Tee und Toast
behaupten kann.
Jedes Jahr erreichen die Wespen in Verbindung mit der Überfülle an Obst, was sieben Jahre Farmerleben im Hochland nicht geschafft haben: sie trennen Paul und mich. Solange ich einwecke, sind Wespen im Haus, und solange Wespen im Haus sind, ist Paul nicht da. Er ist irgendwo draußen auf der Farm, weg von seinen Lieben.
In diesem Jahr kam alles etwas früher zur Reife, und Larry und ich hatten bereits Ende Januar alle Hände voll zu tun. Wir arbeiteten zwei Wochen lang ohne Punkt und Komma. Dann wurde es wieder etwas ruhiger. Die Wespen wanderten in den Obstgarten zurück und beschäftigten sich mit dem Fallobst. Die Einmachzeit war vorbei, und ich konnte mit einem Stoßseufzer die Tür der Vorratskammer hinter Reihen von Marmeladen- und Kompottgläsern zumachen.
Als die letzte Wespe aus dem Haus geflogen war, kehrte Paul an den Busen seiner Familie zurück.
Larry und ich hatten uns in diesen zwei Wochen nur selten gesehen. Wir hatten natürlich regelmäßig miteinander telefoniert, aber nur zweimal hatte Larry ungehemmt sprechen können. Beim erstenmal klang es so, als sei sie bereits am Zerreißpunkt angelangt.
»Ehrlich, Susan, sie ist nicht zu ertragen. Glaubst du, sie tut auch nur einen Handschlag? Ich verstehe nicht, wie man durch einen gebrochenen Knöchel unfähig sein kann, Zwetschgen auszusteinen, aber es ist so. Ihre ganze Lieblichkeit ist reine Mache. Sie bricht zusammen, wenn kein Mann in der Gegend ist, und ein ganz mieser Charakter kommt zum Vorschein.«
»Woher weißt du das? Sie hat dir diesen Charakter doch nicht etwa schon gezeigt?«
»Doch, heute. Rex, das liebe Vieh, weißt du. Aber das kommt davon, wenn man zu faul ist, sein Zimmer in Ordnung zu halten und seine Sachen aufzuräumen. Wenn man alles auf dem Boden herumliegen läßt, trägt es eben das kleine Hündchen davon.«
»Hat er ihre besten Nylons verspeist?«
»Viel schlimmer noch. Ihr Korsett — und was für eines, sage ich dir! Das Schlimme daran war, daß der kleine Hund es auf den Rasen vor das Haus zerrte und wir keine Zeit hatten, es ihm zu entreißen, bevor Julian auftauchte.«
Ich lachte schallend. »Ich nehme an, daß Rex das dubiöse Kleidungsstück bis zur Unbrauchbarkeit zerriß.«
»Genau. Und an mir ließ sie dann ihre Wut aus. Schimpfte auf Leute, die in ihre Tiere vernarrt sind und sie im Haus alles machen lassen, und so weiter und so weiter. Als dann Julian das Zimmer betrat und — bitte halt dich fest — die zerrissene Ritterrüstung mit spitzen Fingern vor sich hertrug, brach sie natürlich sofort ab.«
»Das nenne ich Heroismus. Wo er doch so penibel ist.«
»Eben. Er versuchte zu lächeln, aber sein Gesicht zeigte stumme Pein. Was mich natürlich ganz hilflos werden ließ.«
»Schwindle nicht, Larry. Du hast dich totgelacht. Hat sie dir nicht beinahe die Augen ausgekratzt?«
»Nicht ganz. Wegen Julian, denn — wenn du mich fragst, hat das Aas ein Auge auf ihn.«
»Meinen Segen hat sie. Und was sagte Julian?«
»Er blickte uns beide nur an. Gloria war krebsrot vor Wut und ich vor Lachen. Julian, der natürlich sofort merkte, daß die Situation eher gespannt war, spielte den Friedensengel, gab vor, in Tiri eine Besorgung machen zu müssen und nahm die schreckliche Person mit. Deswegen kann ich endlich einmal frei von der Leber weg reden.«
»Du kannst es ihr letztlich nicht übelnehmen, daß sie wütend war. Hat sie nur das eine Korsett?«
»Ach wo! Sie hat von allem mindestens ein Dutzend. Ich weiß zwar nicht, wie sie das alles bezahlt, nachdem sie es ja angeblich so schwer hat — aber ich denke natürlich mit dem größten Vergnügen das schlechteste. Was macht die Einweckerei?«
»Gerade fertig damit. Aber Christopher scheint etwas auszubrüten. Er ist von oben bis unten mit Tupfen bedeckt.«
»Großer Gott! Windpocken oder Masern?«
»Keine Ahnung. Doktor North kommt morgen früh.«
»Wenn du natürlich diesem kleinen Quacksalber abnimmst, was er behauptet...«
»Natürlich werde ich das tun. Und ein für allemal: Er ist fast einen Meter achtzig groß.«
»Aber sein Gehirn ist abnorm klein.«
»Red doch kein dummes Zeug, Larry. Du wirst eines Tages noch heilfroh sein, wenn er zu dir kommt.«
»Nicht ich. Wenn ich meine Kinder nicht allein über eine lächerliche Sache wie Windpocken oder Masern hinwegbringen kann...«
Es war ein typischer Fall dafür, daß man den Teufel nicht an die Wand malen soll. Drei Tage später lagen Christina und Mark mit Windpocken im Bett,
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