Teufel - Thriller
außer Atem. »Es tut mir leid, der Verkehr, Sie wissen ja …«
Der Mann im schwarzen Anzug nickte ungeduldig. »Schon gut. Haben Sie irgendwo Bertani und Scaglietti gesehen? Sie haben weder angerufen, dass sie später kommen, noch sich entschuldigt.«
»Warten wir noch ein paar Minuten, dann werden wir sicherlich das Vergnügen mit Pro Deo haben«, feixte Montesolo, ließ sich in einen der Sessel um den großen Besprechungstisch fallen und wischte sich den Schweiß von der Stirn.
»Unsere Freunde und Investoren werden zu Recht unruhig«, meinte Borgogno schlecht gelaunt. »Wir sind noch immer keinen Schritt näher an das Archiv herangekommen, die Österreicher sind verstimmt, und die drohende Kontrolle der Konten und Geldbewegungen durch die neu eingesetzte Bankenaufsicht der Kurie steht unmittelbar bevor.« Er wandte sich zu Montesolo. »Das wäre fatal. Ich habe die Summen zusammengerechnet. Allein in den letzten drei Wochen sind über Konten des IOR Überweisungen in der Höhe von 824 Millionen Euro getätigt worden, der Großteil davon anonym. Das kann uns das Genick brechen. Entweder wir können dieses Archiv als Druckmittel einsetzen oder wir haben verspielt.«
Doch auch eine halbe Stunde später waren Bertani und Scaglietti noch nicht eingetroffen. Alle Versuche Borgognos, sie zu erreichen, schlugen fehl. Niemand hob das Telefon ab.
Schließlich resignierte er und verließ gemeinsam mit Kardinal Montesolo das Collegium Russicum.
»Kommen Sie, ich nehme Sie in meinem Wagen mit«, lud er niedergeschlagen den Geistlichen ein. »Wir müssen so rasch wie möglich eine Lösung finden. Die Zeit ist fast abgelaufen.«
»Wie schön, wie schön, dann erspare ich mir das Taxi«, strahlte der Kardinal unbeeindruckt. »Können Sie mich am Vatikan absetzen? Ich sollte noch ein wenig Präsenz zeigen.«
Der neue, schwarze Mercedes stand im Halteverbot. Borgogno sah sich nach seinem Chauffeur um, konnte ihn aber nirgends entdecken. »Dieser Weiberheld sitzt wieder in einer Bar und flirtet mit der Kellnerin«, stellte der Bankmanager schlecht gelaunt fest. Er beugte sich vor und blickte durch die Scheibe. Der Schlüssel steckte im Zündschloss.
»Selber schuld, dann kann er zu Fuß zur Bank zurücklaufen«, murmelte Borgogno, öffnete die Tür und gab Montesolo das Zeichen, einzusteigen. Dann startete er die schwere Limousine, ließ die Basilika Santa Maria Maggiore links liegen und bog in die Piazza Dell’ Esquilino ein.
Ströme von Touristen ergossen sich über den Platz. Borgogno hupte ungeduldig, als sich einige Nachzügler einer Reisegruppe nicht schnell genug vor dem beschleunigenden Mercedes auf den Bürgersteig in Sicherheit bringen konnten.
Ein rot glühender Feuerball schien die Limousine zu verschlingen, als die beiden Sprengstoffpakete unter dem Fahrer- und Beifahrersitz durch den Hupenkontakt gezündet wurden. Der Mercedes wurde durch die ungeheure Wucht der Explosion in die Luft geschleudert und zerbarst in mehrere Teile. Der Lärm der Detonation wälzte sich wie eine massive Schallwand durch die Gassen und über den Platz. Der Luftdruck fegte Menschen von den Füßen und ließ Scheiben und Auslagen zersplittern.
»Bomba!«, schrie jemand. »Terroristi!«
Dann brach Panik aus.
Die beiden Insassen des Wagens wurden durch die Wucht der Explosion in so kleine Stücke zerrissen, dass eine Identifizierung durch die Kriminalisten nur mehr über Teile der Finger möglich war.
Die Särge, die einige Tage später bei Feiern im kleinen Familienkreis bestattet wurden, waren mit Sand und Steinen gefüllt.
Epilog II I
P aul Wagner stand unerschütterlich in den schwarzen Wolken von Dieselabgasen, die der schwere Bagger mit einem wütenden Brüllen immer wieder ausstieß. Um nichts in der Welt wäre er auch nur einen Meter zurückgewichen.
Er hob den Kopf. Die weiße Kirche von Unterretzbach thronte unbeeindruckt über ihnen und leuchtete in der Morgensonne.
Die Arbeiten waren nun seit einer Stunde im Gange. Der Bürgermeister des Ortes hatte grünes Licht gegeben, nachdem ihm der Reporter die Geschichte erzählt und das kleine Bild gezeigt hatte, das jahrelang unbeachtet im Tanzsaal des Gasthauses gehangen war. Es zeigte die Kirche und den Hügel, die Kellereingänge und die niedrigen Häuser, die sich an den Hang schmiegten. Die Perspektive war zwar etwas verzerrt, aber eines war ganz eindeutig zu erkennen: Neben dem Kulturkeller, den die Gemeinde vor einem Jahrzehnt in einem der verlassenen Keller
Weitere Kostenlose Bücher