Terror der Tongs
bekämpft man es auch mit Feuer«, erwiderte der Inder leise…
***
Welch einen Zauber Kali angewendet hatte, wußte ich nicht. Ich hatte mich nur mit den Tatsachen abfinden müssen und starrte in das gierig aufgerissene Maul des Monstrums, das so wirkte, als wollte es mich jeden Moment verschlingen. War das Kali?
Wieder dachte ich an die verschiedenen Gestalten, in denen sie auftrat. Sie war ein Verwandlungskünstler unter den dämonischen Wesen. Ob Mensch, Tier oder Monster, Kali konnte alles sein, wie sie mir hier bewies.
Und auch als kleine Inderin.
Sari lächelte mich an. Ich zeigte keine Furcht und ging auf sie zu, obwohl ich das Gefühl hatte, mitten in die Hölle zu schreiten. Aus dem weit aufgerissenen Maul lösten sich giftgrüne Schwaden. Zuerst waren es nur leichte Fahnen, innerhalb von Sekunden jedoch nahm ihre Konzentration zu, so daß sich die Schwaden zu einer dicken Nebelsuppe verdichteten, die mir auch die direkte Sicht auf den Schlund des Monstrums nahmen. Die Schwaden trieben mir entgegen, ich atmete sie ein, hatte das Gefühl von einer Säure berührt zu werden, aber ich gab nicht nach und kämpfte mich durch.
Etwas zuckte auf meiner Brust. Es war das Kreuz, das sich »meldete«, denn es reagierte einfach auf eine Magie, war sie auch noch so fremd. Mit den Schwaden wurden auch fremde Gedanken gegen mich transportiert, die in mein Hirn drangen und es ausfüllten. Ich vernahm Saris Stimme. Sie sprach zu mir und lachte leise dabei.
»Kali hat dich auf ihre Liste gesetzt, ich habe dich auf meine Liste gesetzt, denn wir sind gleich. Du wirst keine Chance mehr haben, dein Leben ist beendet, du weißt es nur nicht. India House muß zu deinem Grab werden. Es wird von Kali beherrscht. Du bist mir, einer Mörderin, gefolgt, und ich folge allein ihrem Willen.«
Ich war nicht mehr weitergegangen und stand inmitten der Nebelwolke. Seltsamerweise tat sie mir nichts. Ich bekam Luft, ich konnte denken, ich war voll da — bis auf die Stimme, die mir verriet, daß auch ich unter Kalis Kontrolle stand.
Etwas Kaltes berührte mich. Ich hatte das Gefühl, von Totenfingern erfaßt worden zu sein, schüttelte mich und stellte fest, daß meine Sicht besser wurde.
Wenige Sekunden später war die Luft rein. Der Nebel schien sich in die Wände zurückgezogen zu haben.
In einen völlig normalen und auch leeren Gang schaute ich. Und natürlich in die geheimnisvolle Düsternis.
Sollte ich doch den Gang nehmen.
Ein schneller Blick über die Schulter bewies mir, daß ich mich zu sehr hatte ablenken lassen.
Urplötzlich schwebte ich in Lebensgefahr.
Die Statue war nicht nur vorgegangen, sie stand auch direkt hinter mir und griff mit vier Pranken zu…
***
Ich ließ mich so schnell fallen, als hätte man mir mit einem Schwerthieb beide Beine abgesenst. Wie es war, von der Göttin als Gefangener behandelt zu werden, hatte ich im indischen Dschungel damals erleben können. Heute wollte ich darauf verzichten.
Die vier Hände griffen zu. Sie kamen von verschiedenen Seiten und hätten mich trotz meiner für mich relativ günstigen Lage noch erwischt, aber ich blieb nicht auf der Schwelle liegen, sondern rollte mich in den Gang hinein.
So entkam ich der unmittelbaren Gefahrenzone.
Es freute mich zu sehen, wie die vier Pranken ins Leere faßten und dabei noch über den Boden scheuerten. Bevor die Statue sich weiter auf mich zubewegen konnte, war ich schon außerhalb ihrer Reichweite, hatte die Beretta gezogen und gab einen Schuß ab.
Auf das Auge hatte ich gezielt, es aber nicht getroffen. Das geweihte Silbergeschoß hackte gegen das Gestein und ließ dort eine Funkenspur auffliegen.
Mehr tat sich nicht.
Ich aber wollte diesem verdammten Haus entkommen und dachte daran, daß noch mehr Zimmer zur Verfügung standen und auch noch mehr Fenster. Alle konnte sie doch nicht unter Kontrolle haben. Bis zur nächsten Tür ging ich und riß sie auf.
Da stand das Fenster offen.
Sogar zwei Flügel besaß es, die nach innen geschlagen waren. Kalte Winterluft fuhr, wie von gewaltigen Händen geschaufelt, in den Raum und erreichte auch mein Gesicht.
Ich hatte vor, auf das Fenster zuzustürmen, als mich eine innere Stimme warnte.
Weshalb stand es offen? Das roch nach Falle. Deshalb ging ich nicht vor, trat einen Schritt zurück und packte von der Wand einen armförmigen, beschrifteten Stein, den ich in den Raum schleuderte. Er hatte kaum den Gang verlassen, als es geschah.
Etwas Blitzendes löste sich von der Decke, raste
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