Testament liegt im Handschuhfach: Unterwegs mit der Mitfahrzentrale (German Edition)
ziehen wollen. Allein ein Besichtigungstermin ist schon ein Erfolg. Seit einer Woche suchen sie im Internet nach Drei-Zimmer-Wohnungen, aber erst heute hat der erste Vermieter ihnen einen Besichtigungstermin genannt. Morgen Nachmittag um 16 Uhr.
Da müssen sie unbedingt hin. Also beschließen sie, am nächsten Morgen um 10 Uhr in Karlsruhe loszufahren. Damit die Benzinkosten sinken, bietet Leon die Fahrt bei der Mitfahrzentrale an. Doch niemand meldet sich. Schließlich gehen die beiden Jungs pennen. Um 23 Uhr läutet Max’ Handy. Ein Fritz.
»Hey du, Ihr fahrt doch von Karlsruhe nach München?«
»Äh, ja.« Max braucht einen Moment, bis er wieder voll da ist. Er war schon eingeschlafen. »Willst mitfahren?«
»Nee, nee. Fahrt ihr über Baden-Baden?«
»Wie? Über Baden-Baden?« Das liegt nun wirklich nicht auf dem Weg. Von Karlsruhe werden die beiden direkt nach Osten auf der A8 Richtung München fahren. Baden-Baden ist 40 Kilometer südlich von Karlsruhe auf der A5. Was für ein Umweg.
»Klar könnt Ihr über Baden-Baden fahren!«
»Äh, nein, wir fahren nicht über Baden-Baden. Das ist ein krasser Umweg.«
»Doch, weil mein Laptop ist in Baden-Baden.«
»Ja und? Du willst jetzt mit uns nach Baden-Baden fahren und deinen Laptop holen?« Max ist verwirrt. Er rafft nicht, was der Anrufer von ihm will.
»Nein, ich will, dass du mir meinen Laptop aus Baden-Baden mitbringst.«
»Ja, aber wir fahren doch nicht nach Baden-Baden, sondern von Karlsruhe nach München.«
»Stopp. Noch mal von vorne.« Der Anrufer merkt, dass Max überhaupt nichts kapiert. »Ich bin in München, mein Laptop ist in Baden-Baden, und du bist in Karlsruhe. Richtig?«
»Richtig. Das heißt, du willst gar nicht mitfahren?« So langsam begreift Max.
»Richtig. Aber könntet ihr eventuell meinen Laptop von Baden-Baden mit nach München bringen?«
»Wieso das denn?« ›Will der Typ mich verarschen? Wieso soll ich denn jetzt einen Umweg von 80 Kilometer machen, bloß um dem Typen einen Laptop zu holen?‹ Max ist sehr skeptisch.
»Ja nee, ich würde dich auch dafür bezahlen. Dann treffen wir uns in München und du gibst mir den Laptop.«
Max ist unschlüssig. »Du vertraust mir, dass ich den Laptop nicht selber einstecke, sondern ihn dir nach München fahre? Und überhaupt, wie kann ich denn sicher sein, dass es überhaupt ein Laptop ist und nicht irgendwelche Drogen?« Ihm ist die Sache nicht ganz geheuer.
»Wenn du die Laptop-Tasche öffnest, siehst du gleich, dass da ein gebrauchter Rechner drin ist. Keine Drogen oder irgendwelche Schmuggler-Ware. Ich brauche den Laptop dringend zum Arbeiten. Ich geb dir 100 Euro dafür.«
100 Euro! Von einem Mitfahrer bekommen Max und Leon sonst 15 Euro von Karlsruhe nach München. Dabei will Fritz gar nicht selbst mitfahren, sondern nur einen Computer haben. Und dafür einen Hunderter zahlen. Max rennt aus seinem Zimmer und weckt Leon. Er erzählt ihm von den 100 Euro, Leon ist sofort einverstanden. Dann sagt er Fritz zu.
Mindestens eine Stunde werden sie für die Fahrt nach Baden-Baden und zurück brauchen, rechnen Leon und Max. Dann müssen sie auch noch den Ort finden, an dem sich der Laptop befindet. Deshalb starten sie am nächsten Morgen schon um acht, zwei Stunden früher als geplant. Am Telefon hat Fritz gesagt, dass sie den Laptop am Flughafen abholen sollen. Doch der Computer wartet nicht direkt am Terminal, sondern an einer Imbissbude. Die wiederum steht an einer Rennstrecke, die sich neben dem eigentlichen Flughafen-Gelände befindet.
Den Kurs hat Fritz zwei Tage vorher gemietet, um ein Rennen für Motorradfahrer auszutragen. Solche Rennen auf Strecken in ganz Europa zu organisieren, ist sein Job. Nach dem Rennen packt er zusammen und reist los zum nächsten Event. Mit ihm sein Laptop, in dem er sämtliche Daten der Teilnehmer oder andere Geschäftskontakte hat. Dumm nur, dass er den Computer einfach stehen gelassen hat, als er gestern nach München zurück gefahren ist. Vor allem, weil er morgen die nächste Veranstaltung hat …
Aber Fritz hat Glück. Denn Gunnar, der die Imbissbude an der Strecke betreibt, hat den Rechner gefunden – und Fritz sofort verständigt. Jetzt muss der Computer nur noch von Baden-Baden nach München. Doch anstatt ihn sich per Express für mehrere hundert Euro schicken zu lassen, fällt Fritz etwas Besseres ein: die Mitfahrgelegenheit. Da fahren meistens junge, arme Kerle mit. Die freuen sich über 100 Euro – und er selbst spart sich auch
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