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Teufelsengel

Teufelsengel

Titel: Teufelsengel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monika Feth
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solchen am Handgelenk, innen, genau über dem Puls.
    Aber ich habe die Adresse des Toten herausgefunden …  Die Redaktion hatte sich schon geleert. Einzig Greg harrte noch an seinem Schreibtisch aus und telefonierte. Romy konnte ihn durch die Glasscheibe, die sein Büro begrenzte, sehen. Es war beruhigend, ihn dort zu wissen. Greg war zu einem stabilen Element in ihrem Leben geworden, eine Funktion, die ihr Vater nie ausfüllen wollte. Oder konnte.
    Romy plinkerte die Tränen weg, die ihr in die Augen gestiegen waren. Das fehlte noch, dass sie hier saß und flennte. Es würde ihren schönen, innerhalb eines halben Jahrs mühsam erworbenen Ruf als jemand, der vor gar nichts Angst hatte und sich an jedes Thema wagte, mit einem Schlag ruinieren.
    Ein kleines Lächeln stahl sich auf Romys Gesicht, arbeitete sich von ihren Mundwinkeln bis zu ihren Augen vor und vertiefte sich. Im Grunde war sie rettungslos optimistisch. Gleichgültig, wie mies sie sich fühlte - im nächsten Augenblick kam sie wieder auf die Füße, bereit, die Welt aus den Angeln zu heben.
    Ihr Magen knurrte. Sie hatte den ganzen Tag über vollkommen vergessen, etwas zu sich zu nehmen. Das rächte sich jetzt. Ihr war vor Hunger fast schlecht.
    Sie gähnte und streckte sich, dass ihre Gelenke knackten. Es hörte sich an, als wäre sie mindestens sechzig. Sie fuhr den Laptop herunter und packte ihre Sachen zusammen.
    Ihr Schreibtisch stand in einer Ecke des Raums. Das hatte den Vorteil, dass sie von ihrem Platz aus alles überblicken konnte. Es hatte den weiteren Vorteil, dass sie selbst in dem Gewirr an Schreibtischen, technischen Geräten und Papier oft übersehen wurde.
    Sie sehnte sich nach einem eigenen Büro. Und wenn es bloß ein winziger, fensterloser Verschlag wäre. Das ewige Rein und Raus und Hin und Her, das ständige Telefonklingeln, die vielen Stimmen, die Computergeräusche und das  Rattern der Faxgeräte machten sie verrückt. Wie sollte man da einen klaren Gedanken fassen?
    Sie wusste, dass sie lernen musste, im dicksten Trubel die Nerven zu behalten und sich zu konzentrieren. Und manchmal gelang es ihr ja auch. Aber sie hatte diese Fähigkeit noch nicht so weit ausgebildet, dass sie sich darauf verlassen konnte.
    Im Hinausgehen warf sie Greg eine Kusshand zu. Er grinste nicht, wie er das sonst immer tat, sondern winkte sie zu sich herein. Seufzend folgte Romy seiner Aufforderung.
    Als sie sein Büro betrat, legte er gerade den Hörer auf.
    »Gibt’s was Neues?«, erkundigte er sich.
    Romy schüttelte den Kopf.
    »Das heißt?«
    »Dass ich recherchiere.«
    »Im Fall des Toten aus dem Fühlinger See?«
    »Ja.«
    »Schon weitergekommen?«
    Er war hartnäckig heute. Normalerweise ließ er sie in Ruhe, wenn sie auf seine Fragen wortkarg reagierte.
    »Nichts, was sich zu erzählen lohnte.«
    Greg legte den Kopf schief. Dunkle Bartstoppeln schimmerten auf seinem Kinn und seinen Wangen. Seine Augenlider waren rot, wie entzündet. Er musste sehr müde sein. Vielleicht hatte er am Abend zuvor auch zu viel getrunken.
    Romy vermutete, dass er ein Alkoholproblem hatte. Sie hatte Greg zwar noch nie betrunken erlebt, doch genau das war bei den Mengen, die er trank, verdächtig.
    Vielleicht war er einsam. Er lebte allein.
    »Ich bin ein Wolf«, hatte er Romy einmal anvertraut. »Ich brauche Weite und Stille.«
    Dabei lebten Wölfe doch im Rudel. Aber das hatte Romy für sich behalten.
    Greg war zweiundvierzig Jahre alt. Genau so alt wie ihr Vater.
    Aber er war für sie da.
    Er betrachtete sie mit einem letzten forschenden Blick und machte dann eine beiläufige Handbewegung. »Hau schon ab!«
    Das ließ Romy sich nicht zweimal sagen.
    Auf dem Weg nach draußen wählte sie Cals Nummer. »Hallo, Süßer«, sprach sie auf seine Mailbox. »Ich komme jetzt nach Hause. Du hast nicht zufällig was gekocht? Ich hab einen Bärenhunger.«
    Cal kochte nicht nur gut, sondern sogar gern. Seine Mitbewohnerinnen Tonja und Helen wussten das zu schätzen. Und Romy ebenfalls.
    Der Abend war dunkel und kalt. Romy, deren Körper noch die Wärme in den Räumen der Redaktion gespeichert hatte, fing an zu frieren. Jeder einzelne Muskel spannte sich an. Selbst ihre Kiefer verkrampften sich.
    Schnatternd umrundete sie vereiste Pfützen und zusammengekehrte Blätterhaufen, wich schattenhaften Fahrradfahrern und einem einsamen Jogger aus und überholte Fußgänger, die sich tief in ihre Mäntel und Schals verkrochen hatten.
    Zwei Nonnen kamen ihr entgegen, die Finger in

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