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Test: Phantastische Erzahlungen

Test: Phantastische Erzahlungen

Titel: Test: Phantastische Erzahlungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stanislaw Lem
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zurück. Pirx hörte nichts, sah nichts. Allmählich wurde es grau um ihn, das Atmen f el ihm leichter. Er wollte die Augen aufreißen, aber sie waren – sie waren die ganze Zeit über geöf net gewesen. Nun brannten sie wie Feuer, die Lider waren trocken.
      Er setzte sich auf.
      Der Schweremesser zeigte 2 g an. Auf dem vorderen Bildschirm war nichts zu sehen, nichts als Sternenhimmel. Vom Mond keine Spur. Wo war der Mond geblieben?
      Er lag unten – unter ihm. Pirx hatte den waghalsigen Sturzf ug abgefangen, das Schif war in die Höhe geschossen und entfernte sich nun mit allmählich nachlassender Geschwindigkeit vom Erdtrabanten. In welcher Höhe war er über der Scheibe durchgerutscht? Sicherlich hatte der Höhenmesser das registriert, aber Pirx verspürte keine Lust, ihn nach Daten zu befragen. Nun erst f el ihm auf, daß das Alarmsignal verstummt war, das die ganze Zeit hindurch gebrummt hatte. Weshalb sie nur so einen Brummton gewählt haben! fragte sich Pirx. Sie hätten lieber eine Kirchenglocke an die Decke hängen sollen. Wenn schon Friedhof, dann auch richtig, mit allem Drum und Dran. Ein leises Summen ertönte – die zweite Fliege! Das Biest lebte! Sie kreiste über der Kapsel. Pirx verspürte einen ekelhaf en Geschmack im Mund – er war rauh und schmeckte nach Leder –, das Ende des Sicherheitsgurtes! Er hatte es die ganze Zeit über zwischen den Zähnen gehabt und völlig vergessen.
      Er schnallte den Gurt fest, legte die Hände auf die Hebel – die Rakete mußte auf die richtige Umlauf ahn gebracht werden. Von den beiden JO-Schif en würde er keine Spur mehr f nden, das war ihm klar, aber er mußte ans Ziel gelangen und sich bei Navigationsluna melden. Oder etwa bei Luna Hauptstation, weil er eine Havarie hatte? Weiß der Teufel! Also wieder still sitzen? Ausgeschlossen! Sie werden das Blut bemerken, wenn ich wieder unten bin … Sogar an der Decke sind rote Spritzer … Übrigens, der Registrator hat sicherlich alles, was geschehen ist, auf Band festgehalten – alles, die Tücken der Sicherung und den Kampf mit dem Notgrif . Nicht übel, diese AMUs, das muß man schon sagen … Aber man muß Humor haben, wenn man jemandem solch einen Sarg zumutet …
      Melden, melden – aber bei wem? Er beugte sich vor, lokkerte dabei den Schultergurt und grif nach der Spicke, die unter dem Sitz lag. Warum soll ich eigentlich nicht einen Blick hineinwerfen? Vielleicht nützt sie mir wenigstens jetzt irgendwie …
      Da hörte er etwas knacken – ganz so, als ginge eine Tür auf. Hinter ihm gab es keine Tür, das wußte er genau, übrigens konnte er sich nicht umdrehen, denn die Gurte hielten ihn an den Sessel gefesselt. Ein Lichtstreifen f el auf die Schirme, die Sterne darauf verblaßten, und Pirx vernahm die gedämpf e Stimme des Chefs.
      »Pilot Pirx!«
      Er wollte aufspringen, aber die Gurte hielten ihn fest. Er f el zurück, glaubte wahnsinnig zu sein. Im Gang zwischen der Wand des Steuerraums und der gläsernen Hülle erschien der Chef. Er stand vor ihm in seiner ganzen Uniform, sah ihn mit grauen Augen an – und lächelte. Pirx wußte nicht, wie ihm geschah.
      Die gläserne Kapsel hob sich. Pirx begann instinktiv die Gurte zu lösen und stand auf. Die Schirme hinter dem Rükken des Chefs waren plötzlich wie weggeblasen.
      »Recht so, Pilot Pirx«, sagte der Chef. »Bemerkenswert.«
      Pirx wußte immer noch nicht, wie ihm geschah. Er stand stumm vor seinem Chef und machte etwas schrecklich Unvorschrif smäßiges – er streckte den Kopf zur Seite, soweit der halb aufgeblasene Kragen das zuließ.
      Der ganze Gang mit der Klappe war beiseite geschoben – als sei die Rakete an dieser Stelle auseinandergebrochen. Prix erkannte im Abendlicht die Gangway der Halle, die Menschen, die darauf standen, die Seile, die Gitter … Er starrte den Chef mit halbof enem Mund an.
      »Komm, Junge«, sagte der. Langsam streckte er ihm die Hand entgegen. Pirx ergrif sie und fühlte, daß der Händedruck sich verstärkte. »Ich drücke dir im Namen aller meine Anerkennung aus, und in meinem eigenen Namen bitte ich dich um Verzeihung. Das … das muß so sein. Jetzt komm mit. Kannst dich bei mir waschen.«
      Er ging auf den Ausgang zu. Pirx folgte ihm, stakste schwer und unbeholfen. Draußen war es kühl, ein schwacher Wind wehte, er f el in die Halle durch den Teil der Decke, der weggeschoben war. Beide Projektile standen an der gleichen Stelle wie zuvor – nur ein paar dicke

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