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Teufelsjagd

Teufelsjagd

Titel: Teufelsjagd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul C. Doherty
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Ewigkeit endgültig schloß.
    »Denke daran, Mensch, du bist Staub, und Staub sollst du werden!«
    Ranulf schaute über seine Schulter und bemerkte einen schwachen Lichtschein vom Fenster der Anachoretin. »Denn der Tod wird kommen!« intonierte sie. »Er soll jede lebende Menschenseele auf Gottes schöner Erde ereilen!«
    »Macht Euch an Eure Gebete, Alte!« rief ihr Ranulf zu. »Und ich bete für dich«, erwiderte Magdalena. »Passerel betete hier ebenfalls, aber er starb. Der Meuchelmörder kroch wie eine Giftschlange hier herein, lautlos, selbst als er über den eisernen Fußabstreifer neben der Tür stolperte. Also betet!«
    »Ich brauche Eure Gebete«, erwiderte Ranulf rasch.
    Er schaute das lange Kirchenschiff entlang auf das riesige Kreuz, das über dem Hochaltar hing. Er dachte darüber nach, was die Anachoretin gesagt hatte, als er ein Geräusch hörte und nach hinten blickte. Aber es war nur eine Ratte, die aus dem Sarg kletterte, der auf Böcken im Querschiff stand. Ranulf fuhr sich mit einem Finger über die Lippen. Es fiel ihm schwer, für sich zu beten, ganz zu schweigen für den armen Maltote. Er drehte sich um, damit er die Statue der Jungfrau mit dem Kind sehen konnte, die hinter der brennenden Öllampe links vom Altar stand. Ranulf bereitete es Mühe, das Ave Maria zu beten. Woran konnte er sich schon von seiner Mutter erinnern? Sie war ständig schlechter Laune gewesen, hatte ihn geohrfeigt und ihn auf die Straße geworfen. Eines Tages war Ranulf nach Hause gekommen, und sie war tot gewesen. Sie war an der Pest gestorben. Er hatte einfach nur zugeschaut, als die Leichenträger ihre Leiche auf einen Karren warfen und später in einer der großen mit Kalk gefüllten Gruben bei Charterhouse verscharrten.
    Die Tür der Sakristei wurde geöffnet, und Pater Vincent trat ein. Er kniete vor dem Lettner nieder und ging dann zum Altar. Ranulf kam auf ihn zu, da er ihn nicht erschrecken wollte.
    »Wer ist da?« Pater Vincent blieb stehen und spähte in die Dunkelheit.
    »Ranulf-atte-Newgate!«
    »Ich dachte, ich hätte etwas gehört«, sagte Pater Vincent. Die Schlüssel klirrten in seiner Hand. »Ich muß abschließen.« Er kam näher und sah, daß Ranulf ein Buch unter dem Arm hatte. »Ihr seid bei der Andacht, Sir?«
    »Er betet!« rief Magdalena. »Er betet, daß Gott endlich Gericht über Sparrow Hall hält!«
    »Das sind die Bekenntnisse «, erwiderte Ranulf. »Die Bekenntnisse des heiligen Augustinus. Ich habe sie aus der Bibliothek von Sparrow Hall entliehen.«
    Der Priester nahm das Buch und wog es in der Hand. »Wird es Euch dabei helfen, den Mörder zu fangen?« fragte er leise.
    »Deswegen bin ich nicht hier, Pater. Ich kam, um zu beten.«
    »Und wollt Ihr, daß ich Euch die Beichte abnehme?« Der Priester hielt seine müden alten Augen auf Ranulf gerichtet. »Wollt Ihr die Beichte ablegen, Ranulf-atte-Newgate?«
    »Ich habe viele Sünden begangen, Pater.«
    »Nichts, dem die Absolution verweigert werden kann«, erwiderte der Priester.
    »Ich habe begehrt. Ich habe gehurt. Ich habe getrunken.« Ranulf nahm das Buch wieder zurück. »Und vor allem habe ich auch getötet. Ich habe heute nachmittag einen Mann getötet.«
    Der Priester trat einen Schritt zurück.
    »Es war Selbstverteidigung«, erklärte Ranulf. »Ich mußte ihn töten, Pater.«
    »Wenn das so ist«, erwiderte Pater Vincent, »dann ist das keine Sünde.«
    »Und ich habe vor, wieder zu töten«, meinte Ranulf. »Ich werde den Mörder meines Freundes finden und hinrichten.«
    »Das kann erst geschehen, wenn ihm der Prozeß gemacht worden ist«, entgegnete der Priester eilig.
    »Ich werde ihn töten, Pater.«
    Der Priester bekreuzigte sich. »Dann kann ich Euch nicht die Absolution erteilen, mein Sohn.«
    »Nein, Pater, das könnt Ihr vermutlich nicht.« Ranulf kniete nieder und ging, ohne sich noch einmal umzudrehen, aus der Kirche.

    Corbett saß an seinem Schreibtisch und zog die beiden dicken Talgkerzen näher heran, so daß ihr Licht direkt auf das Pergament fiel, das er vor sich liegen hatte. Draußen auf dem Hof kläfften Hunde den Mond an. Ab und zu war der Lärm eines Gelages unten aus der Schankstube zu hören. Er hatte die Fensterläden geöffnet. Die Nachtluft war weich und warm, und die Gerüche aus dem Hof mischten sich mit den Düften aus der Küche und dem Kräutergarten. Corbett war es nicht wohl in seiner Haut. Er starrte auf das weiße Blatt Velinpapier und versuchte seine Gedanken zu ordnen.
    »Was haben wir hier?«

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