Tee und Toast
wüstesten Dinge aufschnappen.«
Was sie damit genau meinte, wußte ich nicht und nahm an, daß es ihr selbst nicht so ganz klar war, zumindest entstand daraufhin die zweite peinliche Stille. Doch schon nach einer Sekunde riß sich Larry wieder zusammen und stellte jeden vor.
Gloria Gordon war genau so, wie ich sie mir vorgestellt hatte, nur etwas kleiner und anlehnungsbedürftiger. Sie stützte sich wirkungsvoll auf ihre Krücken und blickte uns hübsch und pathetisch an. Als sie ihre babyblauen Augen auf Mr. O’Neill richtete, merkte jeder, daß sie ihn fest am Gängelband hatte.
Er war ihr Sklave, und ich fühlte, daß Larry mit ihrer Kampagne kein leichtes Spiel haben würde.
Es war ein Jammer, denn Onkel Richard ist ein wahnsinnig netter Mann, wenn er auch etwas einfallslos ist und alles, außer geschäftlichen Dingen, mit ziemlich naiven Augen betrachtet. Gloria paßte wirklich nicht zu ihm. Hinter der Harmlosigkeit ihrer Augen lag berechnende Härte, und obwohl sie mit Lippenstift recht großzügig umzugehen schien, war ihr Mund schmal und verkniffen. Ihr Haar glänzte golden wie die Sonne, aber ich beschloß, mein diesbezügliches Urteil noch etwas zu verschieben. Die Zeit würde beweisen, ob es echt war oder nicht. Sie war blendend gewachsen und verstand es nur zu gut, ihre Figur zur Geltung zu bringen. Ihre Stimme war verhalten, ihre Ausdrucksweise achtsam und gewählt und wohl das, was der Colonel einmal »das Englisch der einfachen Leute« genannt hatte.
Mir war völlig klar, warum Larry sie so wenig mochte und auch, daß Gloria dieses Gefühl, schon aus reinem Interesse, nicht unerwidert lassen würde.
Larry kochte Kaffee, bestrich ihre unvermeidlichen Toastschnitten mit Butter und erkundigte sich, ob die beiden eine gute Fahrt gehabt hätten. Onkel Richard konnte nur bis nach dem Mittagessen bleiben, da er in zwei Tagen abfliegen mußte.
»Aber warum hast du mir denn nicht geschrieben, daß ihr kommt?« fragte Larry nochmals und setzte mit falscher Gastfreundlichkeit hinzu: »Ich hätte Glorias Zimmer richten können.«
»Weißt du, um ehrlich zu sein«, antwortete Mr. O’Neill, »waren wir bis zur letzten Minute etwas unentschlossen mit unseren Plänen. Gloria hatte wohl irgendwie den Wunsch, noch vor meiner Abreise zu heiraten.«
Ich sah, wie Larry zusammenzuckte.
»Und?« fragte sie nur.
»Wir haben es doch noch hinausgeschoben. Es wäre eine Hochzeit zwischen Tür und Angel geworden. Warte, bis ich zurück bin, meine Süße, habe ich zu ihr gesagt, dann werden wir eine richtige Hochzeit auf dem Land veranstalten. Larry als Brautmutter sozusagen, und ihr kleines Töchterchen darf den Schleier tragen. Nichts ist schöner als eine Hochzeit im Grünen, ich werde einen Fotografen bestellen, der alles aufnehmen soll, und wir werden dann in der Stadt, wenn wir Besuch haben, allen Leuten unsere Hochzeitsbilder zeigen können.«
Ich war froh, daß Larry uns den Rücken zudrehte. Einen Moment lang wußte keiner, was er sagen sollte, bis schließlich Julian einsprang. »Eine prima Idee«, meinte er. »Ich muß Ihnen voll und ganz recht geben, Mr. O’Neill. Es gibt nichts Schöneres als eine Hochzeit auf dem Land. Man tanzt in der freien Natur und singt und lacht und so weiter. Sehr romantisch. Ich freue mich schon darauf.«
Gloria lächelte ihn mit unverhohlenem Erstaunen an. Er war offensichtlich eine angenehme Überraschung für sie. Nicht der natürliche, bodenständige Hinterwäldler, den sie wahrscheinlich hier in der Soldatensiedlung erwartet hatte.
Als wir Kaffee getrunken hatten, gingen Onkel Richard und Gloria in den Garten hinaus und setzten sich in den Schatten der Bäume, während Larry und ich uns in der Küche zu schaffen machten. »Ich finde, daß Onkel Richard diesmal wirklich zu weit gegangen ist«, sagte Larry wütend. »Kommt mir hier einfach mit diesem Mädchen ins Haus geschneit! Butterhörnchen — das fehlte noch! Ich habe nichts, aber auch rein gar nichts fürs Mittagessen. Sam schlachtet heute abend, ich habe keine Faser Fleisch und auch keine anständige Konserve in der Speisekammer. Kannst du mir vielleicht aushelfen, Susan?«
Zum Glück hatte ich eine Menge Eier und eine Hammelkeule im Kühlschrank. Diese Tauschgeschäfte waren bei uns an der Tagesordnung. Einmal half Larry mir mit Essen für unverhoffte Gäste aus, das andere Mal riß sie mir einen fertigen Braten aus dem Ofen. Wir dachten uns nie etwas dabei.
Wir beschlossen, daß ich meine Kinder zusammensuchen
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