Teufelsherz (German Edition)
der Anteil jener Seelen, die zu Jahwe in den Himmel gingen, weitaus größer, und Luzifer wollte dies natürlich ändern, um selbst mehr Macht zu erlangen. Deswegen lockte er die Sterblichen zu sich in die Unterwelt – mit immer größer werdendem Erfolg.
»Wieso?«, fragte Jahwe unvermittelt. »Wieso willst du plötzlich ein Schutzengel werden?«
»Nicht plötzlich.« Damian rieb sich mit der Hand über die Augen, das Licht des Korridors blendete ihn. »Ich habe immer gewusst, dass ich nicht in der Unterwelt bleiben werde. Das Leben dort ist echt die Hölle.« Er lachte über seinen Witz, auch wenn er damit allein blieb. »Ein Schutzengel zu sein«, fuhr er schließlich mangels Reaktionen fort, »scheint mir eine sinnvolle Aufgabe, um meine Zeit hier zu verbringen. Außerdem …« – er bemühte sich um einen ernsten, vertrauenerweckenden Ausdruck – »möchte ich Gutes tun.«
Jahwes Mundwinkel zuckten. »Dies ist kein Ort für dich, Damian, und Luzifer wird dein Verhalten nicht einfach so hinnehmen. Du bist sein einziger Sohn.«
»Was interessiert mich das?« Seine Hand ballte sich zur Faust, und die grünen Augen leuchteten erneut auf, was Jahwe schweigend zur Kenntnis nahm. »Ich gehe nicht zurück.«
»Mein Bruder wird alles tun, um dich zurückzuholen.«
»Keiner seiner Todesengel kann in den Himmel gelangen. Hier bin ich sicher, und im Zwielicht können sie nicht aus den Schatten treten. Ich werde mich als Schutzengel im Licht aufhalten.«
Jahwe lehnte sich seufzend zurück und verschränkte die Arme vor der Brust. »Geh zurück zu deinem Vater«, sagte er ruhig. »Dein Platz ist an seiner Seite, der Himmel ist kein Ort für dich.«
»Ich gehe nicht zurück.« Damians Worte klangen wie ein Knurren. »Niemals!«
»Und genau dieses Verhalten ist der Grund, weshalb ich dich zurücksende.« Jahwe sah ihm mit finsterer Miene in die Augen. »Es ist der Hass, der dich hierherführt. Du warst schon immer zornig, und Zorn ist keine gute Voraussetzung für einen Schutzengel. Du würdest die Gefühle der Sterblichen in die verkehrte Richtung lenken.«
»Ist das dein letztes Wort?« Er musste sich an der Armlehne des Stuhles festhalten, um nicht sofort aufzuspringen und auf ihn loszugehen. Auf den Mann, der nichts unternommen hatte, als Luzifer einen seiner Engel ermordet hatte, seine Mutter. »Ich bekomme noch nicht einmal eine Chance?«
»Ich tue dir damit einen Gefallen.« Er strich sich eine Haarsträhne hinters Ohr und sah einen Moment lang tatsächlich bedauernd aus. »Das Leben als Schutzengel ist schwerer, als du denkst.«
»Und das Gesetz?«, brachte er zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor und hob das Buch.
Jahwe spannte sich einen flüchtigen Moment an, kehrte jedoch sofort wieder in seine normale Haltung zurück. »Du bist ein Halbgott, Damian. Und das ist nicht zu übersehen. Du bist meinem Bruder zu ähnlich.«
Damian riss entrüstet die Augen auf. »Ich habe nichts mit ihm gemein.«
»Dann solltest du mal einen Blick in den Spiegel werfen.« Mit diesen Worten erhob sich Jahwe und wandte ihm den Rücken zu.
»Nein!« Ohne nachzudenken, sprang er auf und eilte seinem Onkel hinterher. Doch er kam nicht besonders weit. Kaum hatte er seine Hand ausgestreckt, um Gott aufzuhalten, spürte er einen stumpfen Gegenstand in seinem Rücken. Im nächsten Moment erstarrte sein Körper, gleißendes Licht blendete ihn, und er spürte nur noch, wie er steif wie ein Brett nach vorn kippte, an einem Stuhl vorbeischrammte und zu Boden fiel. Mit letzter Kraft versuchte er sich zu bewegen, doch es war ihm nicht einmal möglich, einen Finger anzuheben. Seine Sicht wurde durch einen weißen Vorhang verschleiert und ließ ihn weder Umrisse noch Farben erkennen. Einzig den dumpfen Druck des Blenders in seinem Rücken spürte er deutlich.
»Genug!«, hörte er Jahwes Stimme rufen, und im nächsten Moment verschwand auch schon der Druck. Es dauerte einige Augenblicke, bis das Gefühl in Damians Körper zurückkehrte und sich seine Sicht klärte.
»Das tat weh«, keuchte er und presste sich die Hand an die Schläfe, mit der er auf den Stuhl geknallt war.
Jahwe beugte sich über ihn und drehte ihn langsam zu sich herum, sodass er auf dem Rücken lag. »Du hast dich nicht unter Kontrolle«, stellte er nüchtern fest. »Du bist von Zorn erfüllt, und der Hass blendet dich. Sag mir eines, Damian. Gibt es irgendetwas, eine winzige Kleinigkeit, die für deine Aufnahme als Schutzengel steht?«
Damian verzog seine
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