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Teufelsengel

Teufelsengel

Titel: Teufelsengel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monika Feth
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sich Bruder Darius ein. »Wir müssen unsere Anstrengungen verdoppeln und verdreifachen.«
    Bruder Darius war ein Kriecher. Seine Schleimspur führte vom Kloster aus direkt vor die Pforte des Himmelreichs, wo er sich eine angemessene Vergeltung seiner guten Taten erhoffte. Er schlug sich immer auf die Seite des Starken.
    In jeder Gruppe, hatte Vero festgestellt, gab es einen, der niemals eine eigene Meinung äußerte, sondern sich feige darauf beschränkte, die Äußerungen der andern unverbindlich zusammenzufassen. Der jedoch so tat, als habe er damit etwas unerhört Neues zu der Diskussion beigetragen.
    So einer war Bruder Darius.
    Er war Vero schon länger ein Dorn im Auge. Am liebsten hätte er sich seiner entledigt, doch ihm war bewusst, dass es Seilschaften unter den Mitbrüdern gab, an denen man besser nicht rührte. Aus einer winzigen Unzufriedenheit konnte rasch eine Palastrevolution erwachsen.
    Die konnte er nun wirklich nicht brauchen. Es reichte schon, wenn es Unruheherde innerhalb der Gemeinschaft gab. Auf seine Mitbrüder, auf jeden einzelnen von ihnen, musste er sich hundertprozentig verlassen können.
    Bruder Matteo ergriff jetzt das Wort, ohne auf Bruder Darius einzugehen. Er war für die Finanzen zuständig.
    »Die Haupteinnahmen fließen doch von unseren Mitgliedern herein«, sagte er. »Da könnten wir noch viel mehr herausholen.«
    Als ginge es hier um Geld! Davon hatten sie wahrlich genug. Sie hatten schon einige ihrer verstorbenen Mitglieder beerbt und inzwischen ein beträchtliches Vermögen angehäuft. Es ging um ganz andere Dinge, und die Kurzsichtigkeit seiner Mitbrüder enttäuschte Vero über die Maßen.
    »Geld ist nützlich«, sagte er. »Es verschafft uns Möglichkeiten zur Einflussnahme. Es hält uns den Rücken frei und gewährt uns die Zeit, die wir brauchen, um unsere Vision zu realisieren.«
    Er erhob sich und ließ seinen Blick bedeutungsvoll über die ihm zugewandten Gesichter schweifen.
    »Aber hauptsächlich geht es doch um die Kirche Christi. Den Willen des Herrn. Wir haben eine Aufgabe und müssen sie erfüllen. Vergesst das nicht, meine Brüder. Wir müssen neue Mitstreiter rekrutieren für unseren gemeinsamen Kampf, und jeder Gast ist ein potentielles neues Mitglied unserer Gemeinschaft.«
    Einige senkten beschämt den Kopf. Andere wichen seinem Blick verlegen aus. Und dann gab es welche, in deren Augen er ihn aufflackern sah, den Idealismus, den sie brauchten wie das täglich Brot.
    »Wir werden unsere Kirche wieder stark machen«, versprach er. »Wir werden sie von jeglichem Firlefanz befreien und zu ihrem eigentlichen Kern vordringen. Dem Glauben. Wir brauchen diesen aufgeblähten Apparat nicht, die Machtspiele der Kardinäle, die Eitelkeit der Erzbischöfe.«
    Die Brüder nickten.
    »Wir brauchen unseren Glauben und unsere Demut. Wir dienen dem Herrn und wollen die Welt besser machen. Und um das zu erreichen, müssen wir die falschen Werte sprengen.«
    Langsam, dachte Vero. Er musste sich bremsen. Selbst  seine Brüder waren noch nicht reif für das wahre Ausmaß seiner Vision.
    Für ihre ganze Schönheit und ihre Erhabenheit.
    Sie waren noch weit davon entfernt, echte Gotteskrieger zu sein, die für ein radikal fundamentalistisches Christentum sogar ihr Leben wagten.
    Sein Blick fiel auf die gegenüberliegende Wand. Sie war mit einem riesigen Wandgemälde bedeckt. Dem Abendmahl. Einer getreuen Kopie des Meisterwerks von Leonardo da Vinci.
    Nur die Köpfe waren verändert worden.
    Das Bild zeigte nicht Jesus, sondern Vero und seine Jünger.
    Vero lächelte. Er streckte den Arm aus und deutete auf die Wand.
    »Das sind wir, meine Brüder. Und wir befinden uns in der Nachfolge unseres Herrn. Alles, was sich ins Schlechte verkehrt hat, werden wir wieder ins Gute rücken. Wir werden das Vermächtnis unseres Herrn erfüllen. Sein Reich komme!«
    »Sein Reich komme!«, antworteten die Brüder wie aus einem Mund.
    Vero nahm wieder Platz. Er fühlte sich leer und ausgebrannt.
    Wie viel Kraft die Wahrheit kostete.
    Aber sie war es wert. Auch wenn es erst die halbe war.
    »Und nun zu etwas anderem«, sagte er. »Wir haben ein neues Sorgenkind.«
     
    Pia irrte durch die Flure der Uni. Sie wich den Blicken der andern aus, so lange, bis sie sich unsichtbar fühlte.
    Es war verstörend, unsichtbar zu sein. Aber sie hatte keine Wahl. Sie konnte niemanden ansehen. Nicht jetzt.
    Sie war nicht zu dem Gespräch mit Vero gegangen. Sie hatte ihn versetzt. Das würde sie nie

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