Temptation 4: Weil ich dir gehöre (German Edition)
romantische Geste handelt. Mein Gott, was, wenn er ihr einen Antrag machen will? Die Vorstellung entsetzt sie. Sie hat nicht vor, jemals zu heiraten.
Sie tritt zurück und starrt das Paket an, unsicher, ob sie bereit für das ist, was sich unter dem braunen Papier verbirgt. Irgendwie hat sie das Gefühl, dass es sich um etwas Wichtiges handelt. Sie geht ins Badezimmer und dreht die Dusche voll auf. Als das dampfende Wasser über ihre Schultern, ihren Rücken, ihren Bauch und ihre Schenkel strömt, öffnet sie den Mund und lässt es in sich hineinfließen. Sie versucht, ihre Angst fortzuwaschen und Thomas’ Blick zu vergessen, mit dem er sie beim Abschied angesehen hat. Warum wollen alle ihre Geliebten sie einsperren? Sie hatte gehofft, Thomas sei anders. Sie lässt ihm so viel Raum, und dennoch ist er nicht zufrieden. Am meisten belastet sie, dass seine Ausflüge sie zu stören beginnen. Manchmal, wenn er weg ist, wacht sie mitten in der Nacht auf und fragt sich, ob es ihm gut geht. Sie kann sich gerade noch beherrschen, ihm eine SMS zu schreiben. Sie haben vereinbart, keinen Kontakt zu haben, solange einer von ihnen unterwegs ist. Sie hasst diese aufdringlichen SMS -Nachrichten. Sie möchte auf gar keinen Fall bedürftig wirken.
Als Valentina ihre Strümpfe anzieht, hält sie es nicht mehr aus. Sie muss es wissen. Nur mit Tanga, Strapsen und einem hauchdünnen Strumpf bekleidet, nimmt sie das Paket. Sie versucht zu ertasten, was sich darin verbirgt. Vielleicht ein Bild oder ein Buch. Für einen Ring ist es jedenfalls zu groß. Gott sei Dank. Sie löst die Kordel, was ewig dauert, weil sie so fest verknotet ist. Typisch Thomas. Dann reißt sie langsam das Papier auf, bis es in Fetzen zu ihren Füßen liegt.
In ihren Händen hält sie ein schwarzes Buch. Bei genauerer Betrachtung handelt es sich um ein sehr altes, mit schwarzem Samt bezogenes Album. Der Flor ist längst abgewetzt, und darunter kommt der glänzende Stoff zum Vorschein. Als sie das Buch öffnet, schlägt ihr süß und modrig intensiver Rosenduft entgegen. Sie blickt hinein und setzt sich überrascht auf das Bett. Wie seltsam. Auf der ersten Seite des Albums klebt ein Negativ. Sie erkennt sofort, dass es alt sein muss, denn das Format ist größer als bei modernen Negativen. Außerdem hat es einen Gelbstich. Es ist mit einem feinen Klebestreifen an dem dicken kartonähnlichen Papier befestigt, sodass sie es leicht ablösen kann. Sie nimmt es heraus und hält es gegen das Licht, kann das Bild jedoch nicht erkennen. Sie blättert weiter. Auf der nächsten Seite befindet sich ein weiteres Negativ. Sie schlägt noch eine Seite auf und noch eine. Auf allen Seiten kleben Negative. Mehr nicht. Keine Worte. Keine Bilder. Keine Erklärung. Überraschend gereizt schleudert sie das Album hinter sich auf das Bett. Was soll das denn sein?
Kein profanes Geschenk, Valentina.
Sie hört Thomas’ Stimme in ihrem Kopf. Unwillkürlich ist sie beruhigt. Sie hebt das Negativ auf, das sie bereits aus dem Album gelöst hat. Es ist mehr als ein Geschenk. Vor Aufregung zieht sich ihr Magen zusammen. Thomas spielt mit ihr. Von was gibt er ihr kleine Stücke? Von ihm? Von ihr? Von dem Geheimnis, das ihn umgibt? Ganz bestimmt ist es kein Heiratsantrag oder etwas anderes zu Romantisches. Vorsichtig legt sie das Negativ auf die Schlafzimmerkommode und zieht den anderen Strumpf an. Sie kann es kaum erwarten, in ihre Dunkelkammer zu kommen und das erste Teilchen im Puzzle ihres Liebhabers sichtbar zu machen.
Belle
Im Morgengrauen kehrt sie zurück, in ihre ganz eigene Lagune der Träume. Sie legt sich auf den Rücken, greift über ihrem Kopf nach dem Bettgestell, streckt die Zehen und schlingt die Seidenlaken um ihren nackten Körper. Durch einen Spalt zwischen den Vorhängen sieht sie die zarte Morgenröte. Sie hört eine Amsel rufen und stellt sich vor, wie der Vogel mit seinem glänzenden Federkleid in der Morgensonne auf ihrem Balkon sitzt und genauso unbeschwert singt, wie sie gerade ist. Sie schließt die Augen und erinnert sich an die Empfindungen der letzten Nacht – an das Gefühl fremder Haut auf ihrer. An den Moschusduft geteilter Lust.
Sie fühlt sich weder verrucht noch rein. Von solchen Empfindungen ist sie frei. Sie lauscht auf die Kirchenglocken Venedigs, die im Rhythmus ihres Herzens schlagen, und auf das gleichmäßige Plätschern des Kanals vor ihrem Fenster.
Als fühlte sie sich fiebrig, schiebt sie eine Hand unter ihren Pony, doch sie erinnert sich bloß
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