Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Teufelsjagd

Teufelsjagd

Titel: Teufelsjagd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul C. Doherty
Vom Netzwerk:
kommen.
    »Dasselbe für meine Gesellschaft!« befahl er.
    »Ihr interessiert Euch doch nicht wirklich für Dachse?« fragte der Student schlau.
    »Nein, allerdings nicht«, antwortete Corbett. »Sagt mir, habt Ihr vom Bellman und seinen Proklamationen gehört?«
    »Ich habe eine Menge Dinge gehört, Sir, von den Morden in Sparrow Hall und von denen im Wohnheim.«
    »Aber Ihr habt die Proklamationen des Bellman gelesen?« wollte Ranulf wissen.
    »Ich habe sie überflogen«, der Student deutete auf seine Gefährten, »das haben wir alle.«
    »Und?« fragte Corbett.
    Der Bursche nahm seinen zahmen Dachs in den Arm und streichelte ihn.
    »Viel Lärm um nichts, Sir. Was kümmert uns de Montfort? Es ist das Werk eines Betrügers oder eines Verrückten. Die Studenten werden sich deswegen nicht bewaffnen und gegen Woodstock ziehen.«
    »Und so denken alle darüber?«
    »Ich habe die Proklamationen nur gelesen, weil sie am Portal von Wyvern Hall hingen«, antwortete der Student. »Aber um deutlich zu sein, Sir, mir ist es ganz egal, ob der Bellman lebt oder krepiert.«
    Corbett dankte ihm, legte eine Münze auf den Tisch, um den Met für den Dachs zu bezahlen, und ging, gefolgt von einem neugierigen Ranulf, wieder auf sein Zimmer.
    »Was hatte das alles zu bedeuten?« fragte Ranulf und schlug die Tür hinter sich zu.
    »Das ist etwas, was wir übersehen hatten«, entgegnete Corbett. »Laß uns bis zu dem einen Tag in Leighton Manor zurückgehen. Edward erscheint außer sich über die Proklamationen des Bellman. Sämtliche Alpträume, die er wegen de Montfort hatte, überfallen ihn wieder. Der König ist besorgt, und so sind wir ebenfalls besorgt, schließlich sind wir, seine königlichen Beamten, die treuesten Diener des Königs. Wir kommen also nach Oxford und machen den Fehler, uns in die Welt des Bellman zu begeben. Als ich jedoch im Garten stand und in den Himmel schaute, erinnerte ich mich an etwas, was du im Wohnheim gesagt hast. Was spielt das schon alles für eine Rolle? Wen kümmert das überhaupt? Und der Student dort unten, der junge Mann mit dem Dachs, beweist es.« Er bemerkte Ranulfs verwirrten Gesichtsausdruck. »Lese deinen Augustinus: Wirklichkeit ist das, was wir wahrnehmen. Augustinus nahm Gott wahr, und plötzlich verschwanden alle seine vorherigen Wirklichkeiten, Geilheit, Orgien, Gelage und Frauen.« Corbett lehnte sich auf seinem Bett zurück. »Wer weiß, vielleicht wird das auch mit Ranulf-atte-Newgate passieren. Es ist dasselbe mit dem König. De Montfort ist sein Dämon. Er sucht seine Seele heim. Für ihn stellt der Bellman eine schreckliche Bedrohung seiner Krone und Herrschaft dar.«
    »Aber in Wirklichkeit?«
    »Die Wirklichkeit«, fuhr Corbett fort, »sieht so aus, daß es allen egal ist. De Montfort ist jetzt seit fast vierzig Jahren tot. Der Bellman hat es direkt auf den König abgesehen. Wir müssen uns Ciceros Frage stellen: >Cui bono ?< Was hat der Bellman für seine harte und gefährliche Arbeit zu erwarten? Was will er erreichen? Er wird keine Rebellion herbeiführen. Es wird nicht dazu kommen, daß Armeen gegen London und Westminster marschieren. Was bezweckt er also?«
    »Er will abrechnen?« meinte Ranulf fragend.
    »Aber warum? Warum jetzt? Warum diese Morde? Warum diese Angriffe auf mich? Warum das zunehmende Chaos in Sparrow Hall?« Corbett nahm einen losen Faden von seiner Decke. »Sie waren gewarnt worden«, meinte er noch mit leiser Stimme.
    »Gewarnt, Herr?«
    »Chaos«, entgegnete Corbett. »Der Bellman scheint es auf Mord und Totschlag abgesehen zu haben, und wenn das der Fall ist, glaube mir, Ranulf, dann wird es einen weiteren Mord in Sparrow Hall geben, ehe wir noch viel älter sind!«

.12.

    Ranulf saß direkt innerhalb des Portals der St. Michael’s Church. Er war neben einem Pfeiler niedergekniet und schaute in die Seitenkapelle. Das farbige Wandgemälde brachte ihn aus der Ruhe. In der Kirche war es bis auf zwei brennende Kerzen finster, die an die Augen eines Tiers erinnerten, das irgendwo im Dunkeln lauert. Die Kerzen erleuchteten das eindrucksvolle Wandgemälde von Christus beim Letzten Gericht, der mit seinen Engeln erschien, um über ewige Verdammnis oder Leben zu entscheiden. Geisterhafte, in Lumpen gehüllte Skelette hielten flehend die Hände in die Höhe zu Engeln, die mit erhobenen Schwertern über ihnen schwebten. Zur Linken von Christus sah er dämonische alte Weiber, die auf Ziegen ritten und die Seelen ein letztes Mal marterten, ehe sich das Tor der

Weitere Kostenlose Bücher