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The Dead Forest Bd. 1 Die Stadt der verschwundenen Kinder

The Dead Forest Bd. 1 Die Stadt der verschwundenen Kinder

Titel: The Dead Forest Bd. 1 Die Stadt der verschwundenen Kinder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: O'Brien Caragh
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nahm einen Schluck aus ihrer eigenen Tasse, um es ihr zu zeigen.
    »Ich habe keine schlimmen Schmerzen mehr. Ich bin nur ein bisschen müde.«
    »Das ist gut«, sagte Gaia und stellte ihre Tasse wieder am Herd ab.
    Still packte sie ihre Sachen zusammen und beobachtete, wie die Augenlider der Mutter schwerer wurden. Sie wickelte die Beine des Babys aus und zog behutsam einen Fuß hervor. Dann legte sie das Baby nahe beim Herdfeuer auf eine Decke. Die Augen des Babys öffneten sich und glänzten im Feuerschein: dunkle, unergründliche Augen. Es war unmöglich zu sagen, welche Farbe sie einmal haben würden. Gaia tunkte einen sauberen Stofffetzen in ihre Teetasse, bis der Fetzen die letzten Reste aufgesogen hatte. Dann wischte sie damit über den Knöchel und säuberte ihn. Sie tauchte die Nadel in die braune Tinte, hielt sie kurz ins Licht und stieß sie dann rasch, in vier schnellen Stichen, in den Knöchel des Babys, wie sie es schon oft unter der Anleitung ihrer Mutter getan hatte. Das Kind schrie auf.
    »Was tust du da?«, rief die Mutter, jetzt hellwach.
    Gaia wickelte das Baby, das nun sein Geburtsmal besaß, wieder in die Decke und hielt es fest an sich gedrückt. Sie ließ Teetasse, Nadel und Tinte in ihre Tasche gleiten. Dann tat sie einen Schritt nach vorn und nahm die andere Tasse von der Seite der Mutter. Sie legte sich ihre Tasche um.
    »Nein!«, rief die Mutter. »Das kannst du nicht tun! Es ist der einundzwanzigste April! Niemand bringt so spät im Monat noch ein Baby vor!«
    »Das Datum spielt keine Rolle«, sagte Gaia ruhig. »Es sind die ersten drei Babys jeden Monat.«
    »Aber du musst doch mittlerweile schon ein halbes Dutzend entbunden haben!«, schrie die Frau, richtete sich auf und mühte sich, ihre Beine über den Bettrand zu schwingen.
    Gaia wich einen Schritt zurück und streckte den Rücken durch. »Meine Mutter hat die anderen Kinder entbunden. Dieses hier ist mein erstes«, sagte sie. »Es sind die ersten drei Babys für jede Hebamme.«
    Die Frau starrte sie an, das Gesicht von Entsetzen gezeichnet. »Das kannst du nicht tun«, flüsterte sie. »Du darfst mir mein Baby nicht wegnehmen. Sie gehört mir.«
    »Ich muss«, sagte Gaia und trat einen weiteren Schritt zurück. »Es tut mir leid.«
    »Aber das kannst du nicht«, keuchte die Frau.
    »Du wirst andere Kinder haben. Einige wirst du behalten. Das verspreche ich dir.«
    »Bitte«, flehte sie. »Nicht dieses Kind. Nicht mein einziges. Womit habe ich das verdient?«
    »Es tut mir leid«, wiederholte Gaia. Sie hatte nun die Tür erreicht. Sie sah, dass sie ihre Teedose neben der Feuerstelle vergessen hatte, aber zum Umkehren war es jetzt zu spät. »Man wird sich gut um dein Baby kümmern«, sagte sie und gebrauchte die Worte, die sie gelernt hatte. »Du hast der Enklave einen großen Dienst erwiesen, und man wird dich dafür entschädigen.«
    »Nein! Sag ihnen, dass sie ihre dreckigen Entschädigungen behalten sollen! Ich will mein Kind.«
    Die Frau stürzte sich auf sie, aber Gaia hatte damit gerechnet. Im nächsten Moment war sie schon aus der Hütte und eilte die dunkle Gasse hinab. An der zweiten Ecke musste sie anhalten, weil sie so stark zitterte, dass sie befürchtete, alles fallen zu lassen. Das Neugeborene gab einen einsamen, unruhigen Laut von sich, und Gaia rückte ihre Tasche über der rechten Schulter zurecht, sodass sie das kleine Bündel mit zitternden Fingern tätscheln konnte. »Still«, flüsterte sie.
    Weit hinter sich hörte sie, wie eine Tür sich öffnete, und dann eine ferne, verzweifelte Klage. »Bitte! Gaia!«, und Gaias Herz setzte einen Schlag lang aus.
    Sie verbiss sich die Tränen und blickte den Hügel hoch. Das war viel schlimmer, als sie gedacht hatte. Mit gespitzten Ohren, in Erwartung einer weiteren Klage, setzte sie sich wieder in Bewegung und schritt rasch den Hügel zur Enklave empor. Der Mond warf sein bläuliches Licht auf die dunklen Holz- und Steinhäuser um sie herum, und einmal stieß sie sich den Fuß. Ihre Eile wirkte seltsam unangemessen in der tiefen, schläfrigen Stille der Nacht.
    Sie war diesen Weg im Auftrag ihrer Mutter schon viele Male gegangen, doch bis heute Nacht war er ihr nie wie eine weite Reise vorgekommen. Sie wusste, dem Baby würde es gut gehen. Sie wusste, die Frau würde andere Kinder haben. Vor allem aber wusste sie, das Gesetz verlangte von ihr, dass sie dieses Baby ablieferte, und wenn sie es nicht tat, wäre ihr Leben und das ihrer Mutter verwirkt. Sie wusste das alles,

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