Tentakelblut (German Edition)
sollten anstatt ihrer da draußen sein, getötet von den Tentakeln!«
Slap verkniff sich eine Antwort, die Estevez ohnehin nicht verstanden hatte. Wie hätte er ihm glaubhaft machen können, dass sein Wunsch bereits vor geraumer Zeit in Erfüllung gegangen war?
»Admiral, ich …«
»Sie werden dafür bezahlen«, sagte Estevez, der sich jetzt klar in etwas hineinzusteigerte. »Sie werden für das zahlen, was Sie meiner Tochter angetan haben.«
»Ich werde nicht …«
Doch Slap konnte seinen Satz nicht mehr beenden.
Das Unausweichliche geschah.
Aus seiner Uniformtasche zauberte Admiral Estevez einen kleinen Gegenstand, eine Schusswaffe, die fast in seiner Hand verschwand, aus einem matten, hellen Material.
Eine Keramikwaffe , schoss es Slap durch den Kopf, eine Waffe für den Notfall, den letzten Ausweg …
Er hob abwehrend seine Hände, doch die kamen nicht weit.
Estevez drückte ab.
Es gab nicht einmal einen ordentlichen Knall.
Banks reagierte, aber zu spät. Selbst die Drohne hatte wohl nicht damit gerechnet, dass das Willkommensgeschenk der Menschen darin bestand, sich auch hier gleich wieder gegenseitig umzubringen.
Slap spürte den Einschlag des Projektils nicht sofort, und als er den Schmerz empfand, war es schon zu spät, noch darauf zu reagieren. Kein Schrei. Kein Aufstöhnen. Ein glatter Schuss, ein klarer Treffer, der sein Herz mit präziser Sicherheit durchbohrte.
Als Slap zu Boden rutschte, war er bereits tot.
Er hatte nicht einmal Zeit, ein resigniertes »Nicht schon wieder!« zu denken.
24
»Wir haben alles getan, was wir tun konnten. Es tut uns aufrichtig leid. Sie bekommen vollständige Aufzeichnungen. Jede zugängliche Information. Wir möchten keine Missverständnisse aufkommen lassen. Wir beantworten jede Frage.«
Der Offizier vor ihr sah aus, als würde er gleich in Tränen ausbrechen, und Mirinda vermutete, dass nur die Hälfte dieser Darstellung Schauspielerei war. Es war dem irdischen Militär peinlich, und sie wollten auf jeden Fall alles tun, um ein diplomatisches Problem zu vermeiden, gerade jetzt, wo die Evakuierung begonnen hatte. Da passte es nicht besonders gut, wenn die Allianz zu der Ansicht kommen würde, dass die Flotte sich nicht ausreichend um den Schutz von Botschafter Sobhex gekümmert habe, der aktuell in Form einer stetig expandierenden Gaswolke nur noch wenig zur Klärung beitragen konnte.
Die Tentakel hatten ihn erwischt.
Mirinda war versucht, den Offizier noch eine Weile zappeln zu lassen. Sie hatte im Verlauf ihres Aufenthaltes auf dieser Welt eine gesunde Abneigung gegen die irdischen Militärs entwickelt, zumindest was ihre durch und durch politisierte und parasitäre Führungsebene anging.
Aber hier traf diese keine Schuld. Schuld war der fähige Pilot des Tentakel-Marauders, eines kleinen Angriffsschiffes, das durch die Verteidigungslinien gebrochen und sich zielsicher das richtige Opfer ausgesucht hatte. Dass der Marauder diesen Angriff gleichfalls nicht überlebt hatte, war kein Trost, denn wo der hergekommen war, warteten noch einige Tausend weitere. Sobhex aber wurde nun durch den Kommandanten der Kapselflotte ersetzt, die zusammen mit den terranischen Einheiten versuchte, den Zugang zum Jupitertor so lange wie möglich offen zu halten. Ein fähiger Offizier, wie Mirinda vermutete, aber vollauf damit befasst, Krieg zu führen, und daher zu diplomatischem Austausch nur bedingt in der Lage. Mirinda vertrat ihn in dieser Hinsicht und daher kroch der Offizier beinahe vor ihr auf dem Boden, denn sie war diejenige, die der Allianz mitteilen sollte, ob die Terraner eine ernsthafte Mitschuld am Tode des Botschafters hatten oder nicht.
Hatten sie nicht, wie Mirinda erkannte.
Aber irgendwie brachte sie es noch nicht über sich, es dem Offizier zu sagen. Der Mann, ein Dienstgrad namens Kay, war auch in keiner beneidenswerten Situation. Er war das Sprachrohr des Admiralsstabes und war wahrscheinlich deswegen ausgesucht worden, weil er über einen bewundernswürdig treuen Dackelblick aus großen, ausdrucksvollen blauen Augen verfügte. Und er schien seine Rolle keinesfalls zu genießen, was Mirinda … als befriedigend empfand.
Ihr Bedauern über den Tod von Sobhex war aber nicht so groß, als dass es ihr Gerechtigkeitsempfinden außer Kraft setzen würde, also entschied sie sich schließlich, den Armen nicht mehr zu quälen. Es würde ja an den Tatsachen ohnehin nichts mehr ändern.
»Danke, Commander. Ich verstehe es gut. Ich werde
Weitere Kostenlose Bücher