Teufelspfad
keinen Fall hat der vor drei Jahren Ewan Copelands Mutter besucht, denn er ist schon seit über vier Jahren tot.“
„Noch eine falsche Identität. Wenig überraschend. Dieser Copeland ist aber auch eine harte Nuss.“
„Wem sagst du das.“
„Das ist noch nicht alles. Ungefähr vor einer Stunde habe ich angefangen, mir die Akten zu den vorherigen Fällen von Copeland anzusehen. Alle Opfer waren Single und sehr allein. Die Männer, die Frauen. Er hat sich nie jemanden mit Familie oder Freunden ausgesucht. Ein paar seiner Opfer stammten aus sehr vornehmen Vierteln, also ich rede hier von wirklich reichen Leuten. Ich überlegte also, ob er die wohl bestohlen hat, und nun rate, was ich gefunden habe.“
„Überrasche mich.“
„Es gibt einen Namen, der mit den Treuhandausschüttungen von fünf seiner Opfer in Verbindung steht. Ein Anwalt namens Roger Anderson. Er ist der Begünstigte.“
„Roger für seinen Dad, Anderson für seine Schwester. Ewan hat sich irgendwie in ihre Testamente eingeschlichen. Sehr beeindruckend.“
„Es wird noch besser. Das Geld, das auf Andersons Konto überwiesen wurde, reichte definitiv aus, um jahrelang davon zu leben. Garrett hat ein paar Strippen gezogen und einen Kollegen aus der Abteilung für Wirtschaftskriminalität dazu überreden können, ihm die Kontoinformationen zu beschaffen. Copeland hat ein paar sehr kluge Investitionen getätigt und lebt allein von den Zinsen. Ab und zu hebt er hier und da mal eine kleine Summe ab, stellt einen Scheck aus oder bezahlt mit Kreditkarte. Die Schecks sind wiederum sehr interessant, weil sie die ganzen Jahre über immer auf die gleiche Person ausgestellt wurden.“
„Und auf wen?“
„Auf einen Arzt in McLean, Virginia. Ein plastischer Chirurg. Spezialisiert auf Wiederherstellung von Gesichtern nach Unfällen, auf die Behandlung von Brandnarben und so weiter. Er gehört zu den Besten des Landes, opfert seine Zeit, um Menschen mit Kiefernspalten in Südamerika zu behandeln, und führt auch hier in den Staaten viele kostenlose Operationen durch.“
„Charlaine, Ewan Copeland hatte von seinen vielen Krankenhausaufenthalten als Junge Unmengen an Narben auf dem Bauch. Wir wissen, dass er irgendetwas verheimlichte. Ich habe immer gedacht, es handele sich um eine körperliche Deformation, die leicht zu sehen wäre. Was aber, wenn er diesen Arzt aufgesucht hat, um sich seine Narben entfernen zu lassen, und dabei süchtig nach Schönheitsoperationen geworden ist?“
„Genau mein Gedanke. Du weißt, wie Schmerzen auf Opfer des Münchhausen-Stellvertreter-Syndroms wirken. Schmerzen bedeuten Liebe und Akzeptanz, sogar wenn sie selbst zugefügt werden. Sie sind süchtig machend. Eine körperdysmorphe Störung könnte erklären, wieso niemand weiß, wie er aussieht. Er ist süchtig danach, sein Aussehen zu verändern. Seine Haut, sein Gesicht, seine Knochenstruktur. Er wäre nie zufrieden mit sich und sähe sich gezwungen, sich ständig zu verändern. Mit einem unerschöpflichen Budget und einem unersättlichen Drang nach Veränderungen und vielen, vielen Morden, um seine Spuren zu verwischen, summiert sich das zu einem ziemlich kranken Hirn. Mit vermutlich unglaublich perfekter Haut. Der Mistkerl.“
Baldwin ließ die Vorstellung einen Moment sacken. „Deshalb ist es ihm auch egal, ob er DNA-Spuren hinterlässt oder nicht. Zwischen wichtigen Morden hat er immer sein Aussehen verändert. Die Chancen, dass man ihn durch Fotos oder Zeugenaussagen findet, gehen gegen null.“
„Genau.“
„Ich nehme an, du wirst mit dem guten Doktor in Kontakt treten?“
„Ich habe schon einen Termin. Als wir den Namen Roger Anderson erwähnten, hat er sofort alle anderen Termine abgesagt. Ich schätze, er ahnt, dass es da ein Problem gibt.“
„Er könnte genauso nur ein Opfer sein, wie Copelands andere Tote. Sei vorsichtig. Ich nehme an, dass Copeland ein Warnsystem hat, das ihn informiert, wenn jemand seinen Arzt anruft.“
Baldwin hörte, wie Charlaine ihren Laptop zuklappte, und stellte sich vor, wie sie energisch aufstand. Eine Kreuzritterin auf einer heißen Spur.
„Vermutlich. Aber ich hoffe, dass er zu sehr in sein Spiel vertieft ist, um zu merken, dass wir durch die Hintertür hineingeschlüpft sind.“
42. KAPITEL
Colleen war langsam richtig genervt. Flynn war quengelig und wollte seine Pfannkuchen mit Gesicht, aber Detective Ross beharrte darauf, dass sie das CJC auf keinen Fall verlassen dürften. Sie mussten sich mit Essen von
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