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Teufelsfrucht

Teufelsfrucht

Titel: Teufelsfrucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Hillenbrand
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für die Eingeborenen mit der martialischen Gesichtsbemalung und den wunderlichen Kopfputzen.
    Hinzu kam die Tatsache, dass die Tulai noch im Jahr 1952 vier auf Missionsreise befindliche Methodistenpriester verspeist hatten – also zu einem Zeitpunkt, als die meisten anderen Stämme Papua-Neuguineas den Kannibalismus schon lange ablehnten. Ob die Tulai dieser kulinarischen Tradition noch anhingen, wusste man nicht so genau. Auch dieser Umstand hielt selbst hartgesottene Dschungeltouristen davon ab, Tulai-Stammesgebiet ungefragt zu betreten.
    Auch Keitel waren die Tulai bis zum April dieses Jahres gleichgültig gewesen. Genauer gesagt hatte er noch nie von ihnen gehört, bis er in einem Buch des britischen Ethnologen Leicester Morris etwas über den Stamm gelesen hatte. Der Wissenschaftler hatte in den Siebzigerjahren mehrere Wochen bei den Tulai verbracht und ihre Lebensweise studiert.
    Keitel las regelmäßig Erfahrungs- und Reiseberichte, in denen er etwas über die wenig bekannte Flora und Fauna entlegener Gegenden erfahren konnte – das gehörte zu seinem Job. Morris’ Tulai-Monografie war zunächst quälend langweilige Lektüre gewesen, und er hatte sich zwingen müssen, sie nicht bereits nach dem ersten Kapitel beiseitezulegen; für Jagdmethoden und Familienstruktur der hiesigen Ureinwohner brachte Keitel ungefähr so viel Interesse auf wie für papuanische Cricketergebnisse. Doch dann war er in Morris’ Bericht auf eine Passage gestoßen, die ihn elektrisiert hatte: »Die Tulai ernähren sich vor allem von Fladen, die sie aus demMark der Sagopalme herstellen. Auch Schlangen und Exemplare des Grauen Kuskus (Phalanger orientalis) stehen auf ihrem Speiseplan. Zu festlichen Anlässen servieren sie ferner eine auberginenartige Frucht, welche Chatwa genannt wird. Sie wurde mir anlässlich der Hochzeit eines Häuptlingssohns serviert und gehört zweifelsohne zum Schmackhaftesten, was ich auf meinen bisherigen Reisen gekostet habe. Ich wage sogar zu sagen, dass die Chatwa das Köstlichste ist, was ich in meinem ganzen erfüllten Leben überhaupt je genießen durfte.«
    Keitel war ausgebildeter Karpologe – ein auf Früchte und Pflanzensamen spezialisierter Botaniker. Eine Frucht namens Chatwa war ihm jedoch gänzlich unbekannt. Umgehend hatte er den Autor des Buches kontaktiert. Professor Morris war bereits emeritiert, erinnerte sich aber noch lebhaft an Geschmack und Aussehen der mysteriösen Frucht, die er Keitel am Telefon als »ungeheuer würzig und unbeschreiblich köstlich« beschrieb.
    Der Karpologe hatte daraufhin alle ihm zugänglichen Datenbanken durchsucht – ohne Ergebnis. Die Frucht, von der Morris schwärmte, war der Fachwelt völlig unbekannt. Die Entdeckung hatte jene fiebrige Euphorie bei Keitel ausgelöst, die sich immer dann einstellte, wenn er eine neue Frucht, Knolle oder Wurzel aufspürte. Diesmal war seine Aufregung allerdings ungleich stärker als sonst. Früchte oder Beeren, die kein Botaniker je zu Gesicht bekommen hatte, waren kaum noch zu finden. Essbare Novitäten waren noch viel seltener und galten in seinem Job bereits als Hauptgewinn. Wenn sie aber in die Kategorie »ungewöhnlich wohlschmeckend« fielen, dann war das der Jackpot.
    Keitel fischte eine Marlboro aus seiner Hosentasche.Einen Jackpot könnte er in der Tat gut gebrauchen. Seit er vor drei Jahren in den Anden eine nussartige Frucht namens Paro entdeckt hatte, die inzwischen in den USA und Europa als Vitaminbombe und Anti-Aging-Wunder galt, hatte er nur noch Kleinkram aufgetrieben – eine Wasserkresse aus Kambodscha, die sich als Salatgarnitur verwenden ließ; eine bläuliche Kastanie aus China, die ungewöhnlich viel Calcium enthielt. Das waren willkommene Neuerungen für die ewig nach originellen Zutaten gierenden Restaurantchefs in Tokio, Paris oder Los Angeles. Aber nichts, was das ganz große Geld verhieß.
    Vor ihm rief Sekou etwas in einer Sprache, die Keitel noch nie zuvor vernommen hatte. Er blickte auf und sah drei Männer, die ihnen aus dem Busch entgegenkamen. Das mussten Tulai-Krieger sein. Sie hatten ihre nackten Körper mit schwarzem Schlamm eingerieben und darüber mit weißer Farbe eine aus V-Linien bestehende Verzierung aufgetragen, die Keitel an das Hahnentritt-Muster englischer Tweed-Jacketts erinnerte. Alle drei waren nackt, abgesehen von Holzröhren, die über ihre Penisse gestülpt waren. Jeder der Wilden trug mehrere kurze Wurfspeere in der Hand.
    Nach einem kurzen Gespräch mit Keitels Guide

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