Temptation 1: Weil du mich verführst (German Edition)
Vielmehr schoben sie sich wieder und wieder mit aller Macht in sein Bewusstsein und durchbrachen die Routine seines Alltags. Dank Mrs Hansons allwöchentlichem Bericht war er über die Vorgänge im Haushalt stets auf dem neuesten Stand der Dinge. Erfreut nahm er zur Kenntnis, dass sich seine britische Haushälterin, die ihm seit Jahren den Haushalt führte, mit Francesca angefreundet hatte und sie ab und zu auf eine Tasse Tee in die Küche einlud. Allem Anschein nach fühlte Francesca sich sehr wohl in seinem Zuhause. Aber inwieweit war dieser Umstand wichtig?, fragte er sich. Die Fertigstellung des Gemäldes war das Einzige, was ihn interessierte, und die Arbeitsbedingungen schienen ideal dafür zu sein.
Nichtsdestotrotz war es gewiss unhöflich von ihm, sie vollständig zu ignorieren. Die Tatsache, dass er ihr eisern aus dem Weg ging, verlieh ihrer Anwesenheit eine Bedeutung, die sie in Wahrheit gar nicht besaß. Also war er letzten Donnerstagabend in ihr Atelier gegangen, um sie zu fragen, ob sie sich auf eine kleine Erfrischung zu ihm in die Küche gesellen wollte. Die Tür war angelehnt gewesen, und er war eingetreten, ohne anzuklopfen. Sekundenlang hatte er ihr unbemerkt zugesehen.
Sie hatte auf einer niedrigen Leiter gestanden und war völlig vertieft in ihre Arbeit an der oberen rechten Ecke der Leinwand gewesen. Er hätte zwar schwören können, dass er keinerlei Geräusch gemacht hatte, trotzdem war sie plötzlich erstarrt. Schließlich hatte sie sich umgedreht, den Pinsel noch immer in der Hand, und ihn aus ihren großen braunen Augen erschrocken angesehen. Eine dicke Haarsträhne hatte sich aus der Spange gelöst und war über ihren Rücken gefallen. Sein Blick war an der dunkelgrauen Farbspur auf ihrer glatten Wange hängen geblieben. Bei seinem Anblick hatten sich ihre dunkelrosa Lippen vor Überraschung geöffnet.
Er hatte sich zuerst höflich nach ihren Fortschritten erkundigt und danach sofort die Flucht ergriffen. Feigling!
Es sei völlig normal, dass er sich ihrer Gegenwart so überdeutlich bewusst sei, hatte er sich eingeredet. Immerhin war ihre Schönheit geradezu atemberaubend. Die Tatsache, dass sie sich ihrer Sexualität nicht bewusst zu sein schien, faszinierte ihn. Wo war diese Frau aufgewachsen? In einer einsamen Hütte im Wald? Sie musste doch irgendwann einmal bemerkt haben, wie die Männer reagierten, wenn sie einen Raum betrat. Wie sie beim Anblick ihres vollen rötlich-goldfarbenen Haars, ihrer braunen Samtaugen und ihres schlanken Körpers zu sabbern begannen. Wie konnte sie mit dreiundzwanzig Jahren nicht gemerkt haben, dass sie mit ihrer makellosen, hellen Haut, ihren vollen, dunkelrosa Lippen und ihrem geschmeidigen Körper die Macht besaß, Männern den Kopf zu verdrehen?
Er konnte all diese Fragen nicht beantworten, doch eines wusste er mit Gewissheit: ihre scheinbare Unwissenheit war nicht gespielt. Sie bewegte sich mit der ungelenken Schlaksigkeit eines halbwüchsigen Jungen, außerdem legte sie einen erschreckenden Mangel an Eloquenz und Diplomatie an den Tag.
Ihr Zauber erschloss sich einem erst, wenn sie seine Kunstsammlung begutachtete, aus dem Fenster auf die eindrucksvolle Skyline blickte oder wenn er sie, wie an diesem Abend, heimlich beim Skizzieren beobachtete; in jenen Momenten, wenn sie völlig in ihrer Kunst verloren war und ihre Schönheit in ihrer vollen Blüte erstrahlte.
Er konnte sich nicht erinnern, jemals etwas so Reizvolles, Verführerisches gesehen zu haben. Ihr Anblick machte ihn regelrecht süchtig.
Er stand im Eingangsbereich seines Apartments. Sie war da. Obwohl es vollkommen still in der Wohnung war, wusste er, dass Francesca in ihrem behelfsmäßig eingerichteten Atelier arbeitete. War sie immer noch mit dem Skizzieren beschäftigt? Unvermittelt sah er ihr hochkonzentriertes Gesicht vor sich, ihre dunklen Augen, die zwischen der Leinwand und dem Ausblick aus dem Fenster hin und her schweiften. Bei der Arbeit war sie nüchtern und respekteinflößend, und ihre unsichere Befangenheit im Umgang mit anderen Menschen wich ihrem beeindruckenden Talent und einer Anmut, von der sie ebenfalls nicht wusste, dass sie sie überhaupt besaß.
Im Gegensatz zu ihr war er sich der Macht ihrer sexuellen Ausstrahlung ebenso bewusst wie der Verheißung, die ihr innewohnte. Zugleich besaß sie eine Naivität, die er nicht ignorieren konnte; eine Unschuld, die mit ihrer noch schlummernden Sexualität zu einem betörenden Charme verschmolz, dessen Zauber er sich
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