs Edvins Akzent war stärker als der ihres Mannes. „Werden Sie ihn dann einsperren?“ „Das kommt ganz drauf an, Ma’am. Warum machen wir uns darum nicht erst Gedanken, wenn es so weit ist? Ist Juri ein guter Junge? Macht er Ihnen irgendwelche Probleme?“
„Oh nein“, erwiderte sie schnell, aber ihre Augen waren überschattet. Das linke Auge war im äußeren Winkel ein wenig gelblich verfärbt – ein verblassender blauer Fleck. Taylor schaute Mr Edvin an. Er hatte die Stirn gerunzelt. Sie sah den Puls an seinem Kiefer pochen. Er sah aus wie ein Hase, der sich zur Flucht bereit machte; das Weiße in seinen Augen wurde sichtbar, als er die Entfernung schätzte, die er überwinden müsste, um in Sicherheit zu sein.
So war das also.
„Ich weiß, wie schwer das sein kann“, sagte Taylor. „Sich vor dem eigenen Sohn zu fürchten ist schrecklich. Würden Sie mir mehr darüber erzählen?“
Die Edvins schauten einander an und schienen ein wenig zu schrumpfen. Sie ließen sich auf die am nächsten stehende Couch fallen und atmeten schwer.
„Wir wissen einfach nicht, was wir noch mit ihm machen sollen“, weinte Mrs Edvin. „So war er noch nie. Er ist immer so ein süßer Junge gewesen. Wir sind in die
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