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The Forest - Wald der tausend Augen

Titel: The Forest - Wald der tausend Augen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carrie Ryan
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Holztür stehen. Schwester Tabitha zerrt sie auf, sie nimmt eine Kerze von einem Tisch dahinter und führt uns eine steile steinerne
Wendeltreppe hinab. Die Luft wird kälter, feuchter, und als wir unten angekommen sind, befinden wir uns in einem höhlenartigen Raum mit Reihen und Reihen von leeren Regalen.
    Aber hier machen wir nicht halt. Wir durchqueren den Raum und bleiben in einer dunklen Ecke stehen. Ich sage mir, dass ich nichts zu befürchten habe an diesem seltsamen Ort. Schließlich hat die Schwesternschaft die Leute aus dem Dorf immer beschützt. Und doch kann ich mich nicht gegen die Eiseskälte wehren, die meinen Körper überfällt und mir in die Knochen kriecht.
    Schwester Tabitha zieht einen Vorhang beiseite, hinter dem eine verschlossene Tür zum Vorschein kommt. Sie öffnet sie und drängt mich weiter. Ich folge ihr einen weiteren Gang entlang, dieser ist mehr wie ein Tunnel mit Steinmauern und einem Boden aus gestampfter Erde. Die Decke wird von dicken Holzbalken gestützt. An den Wänden stehen noch mehr Regale und hier und da sieht man eine staubige Flasche auf den Brettern liegen.
    »Wusstest du, dass dieses Gebäude vor langer, langer Zeit, Jahrhunderte vor der Rückkehr, zu einem Gut gehört hat? Dass hier eine Weinkellerei war?«, fragt Schwester Tabitha im Gehen. Das Echo unserer Schritte hallt von den Wänden wider. Die Flamme ihrer Kerze flackert, und sie wartet meine Antwort nicht ab, denn sie weiß, in der Schule haben wir das nie gelernt.
    »Vor unserem Dorf, wo jetzt Wald ist, standen einmal Rebstöcke. Soweit das Auge reichte. Die Wächter berichten
uns, dass sie immer noch Überreste des Weinguts finden und Weinranken, die Zäune überwuchert haben.«
    Der Tunnel macht eine leichte Biegung nach links. Ab und zu kommen wir an einer in die Mauer eingelassenen Tür vorbei. Die Türen haben mächtige Riegel, die in das Mauerwerk gerammt worden sind, und das Holz ist verzogen und voller Schrammen.Vor einer Tür bleibe ich stehen, ich will fragen, was dahinterliegt, aber ich werde von den Schwestern hinter mir weitergeschubst. Warum haben die Schwestern dieses Stück Geschichte – das Weingut und den Tunnel – geheim gehalten? Und warum hat Schwester Tabitha diesen Moment gewählt, mir davon zu erzählen?
    »Sie haben den Wein zum Gären unter dem Münster gelagert, aber er ist dort nicht gemacht worden«, fährt Schwester Tabitha fort.
    Schließlich erreichen wir das Ende des Ganges und einige nach oben führende hölzerne Stufen, die man ins Erdreich getrieben hat. Schwester Tabitha bleibt stehen, dreht sich zu mir um. Ich schaue an ihr vorbei auf eine Holzluke, die über der Treppe in die Decke eingelassen ist.
    »Der Wein ist an einem anderen Ort hergestellt worden«, sagt sie und lenkt damit meinen Blick wieder auf sich. »Die Trauben mussten mit den Füßen gestampft werden, das macht Schmutz und zieht Ungeziefer an, deswegen hatten sie dafür ein extra Brunnenhaus. Diesen Tunnel haben sie benutzt, um ihre Vorräte zu lagern. Am Ende hat der Boden nichts mehr hergegeben und das
Weingut wurde aufgegeben. Das alte, aus Holz gebaute Brunnenhaus verfiel und stürzte ein. Aber das Weingut, unser Münster, blieb stehen, weil es aus Stein war.«
    Schwester Tabitha steigt die Stufen langsam hinauf. Sie duckt sich, als sie sich der Luke an der Decke nähert. Drei Schlüssel benutzt sie, um aufzuschließen, dann kommt sie wieder nach unten, doch die Tür bleibt zu. »An dieser Stelle hat das Brunnenhaus früher gestanden«, sagt sie und schubst mich die Treppen hoch, sodass ich beinahe stolpere. Mit dem Rücken an der rauen Holzluke kauere ich mich zusammen, die Eisenstreben pressen sich in meine Haut. Ich habe die Schwestern schon streng erlebt, während des Unterrichts haben sie uns – wenn nötig – gezüchtigt. Aber so wie jetzt, so groß, so distanziert und furchterregend, kenne ich sie nicht.
    »Mach auf, Mary«, sagt Schwester Tabitha. Ihre tiefe Stimme und der unheilschwangere Ton jagen mir Angst ein, und mir wird klar, dass mir nichts anderes übrig bleiben wird, als ihrem Befehl zu folgen. Also stemme ich meinen Körper gegen das schwere Holz, bis die Luke aufgeht, umklappt und mit einem dumpfen, alles erschütternden Knall draußen auf den Boden fällt.
    Von hinten drückt Schwester Tabitha gegen meine Beine.Wenn ich nicht aus unserem kleinen Tunnel hinaus und durch die Öffnung klettere, werde ich das Gleichgewicht verlieren. Ich richte mich auf, strecke mich, es ist, als

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