The Cutting
roch. Er lächelte sie an. Dann beugte er sich zu ihr herab und küsste sie sanft auf die Wange. »Ich hoffe, du hast unsere gemeinsame Zeit genossen, Lucinda«, sagte er.
McCabe zerrte an der Klappe des Stromkastens. Scheiße. Die Farbe war wie Klebstoff. Er zog noch einmal. Wieder rührte sie sich nicht von der Stelle.
»Was zum Teufel machst du da?«, wollte Maggie wissen. Ihre Stimme war geradeso noch ein Flüstern.
Er ignorierte ihre Frage. Suchend blickte er sich um. Wertvolle Sekunden vergingen. Er stellte sich vor, wie Kane eine hübsche rote Linie an Lucindas Brustbein entlangzog. Da entdeckte er auf den Umzugskartons ein Teppichmesser, griff danach und schob die Klinge heraus. Er ließ sie durch den mit Farbe verschmierten Spalt rund um die Klappe des Sicherungskastens gleiten. Zog erneut daran. Wieder nichts. Das dauerte zu lange. Er meinte, bereits das Jaulen der Knochensäge zu hören. Fast schon panisch nahm er wieder das Messer zur Hand, dann zerrte er noch heftiger an der Klappe. Die Farbe gab nach und endlich, endlich ging die Klappe auf.
Ihr Liebhaber stülpte sich eine OP-Maske über Mund und Nase. Er setzte die Spitze des Skalpells an ihrem Halsansatz an. Lucy presste sich gegen die kalte, stählerne Plattform, die sie festhielt, versuchte, sich in ihrer undurchdringlichen Härte zu verstecken. Er drückte. Sie spürte den plötzlichen Schmerz, als die Klinge ihre Haut durchdrang. Sie schloss die Augen und betete zu einem Gott, an den sie nie geglaubt hatte, betete um den Frieden und die Erlösung, die der Tod ihr schenken würde. Es wurde dunkel.
Das Licht im Hausarbeitsraum erlosch. Die Goldberg-Variationen verstummten. McCabe knipste seine Maglite an und jagte zu der Treppe im Foyer. Er nahm immer zwei Stufen auf einmal. Schwer atmend erreichte er den zweiten Stock. Er konnte Maggie dicht hinter sich hören. Kane war nirgendwo zu sehen. War er immer noch bei Lucinda im Zimmer? Was machte er da drin? Ohne Strom konnte er nichts sehen, konnte auch die Säge nicht benutzen. Also was hatte er vor? Der Plan hatte vorgesehen, dass Kane herauskommen würde, um nach der Ursache des Stromausfalls zu suchen, damit McCabe ihn sich schnappen konnte, bevor er Lucy umbrachte. Wo zum Teufel steckte er?
McCabe zwang sich zur Ruhe. Er schmiegte sich eng an die Wand neben der Tür, die Fünfundvierziger in der Hand. Maggie postierte sich auf der anderen Seite. Er knipste die Maglite aus. Eine unheimliche Schwärze erfüllte den Flur. Also gut, Kane, beweg deinen Arsch hier raus. Unternimm was. Willst du gar nicht wissen, wieso der Strom ausgefallen ist?
Endlich drehte sich der Schlüssel im Schloss. Die Tür ging auf, und Lucas Kane trat in die Schwärze des Treppenhauses. Er machte drei zögerliche Schritte.
»Kane«, sagte McCabe. Der Mann wandte sich ihm zu. McCabe schaltete die Maglite ein. Lucas Kane hob den rechten Arm, um seine Augen vor dem grellen Licht zu schützen. Er beäugte den Detective.
»Lucas Kane, Sie sind hiermit festgenommen«, sagte McCabe in klarem, hartem, sachlichem Ton. »Drehen Sie sich langsam um, und legen Sie die Hände in den Nacken.«
Kane machte keine Anstalten.
»Nur damit Sie Bescheid wissen, Kane – oder ist Ihnen Harry Lime lieber? Meine Waffe ist direkt auf Ihr Herz gerichtet. Wenn Sie nicht ganz genau das tun, was ich Ihnen sage, dann erschieße ich Sie.«
Maggie betrat mit hastigen Schritten das dunkle Zimmer. McCabe konnte Cassidys erstickte Schreie hören. Sie war immer noch am Leben.
»Lucas Kane«, sagte er dann. »Ich wiederhole: Ich nehme Sie hiermit wegen Mordes an Katherine Dubois sowie Philip und Harriet Spencer fest. Sie haben das Recht …«
»Bloß diese drei?«, unterbrach Kane die Rechtsbelehrung. »Was ist mit den anderen? Was ist mit Elyse Andersen? Das war meine Erste, müssen Sie wissen, und in gewisser Hinsicht auch die Beste. Mit ihrem Herzen haben wir Daddy das Leben gerettet.«
»Aus Vaterliebe?«
»Liebe? Um Gottes willen, nein. Es ging ums Geld. Er hatte mich ja schon aus seinem Testament gestrichen. Zwischen meinem Vater und mir gab es keine Liebe.«
»Haben Sie die Operation durchgeführt? Oder Wilcox?«
»Ich habe das Organ nur geerntet«, erwiderte er. »Matt Wilcox hat es eingepflanzt. Die anderen auch. Ein talentierter Chirurg, dieser Matt. Elyses Herz schlägt immer noch, da unten, im Körper des alten Mannes.«
McCabe wurde langsam ungeduldig. Je länger das Ganze hier dauerte, desto größer war die Gefahr, dass
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