The Cutting
geht zum Gästehaus und schließt eine Hintertür auf.«
»Ist Kane auch da?«
»Nein. Bloß diese drei. Sie holen eine Trage aus dem Wagen.« Kurzes Schweigen. »Auf der Trage liegt ein alter Mann. Sie bringen ihn ins Haus.«
Jetzt war es wohl so weit, dachte McCabe. Zeit für die Transplantation. Lucindas Herz war ganz in der Nähe, aber wo? Im Sommerhaus? Oder hier? Schlug es noch, befand es sich noch in ihrer Brust? McCabe wusste es nicht.
»Ich fordere jetzt in Ellsworth Verstärkung an«, sagte Maggie. »Oh-oh.«
»Was?«
»Gerade ist noch ein Licht angegangen. Im Haupthaus, direkt über dir. Im zweiten Stock.«
Lucy musste angesichts der plötzlichen Helligkeit die Augen zusammenkneifen. Sie sah den Mann in der Tür stehen. Er trug blaugrüne Operationskleidung. Er schob den Riegel vor und kam auf sie zu. In der rechten Hand hielt er eine kleine rot-weiß karierte Picknick-Kühltasche.
Lucindas Blick jagte wild umher. Ja. Das war ein anderes Zimmer. Es sah aus wie ein Kinderzimmer unter dem Dach, mit einem einzigen, hoch gelegenen Dachfenster. In der Ecke lagen Spielzeug und Gesellschaftsspiele herum. An der Wand standen drei niedrige, bunt lackierte Bücherregale, voll mit Kinderbüchern. Neben dem Fenster saß ein großer Stoffbär aufrecht in einem offenen Pappkarton, die schwarzen Knopfaugen direkt auf sie gerichtet. Im Lichtschein bemerkte sie ein perfektes Spinnennetz, das vom Arm des Bären bis zur Wand reichte. Auf der anderen Seite des Netzes hing eine Pinocchio-Marionette mit einem idiotischen Grinsen im pinkfarbenen Gesicht.
Nahe der stählernen Plattform, auf der sie lag, konnte Lucy eine große Elektrosäge erkennen, deren mehrgliedriger Arm in einem seltsamen Winkel nach unten hing. Noch dichter an ihr stand ein Tablett mit glänzenden Edelstahlinstrumenten. Ihre Liege war leicht schräg gestellt, so dass ihr Kopf etwas höher lag als ihre Füße. Am Fußteil, zwischen ihren Füßen, war ein runder Abfluss zu erkennen. Wofür? Wasser? Blut? Todesangst ergriff von ihr Besitz. Urplötzlich brachen der Bär und die Marionette in hysterisches Gelächter aus, zeigten mit Fingern auf sie, lachten sie aus, weil sie bald sterben würde. Das Gelächter hörte nicht mehr auf. Sie musste dem ein Ende bereiten. Sie musste es abstellen. Sie versuchte, sich die Ohren zuzuhalten, doch ihre Hände rührten sich nicht von der Stelle. Sie machte die Augen zu und schrie.
McCabe lief in das offene Foyer, wo sich die Treppe raumgreifend und spiralförmig bis in den zweiten Stock hinaufschwang. Er blickte nach oben und sah eine schwere Eichentür. Dahinter musste das Zimmer sein, in dem Maggie Licht gesehen hatte. Seine Gedanken rasten. Er konnte nach oben rennen, aber die Tür war mit Sicherheit verriegelt. Falls er versuchte, sie aufzubrechen oder aufzuschießen, würde Kane, der zumindest mit einem Skalpell, wenn nicht sogar mit Messer oder Pistole bewaffnet war, Lucinda als Schutzschild benutzen oder, noch schlimmer, ihr womöglich einfach die Kehle durchschneiden. Er glaubte, einen Schrei zu hören. Scharf. Kurz. Abgehackt.
Er rannte zurück in den Hausarbeitsraum. Gleichzeitig kam Maggie zur Hintertür hereingestürzt. Er nahm den Sicherungskasten ins Visier. Ein Herz herauszuoperieren war nicht schwer, das hatte Spencer ihm verraten – aber nicht bei Dunkelheit. Nicht ohne Strom. Dann könnte Kane nichts sehen. Die Knochensäge würde nicht funktionieren. Dann müsste er herauskommen und nachsehen, was los war, die Sicherung wieder einschrauben. Das würde ihnen vielleicht die Chance liefern, die sie brauchten. Vielleicht.
Der Schrei drang kaum über ihre Lippen. Mit verblüffender Geschwindigkeit klatschte der Mann ihr einen Streifen silbernes Klebeband auf den Mund und drückte ihn fest, schnitt jedes Geräusch ab. Sie riss die Augen auf. Sein Gesicht war dicht über ihrem, seine tief liegenden Augen glänzten hell. Sie konnte seinen Atem hören, konnte ihn auf der Haut spüren. Kurz, flach, schnell. Er knüpfte ihren Umhang auf und entfernte ihn. Anschließend streifte er ein Paar Latexhandschuhe über. Er nahm ein Skalpell vom Tablett und legte es flach zwischen ihre Brüste. Dann knipste er ein helles Licht an, das an einem hohen silberfarbenen Metallständer befestigt war, wie in einem Fotostudio. Er richtete die Lampe so aus, dass sie direkt auf sie schien. Dann griff er nach dem Skalpell und wusch ihre Brust mit etwas ab, das sich kalt anfühlte und nach Desinfektionsmittel
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