Tenebra 3 - Dunkle Burg
nickte sie zu sich selbst. »Ich habe falsch gedacht. Wir alle haben falsch gedacht. Wir haben diesen Magier die ganze Zeit über für einen Mann gehalten. Aber ich habe die starke Vermutung, dass es sich um dieses halbwüchsige Mädchen handelt, das Nathan vorigen Monat in Tenebra gefangen hat. Ein kleines, dunkelhaariges Mädchen, hieß es, ungefähr dreizehn oder vierzehn Jahre alt.«
»Ein Mädchen?« Das machte die Sache vielleicht einfacher, aber in einem anderen Sinne auch schwieriger.
Sie nickte. »Wir müssen annehmen, dass es dieselbe ist. Magier fallen weder vom Himmel noch wachsen sie auf jedem Weißdornstrauch. Es würde die Wahrscheinlichkeit zu sehr strapazieren, wenn wir davon ausgingen, dass Nathan zwei neue in ebenso vielen Monaten gefunden haben sollte, obwohl es solche Fälle gegeben hat.« Ihre Miene verschloss sich und sie schob ein Stück Holz in die Glut. Als es zuletzt zwei gegeben hatte, war eine davon die verstorbene Priorin des Ordens gewesen, Merceda die Verräterin. Die Schwestern grämten sich noch immer wegen dieser leidigen Geschichte. »Es läuft also darauf hinaus, dass Sie bereit sein müssten, ein vierzehnjähriges Mädchen niederzumachen. Aus dem Hinterhalt.«
Wir schauten uns an. Silvus machte ein erstauntes Gesicht. Meister Rookwod blickte starr vor sich hin. Er hatte zwei Töchter. Schwester Berichterstatterin beobachtete uns, berechnend, wie mir schien. Dann fügte sie hinzu: »Wohlgemerkt, es ist ein vierzehnjähriges Mädchen, das Nekromantie praktiziert«, fügte sie hinzu.
»Das vor Nathan zu fliehen suchte«, sagte Silvus.
»Das inzwischen aber nicht mehr flieht und unleugbar die größte Gefahr darstellt, mit der wir es zu tun haben. Sie sagten selbst, dass sie das Dunkel gebrauche. Es wird nur schlimmer werden, wenn wir sie nicht ausschalten.«
Stille.
Silvus starrte sie bestürzt an. Sie starrte zurück. »Ich sehe Sie an«, sagte sie nach einer kleinen Weile, »und weiß, warum ich immer gedacht habe, dass Frauen bessere Krieger abgeben. Wir denken nüchterner und haben einen klareren Kopf, wenn es um den unangenehmen Teil des Geschäfts geht, wo Männer sich gern hinter Skrupeln verstecken. Vierzehn oder nicht, weiblich oder nicht, dieses Mädchen ist Nathans Trumpfkarte, und unsere Aufgabe ist es, Nathan zu stürzen.« Wir starrten sie stumm an, und schließlich seufzte sie. »Aber ich nehme an, wir müssen einen Weg finden, um Ihr Gefühl von Ritterlichkeit zu berücksichtigen. Denn wir sollten diesen Versuch wirklich unternehmen. Je länger wir sie in Nathans Händen lassen, desto stärker wird sie ihn machen.«
»Desto schwieriger wird es, sie aus Nathans Heer herauszulocken.« Ich war schon dabei, alle Berechnungen der veränderten Lage anzupassen.
Sie nickte mir zu. »Sehr richtig«, bemerkte sie. »Also müssen wir sie jetzt herauslocken.«
ASTA
Das große Zelt stand hier in der Mitte einer einsamen Landschaft, wo es nur Ginster, Torfmoore und Heidekraut gab, und wirkte noch eindrucksvoller. In Tenebra würde man es mit den Gebäuden der Stadt vergleichen. Hier gab es nichts als niedrige Hügel und weite, flache Täler, eintönige, menschenleere Weite, alles graugrün und rostfarben. Schon die Farbe des Zeltes, gelb und schwarz wie ein Tiger, war wie ein lauter Ruf unter dem Himmel.
Seine Hoheit der Fürst war jedoch nicht zu Haus. Eine Stunde nachdem wir vor seiner Tür abgestiegen waren, kam er in der Dämmerung geritten. Es hatte geregnet, aber die Wachtposten der Garde wollten uns nicht ohne seine Zustimmung ins Zelt lassen, und so wurden wir nass.
Um gerecht zu sein, soll nicht verschwiegen werden, dass auch er nass geworden war. Er trug einen Umhang aus Ölzeug über Leder, einen ziemlich narbigen offenen Helm und Reitstiefel, alt und weich und gut gefettet. Bevor das Pferd angehalten hatte, war er schon aus dem Sattel gesprungen und schritt mit eiligen Bewegungen auf das Zelt zu, schlug Wasser vom Umhang und streifte uns mit einem einzigen Blick. Seine Eskorte wirkte ermüdeter als er.
Kurz darauf kam ein Gardeoffizier heraus und forderte uns mit einer Kopfbewegung auf, ihm zu folgen. Während ein paar seiner Leute mich durchsuchten, dachte ich daran, ihm zu sagen, dass die Sprache für solche Zeiten und Anlässe erfunden worden sei und er es doch einmal damit versuchen sollte. Aber ich sagte nichts. Es störte mich, dass ich nichts sagte. Früher hätte ich es getan, aber ich fürchtete mich. Und ich hatte es mehr und mehr satt, mich
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