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Teufelsengel

Teufelsengel

Titel: Teufelsengel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monika Feth
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aufraffen, das Licht zu löschen. Im Dunkeln fraßen ihre Gedanken sie auf. Da verwandelten sie sich in Ungeheuer der Nacht, vor denen nichts sicher war.
    Nur das Licht hielt sie zurück.
    Es war sanft. Und gut. Manchmal schlief Pia sogar dabei ein.
    Doch bestimmt gehörte Energieverschwendung ebenfalls zu dem falschen Luxus, dem man abschwören musste.
    Pia wollte nicht grübeln. Dann würde sie überhaupt keinen Schlaf mehr finden. Vorsichtig ließ sie die Gedanken treiben.
    Sie alle kannten die Geschichte. Wie das Kloster aufgelöst werden sollte, um die Kirche zum Verkauf anbieten zu können.
    »Das Bistum beschloss, die Ordensbrüder auf unterschiedliche Klöster zu verteilen«, erzählte Vero manchmal, wenn Gäste da waren, die sich für die Gemeinschaft interessierten. »Es wurde keine Rücksicht darauf genommen, dass die Mönche sich im Kloster heimisch fühlten und dass Freundschaften zwischen ihnen entstanden waren. Die Entscheidung fiel am runden Tisch. Einfach so. Ohne ein einziges Gespräch mit den Betroffenen.«
    Vero war darüber schrecklich in Zorn geraten.
    Seine noch ziemlich überschaubare, jedoch gut betuchte Gruppe der Getreuen hatte Kirche und Kloster erworben, und Vero hatte unter seinen Mitbrüdern zwölf bestimmt, die bei ihm bleiben sollten.
    Sie wurden seine Jünger.
    Wie in der Bibel.
    Auf diese Weise war die Bruderschaft entstanden.
    Die zwölf Mönche lebten weiterhin im Kloster. Vero jedoch, um dem Herrn so nah wie möglich zu sein, baute sich einige Räume im Seitenschiff der Kirche aus.
    »Ich schütze das Haus des Herrn mit meinem Leben«, sagte er gern, und die Gäste betrachteten ihn mit leuchtenden Augen.
    So, wie Pia ihn auch einmal angeschaut hatte.
    Vor einer halben Ewigkeit (so kam es ihr vor). Als Vero sie unter allen anderen auserwählt hatte. Um sie auf eine Zukunft vorzubereiten, in der sie eine große Verantwortung übernehmen sollte.
    »Du wirst mich in die Schlacht begleiten«, hatte er ihr erklärt. »Du wirst an meiner Seite kämpfen, dem Wort des Herrn Respekt verschaffen und sein Reich vorbereiten. Schon bald wird unsere Kirche die einzige sein.«
    Die einzige?
    Pia hatte ihn nicht verstanden, aber Vero war nicht deutlicher geworden.
    »Lerne, dulde und gehorche«, hatte er verlangt.
    Und sie zum Stillschweigen verpflichtet.
    Schon bald hatte sie zum inneren Kreis der Getreuen gehört, und sie war stolz darauf gewesen, obwohl es Sünde war, Stolz zu empfinden.
    Der innere Kreis bestand aus etwa zwanzig Personen, von denen einige wenige fest in einem abgelegenen Trakt des Gästehauses lebten und wechselnde Aufgaben erfüllten. Pia hatte keine Ahnung, ob es unter ihnen noch andere gab, die Vero auserwählt hatte. Sie nahm es an, war sich aber nicht sicher.
    Das Klostergelände mit seinen zahlreichen Gebäuden bot bequem Platz für die Ordensbrüder, die im Haupthaus wohnten, und für etwa hundert Gäste. Die Mitglieder des inneren Zirkels waren für Haus und Küche zuständig, pflegten den Park und den Garten und gingen den Brüdern bei der Organisation und dem Ablauf der Seminare und Tagungen zur Hand.
    Sie erledigten ihre Arbeit gewissenhaft und unauffällig und mieden den näheren Kontakt zu den Gästen.
    Der innere Kreis ist da, aber man bemerkt ihn nicht. Er ist das unsichtbare Grundgerüst, auf dem die ganze Gemeinschaft ruht.
    Die Gemeinschaft selbst war inzwischen zu sehr gewachsen und zu weit verstreut, um noch räumlich an das Kloster  gebunden zu sein. Die Mitglieder, die in der Nähe lebten, besuchten bisweilen den Gottesdienst, andere reisten hin und wieder für ein paar Tage an, um Ruhe zu finden. Doch meistens waren es fremde Gäste, die an den Tagungen teilnahmen, ein stilles Wochenende im Gebet hier verbringen wollten oder einfach nur das Bedürfnis hatten, sich einen Eindruck von der Gemeinschaft der Getreuen zu verschaffen.
    Was den aus den Ordensbrüdern bestehenden Kern, den inneren Kreis und die Gemeinschaft selbst miteinander verband, war der gemeinsame Glaube und ihre Hingabe an Vero und seine Lehre.
    Doch da gab es Pia, die Widerborstige. Die Aufrührerische. Die Unbelehrbare.
    Pia, die gezähmt werden musste.
    Der Stachel im Fleisch der Gemeinschaft.
    Das Eitergeschwür.
    Pia, in deren Bekehrung Vero seine ganze Hoffnung gesetzt hatte.
    Sie würde gern alles tun, um ihn nicht zu enttäuschen. Aber sie konnte nicht aufhören zu fragen.
    Warum wollte Gott Demut?
    Warum wollte er, dass ein Mensch in seinem Glauben sich selbst aufgab?
    Warum

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