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Teufelsengel

Teufelsengel

Titel: Teufelsengel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monika Feth
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wiedergutmachen können. Er würde sie dafür bestrafen. Doch daran wollte sie im Augenblick nicht denken.
    Alles hier war ihr wohltuend vertraut. Sie hielt sich gern in den Räumen der Uni auf. Es roch nach Büchern, nach Wissen, nach Menschen, denen beides wichtig war.
    Die Bücher …
    Pia hatte nicht gewusst, dass man sich nach Büchern sehnen konnte. Dass allein ihr Anblick sie einmal so glücklich machen würde.
    Als sie sich für Philosophie als Studienfach entschieden hatte, waren ihre Eltern nicht gerade begeistert gewesen. Sie hatten sich Sorgen gemacht und sich gefragt, ob ihre Tochter in der heutigen Zeit, in der alles so schwierig geworden war, mit diesem Studienfach einen Beruf finden würde.
    Pia hatte ihnen zuliebe noch Geschichte dazugenommen. Das hatte die Eltern beruhigt. Mit Philosophie und Geschichte zusammen konnte sie wenigstens Lehrerin werden.
    An ihre Zukunft hatte Pia noch keinen Gedanken verschwendet. Das alles würde sich fügen, davon war sie überzeugt. Wichtig war das Hier. Das Jetzt.
    Und jetzt fand sie es faszinierend, ihre Tage mit Denken zu verbringen. Denn genau das war Philosophie.
    Die Gestalt und das Wesen der Dinge zu begreifen suchen.
    Fragen stellen.
    Antworten finden.
    Sie fühlte, wie sehr sie das vermisst hatte in den letzten Wochen im Kloster. Als hätte man eines ihrer Organe entfernt, ohne das sie allenfalls dahinvegetieren, jedoch nicht l eben konnte.
    Pia machte auf dem Absatz kehrt und verließ die Uni fluchtartig. Es tat zu weh, hier zu sein und sich von allem abgeschnitten zu fühlen.
    Es war kalt und ungemütlich. Schon nach wenigen Minuten spürte sie ihre Zehen kaum noch. Der Mittelfinger ihrer rechten Hand war weiß und taub, wie abgestorben.
    Leichenfinger, dachte sie.
    Manchmal passte alles zusammen.
    Sie schob die Hände in die Ärmel ihrer Jacke und lief weiter. Immer geradeaus. Immer ihrem weißen Atem nach.
    Als hätte sie ein Ziel.
     
    Romy hatte den Artikel über die Pressekonferenz geschrieben und legte ihn Greg vor. Der überflog ihn und nickte zufrieden.
    »Du lernst schnell«, sagte er. »Nichts daran auszusetzen.«
    Ihm fiel kein Zacken aus der Krone, wenn er mal ein Lob aussprach. Romy mochte das an ihm. Sie mochte fast alles an Greg. Sie hatten eine gemeinsame Ebene, auf der sie gut miteinander auskamen.
    Diese Ebene hieß Intuition.
    Sie erahnten oft, was der andere dachte. Manchmal sprachen sie denselben Gedanken gleichzeitig aus. Da fiel es kaum ins Gewicht, dass mehr als zwanzig Jahre zwischen ihnen lagen. Greg war geistig so jung, dass man sein Alter überhaupt nicht spürte.
    »Wie hat dir Bert Melzig gefallen?«, fragte Greg, der schon mehrmals mit dem neuen Kommissar zu tun gehabt hatte.
    »Er redet anders als seine Kollegen, nicht in diesen ewigen platten … äh …«
    »Worthülsen?«, kam Greg ihr zu Hilfe.
    »Genau. Er kommt mir wie ein … ein Anwalt der Mordopfer vor. Als wollte er ihnen den Seelenfrieden zurückgeben, indem er ihre Mörder überführt.«
    Greg lächelte zu ihren Worten, und Romy wusste, er empfand ähnlich wie sie.
    »Aber er scheint die Presse nicht zu mögen«, fuhr sie fort. »Er ist ziemlich zugeknöpft, geht mit einigen fast schon ruppig um.«
    »Magst du die Presse denn?« Greg lehnte sich in seinem knarrenden Ledersessel zurück und schlug die Beine übereinander. »Ich meine unsere lieben Kollegen da draußen. Du hast sie ja schon mehrmals in Aktion erlebt.«
    »Sie kommen mir manchmal vor wie eine Hundemeute bei der Fuchsjagd«, sagte Romy, die Fuchsjagden nur aus den alten Agatha-Christie-Filmen kannte. »Für eine gute Geschichte würden sie glatt ihre Seele verkaufen.«
    Greg nickte. Es gab einen unausgesprochenen Ehrenkodex beim KölnJournal. Man tat seine Arbeit so professionell und so anständig wie möglich. Man hielt sich an die Wahrheit, respektierte seine Informanten und ging für eine Sensationsmeldung nicht über Leichen. Wer dagegen verstieß, hielt sich nicht lange in dieser Redaktion.
    »Wie haben sie dich behandelt?«, fragte Greg.
    »Sie lassen mich nicht mitspielen, belächeln meine Fragen und zerreißen sich das Maul darüber, dass du mir tatsächlich schon Termine anvertraust.«
    »Nur so lernst du dein Handwerk.«
    Romy stieß sich von der Schreibtischkante ab, gegen die sie sich gelehnt hatte, nahm ihren Artikel und winkte Greg von der Tür aus noch einmal zu.
    Normalerweise unterhielt sie sich gern mit ihm. Aber heute hatte sie noch alle Hände voll zu tun. Sie hatte die

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