Teller, Janne
Handfläche, bis es richtig wehtat.
Lächelnde
Tür. Mach auf. Mach zu! Ich war nicht die Einzige, die hörte, dass das Draußen
rief. »Wir müssen etwas unternehmen«, flüsterte Jan-Johan leise, so dass es die
aus der Parallelklasse, die ein Stück vor uns gingen, nicht hören konnten.
Jan-Johan spielte Gitarre und sang Songs der Beatles, dass man den Unterschied
zwischen ihm und den echten fast gar nicht hörte.
»Ja«,
flüsterte Marie-Ursula, die ich in Verdacht hatte, auf Jan-Johan zu stehen, und
Gerda kicherte auch sofort und stieß einen Ellbogen seitwärts in die Luft, weil
Marie-Ursula in der Zwischenzeit einen Schritt weitergegangen war. »Aber was?«,
flüsterte ich und lief los, denn inzwischen waren uns die aus der
Parallelklasse bedenklich nahe gekommen, und unter ihnen waren ein paar
Spaßvögel, die mit Gummis und trockenen Erbsen nach den Mädchen schossen,
sobald sich eine Gelegenheit ergab, und es sah fast so aus, als könnte sich die
Gelegenheit sehr schnell ergeben.
Jan-Johan
schickte in der Mathestunde einen Zettel herum, und unsere Klasse traf sich
nach der Schule unten am Fußballplatz. Alle außer Henrik waren da, denn Henrik
war der Sohn unseres Biologielehrers, und wir durften nichts riskieren.
Es kam mir
sehr lange vor, wie wir erst mal nur dort standen und über anderes redeten und
so taten, als würden wir nicht alle ein und dasselbe denken. Aber schließlich
richtete sich Jan-Johan auf und sagte fast feierlich, dass wir alle mal gut zuhören
sollten.
»So kann
es nicht weitergehen«, begann er seine Rede, und so beendete er sie auch,
nachdem er kurz das gesagt hatte, was wir alle wussten, nämlich dass wir nicht
immer weiter so tun konnten, als hätte etwas etwas zu bedeuten, wenn doch Pierre Anthon oben im
Pflaumenbaum saß und uns zurief, dass nichts etwas zu bedeuten habe.
Wir waren
gerade in die siebte Klasse gekommen, und wir fühlten uns alle so modern und
kannten uns im Leben und in der Welt aus, und wir wussten natürlich längst,
dass sich alles mehr darum drehte, wie etwas aussah, als wie es tatsächlich
war. Unter allen Umständen war am wichtigsten, dass aus einem etwas wurde, das
nach etwas aussah. Zwar hatten wir von diesem Etwas nur ungenaue Vorstellungen,
aber es ging jedenfalls nicht darum, in einem Pflaumenbaum zu sitzen und
Pflaumen auf die Straße zu werfen.
Pierre Anthon sollte nicht glauben, er könne uns anderen das
weismachen.
»Sobald es
Winter wird, kommt er schon runter«, sagte die hübsche Rosa.
Das half
nicht so viel.
Denn
erstens stand die Sonne am Himmel und verhieß uns noch einige Monate bis zum
Winter. Und zweitens gab es keinen Grund, warum Pierre Anthon im Winter nicht auf dem Pflaumenbaum sitzen sollte, selbst wenn keine Pflaumen
mehr da waren. Er konnte sich doch einfach dicker anziehen. »Dann müsst ihr ihn
verprügeln .« Ich schaute die Jungen an, denn die
Hauptsache blieb natürlich an ihnen hängen, auch wenn wir Mädchen ihm ein paar
Kratzer zufügen konnten. Die Jungen sahen sich an.
Sie fanden
die Idee nicht gut. Pierre Anthon war breit und
kräftig und hatte eine Menge Sommersprossen auf der Nase, die einmal gebrochen
war, als er in die Fünfte ging und mit seinem Kopf gegen den Kopf von einem aus
der neunten Klasse in der Stadt schlug. Trotz der gebrochenen Nase hatte Pierre Anthon den Kampf gewonnen. Der Junge aus der Neunten
war mit einer Gehirnerschütterung ins Krankenhaus gekommen.
»Sich
prügeln ist eine schlechte Idee«, sagte Jan-Johan und die anderen Jungen
nickten, und dann wurde darüber nicht weiter geredet, auch wenn wir Mädchen
wegen dieser Sache ein bisschen die Achtung vor ihnen verloren.
»Wir
müssen zu Gott beten«, sagte der fromme Kai, dessen
Vater zur Inneren Mission gehörte und dort irgendetwas Höheres war und die
Mutter sicher auch.
»Halt die
Klappe«, zischte Ole und kniff den frommen Kai, bis der fromme Kai nicht mehr
die Klappe halten konnte, sondern quiekte wie ein Schwein beim Schlachter und
wir anderen Ole dazu bringen mussten, aufzuhören, damit das Quieken nicht den
Hausmeister auf den Plan rief.
»Wir können uns auch über ihn beschweren«, schlug die kleine Ingrid
vor, die so klein war, dass uns nicht immer klar war, dass sie da war. Aber
heute war es uns klar, und wir antworteten wie aus einem Munde: »Bei wem ?«
»Bei Eskildsen .« Die kleine Ingrid bemerkte unsere ungläubigen
Blicke. Eskildsen war unser Klassenlehrer, und Eskildsen trug einen schwarzen Regenmantel und
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