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Teufelsfrucht

Teufelsfrucht

Titel: Teufelsfrucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Hillenbrand
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machten die drei Tulai kehrt und bedeuteten den Fremden, ihnen zu folgen.
    »Was haben sie gesagt, Sekou?«, rief Keitel.
    »Sie uns bringen zu Häuptling. Sie sagen, Ratu Koca erfreut von Besuch.«
    »Klar ist er erfreut«, knurrte Keitel. »Bei all dem, was wir mitschleppen, macht er das Geschäft seines Lebens.« Das Tulai-Stammesgebiet lag derart abgeschieden, dasses nicht einmal mit den auf Papua-Neuguinea allgegenwärtigen Flugzeugtaxis zu erreichen war. Teil des Deals, den er im Vorfeld über Mittelsmänner mit dem Häuptling ausgehandelt hatte, war eine umfangreiche Warenlieferung, für deren Transport er insgesamt acht Träger hatte anheuern müssen. Auf ihren Rücken schleppten die Männer Kostbarkeiten aus der fernen Zivilisation durch den Dschungel: Kochtöpfe, Messer, Angelhaken – aber auch mehrere aufziehbare Radiogeräte, die ohne Batterien funktionierten, sowie eine Palette Cherry-Cola. Auf Letztere hatte Ratu Koca ganz ausdrücklich bestanden.
    »Hast du sie nach der Chatwa-Frucht gefragt? Haben sie ausreichend Exemplare gesammelt? Und auch eine Pflanze ausgegraben, wie abgemacht?« Sekou antwortete nicht, sondern nickte nur. Keitel begann, trotz der Hitze zu frösteln. Er hatte alles in allem wohl fünfzig- oder sechzigtausend Dollar in diese Expedition investiert, der Löwenanteil entstammte seiner Privatschatulle. Wenn die Sache schiefging, war seine bisher recht vielversprechende Karriere als Foodscout vermutlich zu Ende.
    Nach einem Fußmarsch von einer weiteren halben Stunde erreichte die Gruppe eine kleine Lichtung. Zur Linken ragten drei hölzerne Hütten empor, die auf Pfählen errichtet worden waren. Zur Rechten befand sich auf dem fest gestampften Boden ein Lager, das mit Bastmatten ausgekleidet war. Dort saßen rund fünfzehn Tulai und musterten die Besucher mit einer Mischung aus Neugier und Ehrfurcht.
    »Ist das der Häuptling?«, fragte Keitel und richtete seinen Blick auf einen älteren, weißbärtigen Mann, der in der Mitte des Lagers saß. Auf seinem Kopf saß ein hoch aufragender Strohhut voller bunter Federn, seinemuskulösen Arme und sein Oberkörper waren mit gelber Farbe bemalt. »Ja, das ist Chef«, erwiderte Sekou.
    Keitel lächelte, ging einige Schritte auf Ratu Koca zu und verneigte sich dann. »Ich grüße den ehrenwerten Häuptling und freue mich, mit ihm Geschäfte machen zu dürfen.« Während Sekou die Höflichkeitsfloskeln übersetzte, sah Keitel sich verstohlen um. Halb im Gebüsch versteckt, entdeckte er, was er erhofft hatte: In einer Art Holztrog lagen Dutzende Früchte, die bläulich schimmerten. Sie hatten die Form von Auberginen, waren jedoch deutlich größer, so lang wie ein Unterarm. Die Chatwa-Frucht. Exakt so, wie Professor Morris sie beschrieben hatte.
    Sekous Stimme riss Keitel aus seinen Gedanken. »Häuptling bittet euch, sich zu ihm zu setzen.« Der Amerikaner nahm neben dem lächelnden Häuptling Platz und forderte die Träger mittels Gesten auf, ihre Rucksäcke zu öffnen. Dann zeigte er Ratu Koca die Tauschgüter. Der Häuptling begutachtete die Waren und wies einen seiner Untertanen an, ihm eine Cherry-Cola zu reichen. Ratu Koca öffnete die Dose und nahm einen Schluck. Bevor er die warme Limonade hinunterschluckte, presste er die Cola mehrfach von der einen in die andere Backe. Dabei schaute er wie ein kritischer Sommelier, der sich der Qualität eines besonders teuren Bordeaux versichert. Ratu Koca lächelte – das künstliche Kirscharoma schien seinen Gaumen zu überzeugen. Nachdem der Häuptling seine Degustation beendet hatte, brach Keitel das Schweigen. »Sekou, sag ihm, dass ich von der langen Reise etwas hungrig bin und gerne eine Chatwa probieren würde.«
    Als der Häuptling das Wort Chatwa hörte, gab er einer hinter ihm sitzenden Frau einen Befehl. Kurz darauf legte diese ein großes Blatt vor Keitel auf den Boden. Auf dem provisorischen Tablett lagen vier Chatwas, die der Länge nach halbiert worden waren. Offenbar hatte man die Früchte über einem offenen Feuer geröstet. Keitel griff eine und biss hinein.
    Er musste sich beherrschen, um den Bissen nicht sofort wieder auszuspucken. Das weiche Fruchtfleisch hatte die Konsistenz einer überreifen Avocado und einen bitteren, öligen Geschmack. Keitel verzog das Gesicht, woraufhin Ratu Koca und seine Untertanen wissende Blicke austauschten und zu kichern begannen.
    Der Häuptling unterhielt sich kurz mit Sekou. Der übersetzte für Keitel: »Mister USA zu ungeduldig, meinen Ratu

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