Teufelsgrinsen: Ein Fall für Anna Kronberg (German Edition)
schwiegen wieder, und nach einer Weile sagte ich: »Versprich mir, dass du eine Anzeige in der Times schaltest, wenn dieser Fall gelöst oder dein Leben bedroht ist. Frag nach Caitrin Mae. Ich werde dich finden.«
Er schmunzelte, und ich fügte hinzu: »Nein, das ist nicht der Name, unter dem ich mich verstecken werde. Auch nicht der, unter dem ich die Hütte gekauft habe. Ich habe ihn mir eben ausgedacht.«
Seine Augen verdunkelten sich, er nickte einmal und wandte sich wieder der Landschaft zu. Ich konnte sehen, wie er nachdachte. Plötzlich, mit einer Energie, die nur ein guter Plan bringen konnte, sah er mich an und sagte heiter: »Ich denke, es ist Zeit für ein bisschen Gewalt.«
»Was?«
»Es heißt nicht was, sondern wie bitte!«, rief er und erhob sich vom Sitz. Ich konnte den spielerischen Ausdruck in seinem Gesicht nicht deuten.
»Dein Ausbruch muss glaubhaft wirken«, erklärte er, bevor er mich an den Schultern packte, mich hochhob und gegen das Fenster der Droschke warf. Ich stieß einen überraschten Ruf aus.
»Ich bitte vielmals um Entschuldigung«, flüsterte er, als er die Tür verriegelte. Dann warf er sich dagegen und auf den Boden, brüllte wie ein Klempner mit zu viel Gin intus. Endlich fiel der Groschen, und ich warf mich neben ihn, fluchend und grinsend. Wir rollten uns herum, traten und schlugen gegen die Wände wie zwei Kinder, die Krieg spielten. Die Droschke machte einen Satz, und die Pferde wechselten vom gemütlichen Trab in einen schnellen Galopp.
»Was zum Henker?«, brüllte der Kutscher und versuchte anscheinend verzweifelt, die Tiere wieder unter Kontrolle zu bekommen. Holmes, der versucht hatte aufzustehen, verlor die Balance und fiel auf den Rücken, einen Arm in eigenartiger Stellung unter sich eingeklemmt. Ich machte einen Satz und drückte ihn mit meinen Knien rechts und links von seinem Brustkorb fest zu Boden.
»Zum Teufel mit der Polizei!«, brüllte ich aus vollem Hals, während ich seinen eingeklemmten Arm fest im Griff hielt. Überrascht weiteten sich seine Augen.
»Geben Sie auf, Mr Holmes!«, schrie ich.
»Niemals!«, grölte er und packte meine Weste. Ein Knopf riss ab.
»Zu Ihrer eigenen Sicherheit!«, brüllte ich und schlug mit der anderen Hand fest neben sein Gesicht. Das schien ihn zu belustigen. Er dachte vielleicht, ich wolle ihn tatsächlich überwältigen. Nun, könnte sein.
»Sie Übeltäter werden der Gerechtigkeit nicht entkommen!«, röhrte er und schüttelte mich am Kragen.
»So gefällst du mir«, sagte ich und beugte mich zu ihm hinunter.
Sein Körper erschlaffte, und die Faust, die meine Weste gepackt hielt, wehrte mich nicht mehr ab. Seine Pupillen weiteten sich vor Entsetzen. Aufmerksam beobachtete ich ihn, als meine Lippen seinen Mundwinkel berührten und um Erlaubnis baten. Ein kraftloser Schubs seiner Hand gegen meine Weste, dann verloren seine Augen den Fokus, sein Kopf neigte sich zur Seite, und sein warmer Atem strich über mein Gesicht. Langsam und sanft, wie die Flügel eines Vogels, schlossen sich seine Augenlider, und erst dann küsste ich ihn. Seine Lippen waren wie Seide.
Ganz plötzlich verließ mein törichtes Herz meine Brust, um fortan in seiner zu schlagen. Ob er das zusätzliche Gewicht wohl spürte?
Zwei metallische Klicks lösten meine Lippen von seinen, und ich erblickte den Revolver der Wache in seiner Hand. Fassungslos starrte ich ihn an. Seine Augen waren feurig, doch ich gab nicht nach. Ich beugte mich vor und küsste ihn ein letztes Mal, während er den Arm hob und vier Schüsse durch das Verdeck der Droschke feuerte.
Die Pferde stiegen, der Kutscher brüllte, und wir wurden umhergeworfen wie Schokoladenbonbons in einer Dose. Nach einer Weile kam die Droschke zum Stehen, der Fahrer sprang ab und rannte um Hilfe schreiend davon.
In einer einzigen fließenden Bewegung löste Sherlock seine schützende Umarmung, schob mich auf den Sitz und richtete sich auf.
»Raus!«, befahl er und hielt die Tür auf.
»Ich fahre«, antwortete ich, kletterte auf den Bock und knallte mit der Peitsche, als er die Tür zuschlug.
Trotz des bitteren Nachgeschmacks unseres Kusses konnte ich mir ein Lächeln nicht verkneifen. Welch überwältigendes Spektrum an Gefühlen sich in einem einzigen Moment entfalten konnte! Von vollkommener Glückseligkeit bis zu schmerzhafter Enttäuschung über den Gewinn und Verlust eines kostbaren Menschen.
Ich rieb mir die Augen und knallte noch einmal kräftig mit der Peitsche. Ich brauchte
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