Terminal 3 - Folge 5: Die Methode Bronsky. Thriller (German Edition)
Enorme Nase, beide Arme über dem Kopf zum Victoryzeichen erhoben.
Sharon Jacinto – ich habe ein gutes Namensgedächtnis – lächelt mir entgegen. Der Mann im Regenmantel dreht sich nicht um.
Ich stelle mich vor und sage dann zu ihm: »Können Sie mal kurz nach draußen kommen, Sir?«
Bisher habe ich mit seinem ausladenden Rücken gesprochen, jetzt dreht er sich betont langsam um. Speichelbläschen hängen in beiden Mundwinkeln und glitzern im künstlichen Licht.
»Ich sehe dazu keine Veranlassung«, bemerkt er trocken. Er versucht selbstbewusst zu wirken, doch in seine Stimme schleicht sich ein leichtes Kieksen ein. Wie bei einem Halbwüchsigen im Stimmbruch.
»Reine Routine.« Ich zeige ihm meine Dienstmarke.
Sharon Jacinto ist die Situation sichtbar unangenehm. Daher möchte ich die Überprüfung der Personalien auch nicht in ihrem Laden durchführen.
»Sie glauben wohl, nur weil Sie so eine Blechmarke haben, können Sie mich herumschubsen!« Seine Augen sind nur noch schmale Schlitze.
»Folgen Sie mir bitte.«
Er schließt die Augen ganz, scheint einen Moment zu überlegen und schüttelt sich dann widerwillig. »Das wird Konsequenzen haben.«
Trotz seines Protests setzt er sich aber in Bewegung. Vor dem Schaufenster lasse ich mir seinen Ausweis zeigen. Der Kerl heißt Sebastian Whitford und wohnt in San Francisco.
Er wippt auf den Schuhabsätzen vor und zurück und mustert mich voller Herablassung. Dabei pfeift er die Melodie eines Songs von den Beatles: Yellow Submarine.
Ich notiere mir seine Daten. Das irritiert ihn, und er unterbricht sein provozierendes Pfeifen.
»Habe ich ein Kaugummi auf ihre Fliesen gespuckt, oder warum machen Sie das?«
Ich reiche ihm den Ausweis und fixiere seine Augen. »Jetzt geben Sie mir Ihre Kamera.«
Whitford klappt den Mund auf und zu. Wie ein Fisch auf dem Trockenen. »Was! Das ist Privateigentum!« Die rechte Hand verschwindet in der Manteltasche und umklammert dort die Digitalkamera. »Halten Sie lieber nach Terroristen Ausschau anstatt ehrbare Bürger zu belästigen.«
Er fährt sich wieder über die Lippen. So, wie er es beim Knipsen der jungen Mädchen gemacht hat. Er widert mich an, und ich verspüre den Drang, ihm eine Ohrfeige zu versetzen.
»Kamera!«
Er schüttelt den Kopf. Ich zücke mein Funkgerät. »Paul! Würden Sie bitte zum neuen Kunstwarengeschäft in der Mall kommen. Ich brauche einen Zeugen, dass sich hier ein gewisser Sebastian Whitford einer Überprüfung widersetzt. Es könnte zu einer vorübergehenden Festnahme kommen.« Ich bluffe nur und lasse das Funkgerät ausgeschaltet. Der Kerl vor mir ringt mit sich. Er überlegt wahrscheinlich, ob man ihm aus den Fotos der Mädchen einen Strick drehen kann. Vielleicht befinden sich ja auch noch ältere, eindeutigere Bilder auf der Kamera.
Mit den Worten »Ich bin Footballfan. Das ist der Grund für die Fotos« händigt er mir die Kamera aus. Ich lasse sie in der Jackentasche verschwinden.
»Sie können gehen. Ich werde die Kamera dann an Ihre Adresse schicken«, sage ich und wende ihm den Rücken zu. Ich spüre, wie er mich an der Schulter berührt. Noch ehe er auch nur einen Laut von sich geben kann, habe ich seinen rechten Arm auf dem Rücken fixiert. Fester, als es normalerweise nötig gewesen wäre. Sebastian Whitford wimmert in meinem Griff.
»Soll das ein tätlicher Angriff auf einen Sicherheitsbeamten gewesen sein?«, zische ich in sein Ohr. »Du mieser Spanner!«
Ich lasse ihn los. Er taumelt ein paar Schritte vorwärts und hat vor Schmerzen Tränen in den Augen. Whitford scheint etwas sagen zu wollen, überlegt es sich dann aber anders und stolpert davon.
Mehrere Passanten haben den Vorfall gesehen. Auch Sharon Jacinto. Sie steht direkt hinter ihrer Schaufensterscheibe. Ihr Gesicht ist unergründlich.
Ich überlege, ob ich ihr den Grund meines Verhaltens erläutern soll, gehe aber dann lieber in Austens Donut-Shop. Ich brauche dringend einen Kaffee.
Ich habe es übertrieben und genau jenes Verhalten an den Tag gelegt, vor dem ich meine Mitarbeiter immer warne.
Dieser dreckige Lustmolch!
Es hat mir gefallen, ihm wehzutun. Und das ist nicht richtig.
Dave Austen hält mir einen Becher Kaffee hin. Er scheint Gedanken lesen zu können. Sein Gehilfe Stanley blickt mir eingeschüchtert entgegen und verzieht sich hinter den Pyramiden aus Fettgebäck. In seinen Augen bin ich jetzt vermutlich ein böser Cop.
Austens Kaffee ist heiß und stark. Er wartet ab, bis ich ein paar Schlücke
Weitere Kostenlose Bücher