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Test: Phantastische Erzahlungen

Test: Phantastische Erzahlungen

Titel: Test: Phantastische Erzahlungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stanislaw Lem
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er schwieg, desto peinlicher erschien ihm die Situation. In seinem Kopf herrschte eine Leere, die sich nur insoweit vom kosmischen Vakuum unterschied, als sie von verzweifeltem Bemühen ausgefüllt war. Im letzten Augenblick kamen ihm mehrere Einfälle auf einmal, sie durchfuhren ihn wie Meteore. Er wollte sich mit ihr verabreden, wollte sie küssen, wollte – er hatte das irgendwo gelesen – ihre Hände drücken, zärtlich, gefühlvoll, zugleich aber leidenschaf lich und sinnlich … Aber daraus wurde nichts. Er küßte sie nicht, verabredete sich nicht mit ihr, reichte ihr auch nicht die Hand … Ach, wenn es wenigstens dabei geblieben wäre! Als sie ihm nämlich mit ihrer angenehm kehligen Stimme »Gute Nacht« wünschte, sich abwandte und die Türklinke ergrif , erwachte in ihm der Teufel. Möglich, daß er ihre Ironie spürte, möglich, daß er sich diese Ironie nur einbildete – jedenfalls … Als sie sich umwandte, gelassen, selbstbewußt und königlich, wie es sich bei hübschen Mädchen von selbst versteht …
      … nun gut, als sie sich umwandte, hatte er ihr diesen Klaps aufs Gesäß gegeben, einen recht derben Klaps, nebenbei bemerkt. Was dann kam, ging rasend schnell. Sie stieß einen kleinen Schrei aus vor Überraschung, und er, er machte kehrt und nahm Reißaus, als sei ihm jemand auf den Fersen. Tags darauf pirschte er sich an Matters heran wie an eine Zeitzünderbombe, aber der Freund wußte überhaupt nichts von dem Vorfall.
      Pirx hätte nicht sagen können, wie es dazu gekommen war. Er hatte sich halt nichts dabei gedacht – das war ihm leider schon immer leichtgefallen. Aber handelte so ein »rechtschaf ener Mann«?
      Er war sich nicht ganz sicher, aber er befürchtete, daß es wohl an dem sein müsse. Nach der Geschichte mit Matters’ Schwester – er mied das Mädchen fortan wie der Teufel das Weihwasser – hörte er auf, Grimassen vor dem Spiegel zu schneiden. Es war ihm peinlich, wenn er daran dachte, wie er mit zwei Spiegeln herumhantiert hatte, um sein Prof l zu begutachten. Über die Lächerlichkeit solch äf scher Grimassen war er sich im klaren, andererseits hatte er aber gar nicht nach Schönheit gesucht, sondern nach Charakter – nach Charakter, jawohl! Er las nämlich Conrad, und wenn er mit vor Eifer geröteten Wangen an das große Schweigen der Milchstraße dachte, an einsame Tapferkeit – da drängte sich ihm jedesmal die gleiche Frage auf: Kann man sich einen Helden der ewigen Nacht, einen kühnen Einzelgänger mit solch einem Gesicht vorstellen? Kann man das? Die Zweifel blieben, aber mit dem Grimassenschneiden machte er ein für allemal Schluß und bewies sich selbst damit, wie hart und unerschütterlich sein Wille sein konnte.
      All diese Sorgen verblaßten jedoch, als die Prüfung bei Professor Merinus heranrückte, der auch Merynos genannt wurde. Angst vor Merynos hatte er nicht, er war überhaupt erst dreimal zum Gebäude des Instituts für Astrognosie gegangen, im Gegensatz zu den anderen Studenten, die sich vor den Saaltüren drängten und den Prüf ingen auf auerten. Sie taten dies nicht, um ihre Kameraden zu beglück wünschen, sondern um zu erfahren, welche neuen tükkischen Fragen sich der »bösartige Hammel« ausgedacht habe – auch so wurde der grausame Professor genannt. Dieser Greis, der noch nie im Leben den Fuß auf den Mond gesetzt oder eine Rakete betreten hatte, wußte einfach alles. Er kannte kraf theoretischen Allwissens jeden Stein sämtlicher Krater des Meeres der Regen, kannte die Felsenrükken der Planetoiden und die unzugänglichsten Gef lde der Jupitermonde. Man erzählte sich, daß er umfassend über Meteore und Kometen informiert sei, deren Entdeckung bevorstehe – möglicherweise erst in tausend Jahren. Diese Fähigkeit verdankte er seiner Lieblingsbeschäf igung, der Perturbationsanalyse der himmlischen Körper. Gestützt auf sein umfassendes Wissen, reagierte er boshaf und geringschätzig auf die dürf igen Kenntnisse der Studenten.
      Pirx aber fürchtete sich nicht vor Merynos, denn er glaubte, den Schlüssel zum Erfolg gefunden zu haben. Der Alte, so wußte er, bediente sich einer eigenen Terminologie, die außer ihm niemand in den Fachschrif en benutzte. Von seinem angeborenen Scharfsinn geleitet, bestellte sich Pirx in der Bibliothek alle wissenschaf lichen Aufsätze des Giganten und – nein, nein, daß er sie nicht las, versteht sich von selbst. Er blätterte sie nur durch, schrieb sich etwa zweihundert dieser

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