The Homelanders, Band 3: The Homelanders - Tödliche Wahrheit (Bd. 3) (German Edition)
hatten in einem Bungalow gewohnt. Ebenerdig. Das Fenster ging auf einen Hof hinaus, auf dem rote und blaue Lichter von Polizeiwagen blinkten. Auch hier Rufe und Schreie. Die Nachbarn. Die Bullen. Vielleicht die Armee. Im Rückblick vermutete Benny, dass es wohl die Armee gewesen sein musste. Und dann war da das fortwährende Knallen von Schüssen zu hören gewesen, sowohl in der Nähe als auch weiter entfernt.
Aber vor allem erinnerte sich Benny an ein einzelnes, letztes Bild. Während Tom ihn an seine Brust drückte, schaute Benny über die Schulter seines Bruders Richtung Schlafzimmerfenster. Mom lehnte sich aus dem Fenster und schrie ihnen etwas zu, während Dads blasse Hände sich aus der Dunkelheit des Zimmers schoben, sie packten und außer Sichtweite zerrten.
Das war Bennys älteste Erinnerung. Falls es welche gegeben hatte, die noch weiter zurücklagen, dann hatte dieses Bild sie ausgelöscht. Weil er noch so klein gewesen war, bestand die ganze Szene aus kaum mehr als bruchstückhaften Bildern und Geräuschen. Im Laufe der Jahre hatte Benny sich das Gehirn zermartert, um sich wieder jedes einzelne Puzzleteil ins Gedächtnis zu rufen, um jedem Fetzen Bedeutung und Sinn zuzuordnen. Benny erinnerte sich an das hämmernde Wummern von Toms panischem Puls und an ein lang gezogenes Wimmern – sein eigener, undeutlicher Ruf nach seiner Mom und seinem Dad.
Er hasste Tom dafür, dass er weggelaufen war. Er hasste ihndafür, dass er nicht geblieben war und Mom geholfen hatte. Und er hasste dieses Wesen, in das sich ihr Dad in jener Ersten Nacht vor all diesen Jahren verwandelt hatte. Genau wie er es hasste, wozu Dad seinerseits Mom gemacht hatte.
In seiner Vorstellung waren sie nicht länger Mom und Dad. Sie waren jetzt selbst wie die Wesen , die sie getötet hatten. Zombies. Und er hasste sie mit einer Inbrunst, die heißer und stärker brannte als die Sonne.
»Alter, was läuft da eigentlich zwischen dir und den Zombies?«, hatte Chong ihn einmal gefragt. »Du tust so, als hätten sie irgendwas gegen dich persönlich.«
»Was denn? Soll ich sie jetzt vielleicht auch noch ins Herz schließen, oder wie?«, hatte Benny zurückgegifet.
»Nein«, räumte Chong ein, »aber ein bisschen mehr Verhältnismäßigkeit wäre schon nicht schlecht. Ich meine ... jeder hasst doch Zombies.«
»Du nicht.«
Chong hatte nur die schmächtigen Achseln gezuckt und rasch den Blick abgewandt. »Alle hassen Zombies.«
Benny sah die Sache so: Wenn die erste Kindheitserinnerung darin bestand, dass die eigenen Eltern von Zombies getötet wurden, dann durfte man sie so sehr hassen, wie man wollte. Das versuchte er Chong auch zu erklären, doch sein Freund ließ sich nicht erneut in dieses Gespräch verwickeln.
Als Benny ein paar Jahre zuvor herausgefunden hatte, dass Tom als Zombiejäger arbeitete, war er nicht stolz auf seinen Bruder gewesen. Was ihn anging, hätte Tom, falls er wirklich das Zeug zum Zombiejäger hatte, den Mumm aufringen müssen, Mom zu helfen. Stattdessen war Tom davongelaufen und hatteMom im Stich gelassen, sodass sie gestorben war. Eine von ihnen geworden war.
Tom kehrte ins Wohnzimmer zurück, warf einen Blick auf die Reste des Desserts, die auf dem Tisch standen, und musterte dann Benny, der auf dem Sofa lag. »Mein Angebot steht noch«, sagte er. »Wenn du dich für meine Arbeit interessierst, nehme ich dich als Lehrling an. Ich werde die Papiere unterschreiben, damit du weiterhin die volle Ration bekommst.«
Benny schenkte ihm einen langen, vernichtenden Blick. »Lieber lasse ich mich von Zombies fressen, als dich zum Boss zu haben«, fauchte er.
Tom seufzte, drehte sich um und stapfe die Treppe hinauf. Nach diesem Gespräch wechselten sie tagelang kein Wort mehr miteinander.
Am darauffolgenden Wochenende besorgten Benny und Chong sich die Samstagsausgabe der Town Pump mit den Stellenanzeigen. Alle leichten Jobs, zum Beispiel Ladenarbeit, waren längst vergeben. Auf den Farmen wollten sie nicht arbeiten, weil das bedeutet hätte, jeden Morgen zu einer Zeit aufzustehen, zu der andere 15-Jährige schlafen gingen. Außerdem hätte es bedeutet, die Schule komplett schmeißen zu müssen. Benny und Chong waren zwar nicht gerade versessen auf den Unterricht, aber so mies war die Schule auch wieder nicht, denn sie bot Softball, kostenloses Mittagessen und Mädchen. Ihnen schwebte ein Teilzeitjob vor, der anständig bezahlt wurde und ihnen die Rationierungsbehörde vom Hals hielt. Deshalb bewarben sie sich in den
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