Taylor Jackson 05 - Symbole des Bösen
Plausch?“
„Baldwin, ich will kein Risiko eingehen. Ich habe dich bereits verteidigt, ihnen erklärt, dass alle Anschuldigungen dieser Frau gegen dich vollkommen haltlos sind. Aber sie sind sehr hartnäckig.“
„Sie wollen an mir ein Exempel statuieren“, murmelte Baldwin.
„Das kann sein. Sie haben jetzt Charlottes Dateien. Der Fokus liegt aber nicht auf dir und ihr, sondern es geht viel tiefer. Sie sind vor allem an dem Harold-Arlen-Vorfall interessiert. Die Vergangenheit holt uns ein.“
Dieses Mal stöhnte Baldwin lauter. „Verdammt, dieser Fall ist seit Jahren geschlossen. Ich bin von allen Vorwürfen freigesprochen worden. Warum bringen sie ihn wieder aufs Tapet?“
„Das weißt du genau.“
Baldwin atmete tief durch die Nase ein. Er war überrascht, verbrannte Blätter und Blut zu riechen. Er hatte Jahre damit verbracht, zu vergessen, weiterzumachen. Den feuchten Geruch des verrotteten Kellers auszulöschen, die Visionen von zerschmetterten Leben. Die selbsterfüllende Prophezeiung, die sich Charlotte Douglas nannte. Gott, Taylor durfte das nie erfahren. Dafür musste er sorgen.
Garrett sprach wieder.
„Ich muss dich warnen, offensichtlich gab es in Charlottes Dateien einige Extras, die in deinen Originalberichten nicht vorhanden waren. Sie verlangen eine Erklärung.“
„Eine Erklärung, für die eine Anhörung mit Anwälten vonnöten ist. Willst du mir damit sagen, was ich vermute?“
„Ja. Offensichtlich, das Telefon …“
Baldwin spürte, wie er dichtmachte, wie die rigide Professionalität, die ihn die schlimmsten Verbrechen ertragen ließ, sich in seinem Körper ausbreitete. Diese Abkapselung war eine Gabe, und er empfing sie mit offenen Armen. Darüber nachzudenken, zu spekulieren, was ihn in Quantico erwartete, würde ihn zu Fall bringen, bevor noch die erste Frage gestellt worden war. Er brauchte all seine Kraft, seine Stabilität, um sich diesem Thema erneut zu stellen. Das letzte Mal hatte es ihn fast das Leben gekostet. Dieses Mal hatte er wesentlich mehr zu verlieren.
„Ich werde da sein. Danke für deinen Einsatz, Garrett. Du trägst diese Last schon eine ganze Weile. Wir müssen einfach abwarten, wie sich alles entwickelt.“
Baldwin legte auf und ließ sich auf die Veranda sinken. Der Wald hinter dem Haus war dunkel und Unheil verkündend, das Zirpen der Grillen und das Rascheln von kleinen Nagetieren verliehen ihm etwas Lebendiges. Er meinte, in der Ferne Donnergrollen zu hören. Das waren keine guten Neuigkeiten. Zweitausendvier war ein schreckliches Jahr gewesen, und es noch einmal zu durchleben würde es nicht besser machen. Er hatte damals hart dafür gekämpft, seinen Namen reinzuwaschen, und das würde er jetzt wieder tun. Sicher handelte es sich bei Charlottes Aufzeichnungen um eine Übertreibung der Wahrheit. Darin war sie immer gut gewesen.
Er hoffte nur, dass nicht mehr dahintersteckte.
6. KAPITEL
Nashville
20:00 Uhr
Taylor schloss die Tür hinter den Norwoods und lehnte sich gegen den Rahmen. Sie musste die letzten beiden Tatorte sehen – vor allem den des zweiten Doppelmordes –, aber sie brauchte eine Pause. Sie fragte sich, wo Baldwin hingegangen war.
Sie hatte gerade ihr Handy aufgeklappt, um ihn anzurufen, als er um die Hausecke bog, die Hände im Haar vergraben, sodass es am Hinterkopf abstand. Sie ging die Stufen der Veranda hinunter und empfing ihn im Vorgarten. Er war sehr bleich im Gesicht und offensichtlich sehr wütend.
„Was ist los?“, fragte sie.
Einen Moment wirkte er überrascht, dann schüttelte er den Kopf. „Nichts. Ich muss nur zurück nach Quantico. Garrett braucht mich bei einem Fall.“
Irgendetwas in seiner Stimme, ein leichtes Zweifeln, ließ sie sofort wachsam werden. Er erzählte ihr nicht die ganze Wahrheit. Sie streckte die Hand aus, umfasste sein Kinn und drehte seinen Kopf so, dass er sie anschauen musste.
„Ein Fall?“
Er schenkte ihr ein halbherziges Grinsen. „Ein alter Fall. Sie brauchen meine Aussage. Es tut mir leid, dass ich dich hiermit allein lassen muss.“
„Wir kommen schon klar. Fährst du morgen früh?“
„Nein, Garrett schickt mir den Jet. Ich muss noch mal meine Notizen durchgehen und die Anhörung beginnt morgen früh um sieben.“
Sie spürte, dass er abgelenkt war, entschied sich aber, ihn nicht zu bedrängen. Wenn sie eines über Baldwin gelernt hatte, dann, dass er ihr irgendwann erzählen würde, was los war. Ihn zu drängen, wenn er noch nicht bereit war, brachte gar nichts.
Weitere Kostenlose Bücher