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The Dead Forest Bd. 1 Die Stadt der verschwundenen Kinder

The Dead Forest Bd. 1 Die Stadt der verschwundenen Kinder

Titel: The Dead Forest Bd. 1 Die Stadt der verschwundenen Kinder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: O'Brien Caragh
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würde das Glasdach über uns zusammenbrechen.«
    »Es muss schrecklich gewesen sein.«
    Er nickte. »Fiona drehte völlig durch. Sie hatte Angst, viel mehr Angst, als ich jemals bei irgendwem erlebt habe. Sie konnte nicht einmal mehr atmen. Sie kletterte auf meinen Schoß und bat mich, sie zu halten. Sie war fast hysterisch, und ich – na ja, ich machte mich ein wenig über sie lustig. Das war nicht gerade nett von mir, aber ich wusste nicht, was ich mit ihr anstellen sollte. Sie hatte sich in ein verrücktes kleines Kind ver wandelt. Und dann packte sie mich, in einer Art von Panik, und dann …« Er hielt inne.
    Gaia biss sich auf die Unterlippe und wartete. Seine Haltung hatte sich versteift, und sein Blick war wieder hinaus auf den Regen gerichtet, sodass sie nicht in seinen Augen lesen konnte.
    »Sie war meine Schwester«, sagte er mit leiser Stimme. »Und sie küsste mich. Nicht so, wie ein Kind das tut.«
    Gaia beobachtete die eigenartige, kalte Distanz, die sich wie eine Totenmaske über seine Züge gelegt hatte. Sie spürte, dass er diese Szene eine Million Mal vor seinem geistigen Auge hatte Revue passieren lassen. »Was hast du gemacht?«, fragte sie.
    »Ich stand unter Schock. Ich wollte ihre Gefühle nicht verletzen. Ich konnte sie nicht einfach wegstoßen. Sie hatte mich am Kragen, und ich – ich versuchte gerade, mich von ihr loszureißen, als Rafael uns fand.«
    »Oh nein«, sagte Gaia. Alles drängte sie, ihn zu berühren, aber er war unnahbar und auf der Hut.
    »Es kommt noch schlimmer«, sagte er mit bleierner Stimme. »In ihrem Tagebuch führte sie eine Liste über alles Nette, was ich jemals für sie getan hatte, ganz gleich, wie belanglos es war. Sie hatte sich auch eine ausgeklügelte Rechtfertigung überlegt, dass wir biologisch gesehen ja nicht verwandt waren und die Gesetze gegen Geschwisterehen daher nicht auf uns zutrafen. Sie malte sich aus, wie wir unser ganzes Leben miteinander verbrachten, in einer Hütte außerhalb der Mauer.« Seine Lider senkten sich. »Als Fiona merkte, in was für Schwierigkeiten ich steckte, versuchte sie es abzustreiten, aber da war es zu spät.«
    Vor der Tür schüttelte ein Windstoß einen Schauer größerer Tropfen von den nahen Bäumen und in die Pfützen auf dem Gehweg.
    »Wahrscheinlich hätten sie uns irgendwann geglaubt«, sagte er, »aber Fiona starb.«
    Gaia raffte ihren Umhang enger zusammen. Endlich drehte er sich zu ihr um, die Augen dunkel und sorgenvoll, seine Stimme ein leises Murmeln. »Gaia«, sagte er. »Als meine kleine Schwester zu mir kam, um sich zu entschuldigen, als sie versuchen wollte, es wiedergutzumachen, war ich wütend auf sie. Ich sagte ihr, dass sie krank sei. Ein krankes kleines Mädchen. Und da hat sie es getan.« Seine Stimme verebbte zu einem qualvollen Hauch. »Meine Schwester hat sich meinetwegen umgebracht.«
    Gaia schüttelte ungläubig den Kopf. Es war zu schrecklich, sich das vorzustellen. Fiona war erst zwölf Jahre alt gewesen! Und wie konnte Leon sich selbst die Schuld an ihrem Tod geben? Eine solche Tragödie konnte nicht auf eine einzige grausame Bemerkung zurückgeführt werden.
    »Aber es war doch ein Unfall«, sagte sie.
    »Nein«, sagte er. »Evelyn war dabei. Sie konnte sie nicht aufhalten. Es war kein Unfall.«
    »Es tut mir leid, so leid …«, flüsterte Gaia. Leons Familie musste nach diesem Schicksalsschlag völlig am Boden zerstört gewesen sein. Am einfachsten war es da, allen Zorn gegen Leon zu richten und ihm die Schuld zu geben. Er hatte es auf sich genommen, jedes kleines bisschen. Wie viele Menschen wohl die Wahrheit kannten?
    »Das Schlimmste daran ist, ich glaube, sie war wirklich krank«, sagte Leon. »Ich habe darüber nachgedacht, und ich glaube, sie brauchte Hilfe. Ich glaube, sie hatte schreckliche Angst, schon vor jener Sturmnacht. Ihre Stimmungsumschwünge wurden immer verrückter. An manchen Tagen kam sie nicht aus dem Bett, und an anderen Tagen war sie wie wild und voller Energie und wusste selbst nicht, warum. Sie hat versucht, mich um Hilfe zu bitten, aber ich habe es nicht erkannt.« Er wandte sein Gesicht wieder ab und richtete seinen Blick in eine Ferne, die Gaia nicht sehen konnte.
    »Was geschehen ist, war nicht deine Schuld«, sagte sie. »Ich weiß nicht, was mit Fiona nicht stimmte, aber sie hätte jemanden um Hilfe bitten sollen, der sich besser auf diese Dinge versteht als du. Wusste Genevieve, was los war? Wusste es der Protektor?«
    »Darum geht es nicht«, sagte er.

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