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Terrorist

Terrorist

Titel: Terrorist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Updike
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Vereinigten Staaten und war erstaunt über die Rassendiskriminierung und die unverhüllte Zügellosigkeit zwischen den Geschlechtern. Er schloss daraus, das keinem Volk Gott und die Frömmigkeit so fern sind wie dem amerikanischen. Aber der Begriff j ā hiliyya, wie man den Zustand von Unwissenheit nennt, der vor Mohammed existiert hat, umfasst auch weltlich gesinnte Muslime, wodurch sie zu legitimen Attentatszielen werden.»
    «Klingt vernünftig. Ich werde ihn mal auf meine Wahllektüre-Liste setzen, falls ich das hier überlebe. Ich habe in diesem Semester einen Staatsbürgerkunde-Kurs übernommen. Ich bin es satt, den ganzen Tag in diesem alten Geräteraum zu hocken und zu versuchen, mürrische Soziopathen davon zu überzeugen, dass sie weiter zur Schule gehen sollten. Sollen sie doch abspringen, lautet meine neue Devise.»
    «Sir, leider muss ich Ihnen sagen, dass Sie es nicht überleben werden. In wenigen Minuten werde ich das Angesicht Gottes erblicken. Mein Herz fließt über vor Erwartung.»
    Auf ihrer Spur rückt der Verkehr zaghaft vor. Die Kinder in dem Fahrzeug vor ihnen sind ihre Versuche leid geworden, Ahmeds Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. Der kleine Junge, der eine rote Schildmütze und die Nachahmung eines gestreiften Hemds der Yankees trägt, hat sich zusammengerollt und ist eingedöst bei dem unaufhörlichen Stopand-Go, dem Quietschen und Schnaufen von Lastwagenbremsen in dieser gekachelten Hölle voll raffinierten Erdöls, das in Kohlenmonoxyd umgewandelt wird. Das Mädchen mit den buschigen Zöpfchen lehnt sich, einen Daumen im Mund, an ihren Bruder und starrt mit glasigen Augen zu Ahmed hinauf, nicht mehr um Anerkennung buhlend. Ahmed war drei, als sein Vater ihm den Rücken zukehrte und floh. Mit drei, hat er oft gedacht, kann ein Kind sprechen, laufen, mit drei ist es eine Person, kann betteln und trauern und bittere Tränen weinen. An all das erinnert er sich nicht.
    «Nur los. Geh doch hin zu dem Bastard», raunzt ihn Jack Levy an, der nun nicht mehr hingelümmelt, sondern aufrecht dasitzt. Die Erregung hat die kränkliche Gesichtsfarbe von seinen Wangen verscheucht. «Schau doch in Gottes verdammtes Angesicht, ich hab nichts dagegen. Was soll ich schon dagegen haben? Eine Frau, nach der ich verrückt war, hat mich abgehängt, mein Job zieht mich nur runter, Morgen für Morgen wache ich um vier auf und schlafe nicht mehr ein. Meine Frau – ach, Himmel, es ist einfach zu traurig. Da sieht sie, wie unglücklich ich bin, und gibt sich die Schuld daran, weil sie so grotesk fett geworden ist, und nun hat sie mit dieser Radikalkur angefangen, an der sie sterben kann. Sie leidet Höllenqualen, wenn sie nicht isst. Ich möchte zu ihr sagen: ‹Beth, vergiss es, was du auch machst, es wird mit uns nicht mehr so wie früher, als wir jung waren.› Nicht dass wir jemals was Besonderes gewesen wären. Wir haben manchmal gelacht, haben einander zum Lachen gebracht und die einfachen Dinge genossen, einmal in der Woche auswärts essen, einen Film anschauen, wenn wir die Energie dazu hatten, ab und zu mit einem Picknickkorb zu den Tischen oben an den Wasserfällen hinaufgehen. Das einzige Kind, das wir hatten, Mark heißt er, lebt in Albuquerque und möchte nicht an uns erinnert werden – wer kann’s ihm schon verübeln? Wir haben es mit unseren Eltern genauso gehalten – nur weg von ihnen, sie kapieren einfach nichts, sie sind peinlich . Dein Philosoph da, wie hieß er noch?»
    «Sayyid Qutub. Korrekter: Qutb. Mein früherer Lehrer Scheich Rashid hat ihn außerordentlich geschätzt.»
    «Es klingt so, als hätte er zu Amerika was Wichtiges zu sagen. Rasse, Sex – das sind die Gespenster, die uns die Luft nehmen. Wenn dein Dampf erst nachlässt, gibt dir Amerika nicht mehr viel. Nicht mal sterben lässt es dich, weil die Krankenhäuser aus Medicare so viel Geld rausquetschen, wie sie können. Die Pharmafirmen haben die Ärzte zu Ganoven gemacht. Warum sollte ich noch weiter rumhängen, bis ich durch irgendeine Krankheit zur Milchkuh für eine Gaunerbande werde? Soll doch Beth das bisschen, was ich hinterlassen kann, genießen – so sehe ich’s. Ich falle der Welt nur noch zur Last, ich nehme bloß noch Platz weg. Na los, drück schon auf deinen verdammten Knopf. Wie der Typ in einem der Flugzeuge vom elften September zu irgendwem über Handy sagte: Es wird schnell gehen.» Über den eigenen Körper hinweg streckt Jack die rechte Hand nach dem Zünder aus, und zum zweiten Mal greift Ahmed mit

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