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Thanatos

Thanatos

Titel: Thanatos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Larissa Ione
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nur eingebildet, den leisen Widerhall von Schritten gehört zu haben, aber was sie nicht ignorieren konnte, war die Unruhe, die zunehmend von ihr Besitz ergriff, eine innere Erregung, die keinen Sinn zu ergeben schien.
    Kein Ort auf der ganzen Welt war sicherer als dieser.
    Trotzdem hielt sie auf einmal ihren Dolch in der Hand und glitt behutsam aus dem Bett. Mit hämmerndem Herzen schlich sie durch das Zimmer und legte ihr Ohr an die Tür. Nichts. Aber warum zitterte sie dann am ganzen Körper, als ob leichte Stromschläge sie vor einer Gefahr warnen wollten?
    Du bist einfach nur paranoid.
Der Albtraum über Thanatos musste sie noch mehr als sonst aus dem Gleichgewicht gebracht haben.
    Aber es konnte ja nicht schaden, sich mal ein wenig umzusehen. Ihre Wächterinstinkte hatten sie bisher noch nie im Stich gelassen, und sie hatte mehr als einen Wächter gekannt, der es bereut hatte, sein tief verankertes Gespür für Gefahr ignoriert zu haben.
    So rasch und leise wie möglich zog sie sich eine Umstandsbluse und eine Khakihose an; um die Hüfte schlang sie sich ihren der Schwangerschaft angepassten Waffengürtel, in den sie auch ihr Handy einhängte. Ohne Waffen ging sie nirgendwohin. Allerdings tauschte sie den Dolch gegen ein
S’teng
aus; im Kampf zog sie die s-förmige, doppelseitige Klinge vor.
    Sie packte das
S’teng
so fest, dass sich ihre Knöchel weiß färbten, öffnete die Tür und schlüpfte in den Korridor hinaus. Die Dunkelheit – für gewöhnlich ihre Freundin – wurde jetzt, ohne ihren Aegis-Ring, der ihr ein gewisses Maß an Nachtsicht verliehen hätte, zur Bürde.
    Regan drückte sich mit dem Rücken an die Wand und bewegte sich auf den Lichtschalter zu, der sich durch ein schwaches grünes Leuchten von der Wand abhob. Aber als sie ihn betätigte, passierte nichts.
    »Nur eine durchgebrannte Glühbirne«, flüsterte sie. Sie wiederholte es sogar noch, dennoch gesellte sich jetzt ein nagender Zweifel zu ihrer Ahnung von Gefahr.
    Sie sah zu ihrem Zimmer zurück, fragte sich, ob es nicht vielleicht das Schlauste wäre, sich wieder dorthinein zurückzuziehen und die Tür abzuschließen, aber … Nee, blöde Idee. Etwas, das innerhalb des Aegis-Hauptquartiers eine Bedrohung für sie darstellte, würde sich auch von einer dicken Holzplatte mit Riegel nicht aufhalten lassen.
    Außerdem besaß sie noch eine geheime Waffe, eine, die zu verwenden ihr verboten war – es sei denn, das Leben des Babys wäre in Gefahr.
    Sie schlich weiter – bei jedem Schritt richteten sich ihre Nackenhärchen weiter auf.
    »Wer ist da?« Sie erhielt keine Antwort, aber schließlich würde ihr wohl auch kein Dämon fröhlich seinen Namen entgegentrompeten.
    Offenbar hatte das Baby ihr Gehirn zu Brei gemacht, und sie war zum klassischen Horrorfilm-Idioten mutiert, der in den ersten fünf Minuten des Films umgebracht wurde. Klasse.
    Sie glaubte, beim Eingang zum Auditorium eine Bewegung zu sehen. Wo waren die nur alle? Sogar mitten in der Nacht gingen stets Wächter auf Streife oder verbrachten ihre Schicht damit, in der riesigen Bibliothek Nachforschungen anzustellen oder die weltweiten Operationen zu organisieren. Immerhin befand sie sich im Nervenzentrum der Aegis, und hier war es niemals so ruhig.
    Sie bewegte sich darauf zu. Als sie nach der Tür griff, rutschte ihr Fuß in etwas Warmem, Feuchtem aus. Ihr Magen schlug einen Purzelbaum. Sie musste gar nicht erst hinsehen, um zu wissen, dass sie in Blut getreten war, brauchte kein Licht, um zu wissen, dass die dunkle Masse vor der Wand eine Leiche war.
    Nicht gut. Das war so was von nicht gut.
    Hinter ihr raschelte etwas. Ihr Instinkt übernahm das Ruder und trieb sie durch die Türen ins Auditorium, das einem Universitätshörsaal glich, mit diversen Reihen aufsteigender Sitzplätze und zwei Treppenaufgängen. So schnell sie konnte begab sie sich zum Podium am Fuß der Treppe. Wenn sie nur zum Ausgang auf der gegenüberliegenden Seite gelangen könnte, würde sie ganz in der Nähe des Empfangstresens herauskommen, wo sie Alarm schlagen könn…
    Ein verschwommener Schatten huschte lautlos an ihr vorbei. Sie wirbelte herum, das
S’teng
bereit. Adrenalin schoss heiß in ihre Adern. Blutrote Augen starrten sie an, und sie hätte schwören können, dass sie Geifer auf den Boden tropfen hören konnte.
    »Hure.« Als es die tiefe, männliche Stimme grollen hörte, trat das Baby aus.
    »Ich weiß nicht, wer du bist«, sagte Regan, »aber du solltest es dir lieber gut überlegen,

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