Teamwechsel
Keinen Ton brachte ich heraus.
„Danke für deine Hilfe mit der Limette“, sagte er so leise, dass ich es von seinen Lippen lesen musste.
Ich atmete langsam und tief ein, doch mein Herz raste. „Ah, ja. Keine Ursache.“
Ryan fand meine Verblüffung und die hängende Kinnlade wohl sehr erheiternd. Er neigte seinen Kopf leicht und verbiss sich das offensichtliche Grinsen. Letztendlich nahm er seine Hand von meinem Nacken und wandte sich wieder zu Phil.
Rachel bemerkte meinen benebelten Gesichtsausd ruck und zeigte mir ihre Anteilnahme mit einem schuldbewussten Achselzucken. Sie schlich um ihren Bruder herum und verwickelte mich in eine Unterhaltung, die mich nur schwer zu Atem kommen ließ. Nicht unbedingt das, was ich gerade brauchte, wenn Hunters Nachgeschmack in meinem Mund alles war, woran ich denken konnte. Aber diese Frau war unersättlich. Sie wollte alles über mich wissen, sogar was ich am liebsten zum Frühstück aß.
Ryan beugte sich über meine Schulter und warnte mich: „Sie ist der Teufel in Person, immer auf der Suche nach möglichen Schwägerinnen. Unterschreib’ ja nichts.“ Ich bemerkte den Schimmer in seinen Augen, als ich an den Heiratsvertrag erinnert wurde, den seine Eltern allen weiblichen Gästen in ihrem Strandhaus abverlangten. Leichte Panik stieg in mir auf, doch als Rachel ihm dafür seine Kappe über die Augen zog, musste ich lachen.
„Komm mit. Ich rette dich vor der spanischen Inquisition.“ Ryan nahm mich bei der Hand und zog mich vom Barhocker.
Ich hatte keine Chance zu widersprechen oder auch nur zu fragen, wohin er mit mir wollte. Aber das machte nichts. Mir war so ziemlich alles recht, nur um keine weiteren Fragen beantworten zu müssen. Zumindest dachte ich das, bis ich begriff, was Ryan wirklich vorhatte.
„ Das soll wohl ein Scherz sein?“ Ich stemmte mich gegen sein Ziehen und er stoppte vor der Bühne.
„Kein Scherz .“ Er manövrierte mich die paar Stufen hinauf.
Meine Hände zitterten. Oben angekommen, steuerte er auf den DJ zu und unterhielt sich kurz mit ihm über das Mischpult hinweg. Der Song, der gerade aus den Boxen dröhnte, verstummte. Die Stille war beängstigend. Ich brach in Panik aus. Schweiß perlte auf meiner Stirn. Mein Mund wurde trocken und meine Kehle verkrampfte sich.
Langsam drehte ich mich zur Menge unter mir um. Plötzlich wirkte der Discoraum zehnmal größe r als bei unserer Ankunft. Mit Tausenden mehr Menschen. Und sie alle starrten zu mir hoch.
Oh. Mein. Gott.
Nie im Leben würde ich vor all diesen Leuten singen. Ich hielt an dem letzten bisschen Verstand fest, das mir noch blieb, und startete los zu den Stufen, die wir hier rauf gekommen waren. Aber Ryan schlang seinen Arm um meine Taille. Er zerrte mich zurück zum Mikrofon. Starr vor Angst, konnte ich mich nicht einmal wehren.
Ich zitterte am ganzen Körper. „ Dafür wirst du büßen“, fauchte ich.
Sein Lachen schallte in meinem Ohr. „Du kannst mich nachher dafür hassen. Jetzt singen wir.“
Die Musik setzte mit einem stampfenden Rhythmus ein. Ich erkannte die Melodie sofort. Der Remix eines uralten Songs. Gott sei Dank wusste ich den gesamten Text auswendig. Nach dem Intro trällerte Ryan ins Mikro: “Almost heaven… West Virginia…”
Ich… sang nicht.
Ich stand nur stocksteif da und glotzte ihn an. Wie konnte er mir das antun? Ich wollte ihn schlagen, treten, ihn anschreien. Und er konnte all das mit Sicherheit aus meinem entsetzten Gesichtsausdruck ablesen. Aber was machte der fiese Kerl? Hielt mir das Mikro direkt vor den Mund. Wenn ich mich nicht total blamieren wollte, hatte ich keine andere Wahl als Country Roads mit ihm zu singen. Also sang ich.
Meine Stimme donnerte aus den Lautsprechern über unseren Köpfen. Zugegeben, es klang gar nicht mal so übel. Ryans Lächeln wurde breiter , als er die Zeilen mit mir sang. Ich stellte fest, dass ich die Töne harmonisch halten konnte und den Text pannenfrei herausbrachte, solange ich nur in seine animierenden Augen sah. Schon komisch, je länger wir da oben standen und ich nichts verpatzte, umso mehr Spaß fand ich an der Sache.
Es dauerte nicht lange und die Menge tobte .
Ryan blieb cool und ich fragte mich , wie oft er schon hier oben gestanden hatte. Er bewegte sich leicht zur Musik, stampfte mit dem rechten Fuß den Rhythmus mit. Mann, er war unglaublich sexy.
Ohne Vorwarnung ließ er mich plötzlich allein mit dem Mikro. Meine hart erkämpfte Courage sackte zu Boden, genau wie m ein Magen. Etwas
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