Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
The Hood

The Hood

Titel: The Hood Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gavin Knight
Vom Netzwerk:
Junge in Easterhouse werden wird.

12:
    Ausweg
    »Wir nähern uns einem Rosa-Parks-Moment«, sagt Karyn. John steht vor ihrem Schreibtisch. »Wir haben alles versucht. Tausende von Leuten angehalten und durchsucht, und doch zeigt es keinerlei Auswirkung auf die Mordrate. Die Kids unterstützt, mehr Sport zu treiben, aber die entsprechenden Einrichtungen schließen über den Winter. Buckfast verboten, und die Verkaufszahlen gehen rauf.«
    »Wir brauchen etwas Radikaleres.«
    »Aye. Etwas, das die Gruppendynamik angeht. Das ist nämlich das eigentlich Schädliche.«
    John nickt nachdenklich und geht. Karyn beugt sich über einen halb gelesenen, getackerten Artikel, wobei sie die Hände tief in ihrem Haar vergräbt. Ihr Pony quillt zwischen den Fingern durch. Die Überschrift des Artikels lautet: »David Kennedy und das Wunder von Boston«.
    Sie liest die Einleitung und lehnt sich zurück. Ihr Blick wandert durch den Raum. Dann zieht sie ihren Stuhl näher an den Schreibtisch und blättert um. Irgendetwas ist anders bei diesem Artikel.
    In den frühen 1990er Jahren war in Boston die Mordrate unter Jugendlichen außer Kontrolle geraten. Kennedy, ein in Harvard tätiger Wissenschaftler, entwickelte ein Programm, das Polizisten, Sozialarbeiter und führende Persönlichkeiten der Community zusammenbrachte. Es bestand aus dramatischen Konfrontationen von Angesicht zu Angesicht mit den Drogen-Gangs. Man sagte ihnen, sie sollten aufhören, sich gegenseitig zu erschießen, und bot dabei Hilfe an. Das ist radikal, denkt Karyn, hebt eine Augenbraue, aber hat’s auch funktioniert? Einige Seiten später erhält sie ihre Antwort. Als direkte Folge von Kennedys Intervention fiel die Mordrate in Boston auf so niedrige Werte wie zuletzt in den 1960er Jahren. Das Programm brachte ähnliche Ergebnisse in Cincinnati und anderen amerikanischen Innenstädten.
    Ein leises Trillern hallt durch Karyns Büro. Sie starrt wütend zu ihrem Telefon, sieht die beiden oberen Leitungen rot blinken. Dann eine dritte. Mit einer schnellen Handbewegung nimmt sie den Hörer ab und legt ihn auf den Schreibtisch. David Kennedy ist ganz offensichtlich ebenfalls ein Querdenker, und er hat ihr Interesse geweckt. Sie muss seine ganze Geschichte von Anfang an erfahren.
    *
    Ende der 1980er Jahre, Los Angeles. Ein Streifenwagen biegt vom Imperial Highway ab in den Stadtteil Watts. Die zwei Cops vorn unterhalten sich. Im Fond sitzt ein Typ, der ein Junkie sein könnte oder auch ein verdeckt arbeitender Ermittler. Er heißt David Kennedy. Er hat lange, über die Schultern und bis zum Hintern fallende Haare, Mittelscheitel. Sein Bart ist rötlich braun, am Kinn bereits graumeliert, unter den Augen hat er tief-schwarze Ringe.
    »Nickerson Gardens ist praktisch ein Ghetto«, sagt einer der Cops zu ihm. »Dave, Mann, du wirst geschockt sein.«
    »Bei meinen Fallstudien hab ich schon das eine oder andere gesehen, Mick«, erwidert David grinsend, streicht die Haare hinter die Ohren. »Kein Anfänger mehr.«
    Während der Fahrt macht er sich Notizen. Sie plaudern locker und ungezwungen miteinander. Sie müssen ihm weder Abkürzungen noch Jargon erklären. Er hat schon einige Zeit auf dem Rücksitz von Streifenwagen verbracht. Draußen gleitet ein Plakat vorbei: »Housing Authority Nickerson Gardens«. Sie nähern sich dem Zentrum einer Hood. Geschäfte mit schwarzen Metallstäben vor der Tür, vollständig mit Graffiti bedeckte Fassaden. Sie rollen die geschwungene Straße entlang zu monotonen Reihen einstöckiger Einheiten, alles verputzte Gasbetonhäuser mit flachen, auskragenden Betondächern. Keine Geschäfte mehr. Nichts. Graffiti an jeder Straßenecke. Übergewichtige Anwohner stieren unheilvoll wie auf einem Floß treibende Schiff­brüchige. Ein Mann im Unterhemd wühlt an der Ecke in einer Mülltonne.
    »Was ist die größte Gang hier in der Gegend?«
    »Die Eastside Bounty Hunter Bloods.«
    Die beiden Cops verlassen vorsichtig und voll bewaffnet ihren Streifenwagen. David steigt aus dem Fond und schaut sich um. Er ist groß und schlank, trägt dunkle Kleidung. Er hat einen leichten Sonnenbrand auf der hohen Stirn. Jetzt sieht er schon eher aus wie ein Akademiker. Er blinzelt, begutachtet das Viertel.
    Er ist ein Außenseiter. Er kann die Angst förmlich riechen. Wäre er nicht zusammen mit den Cops hier, er würde keine Sekunde lang überleben. Eine Gruppe junger schwarzer Dealer in weiten weißen T-Shirts und Turnschuhen steht an der Straßenecke. Sie teilen

Weitere Kostenlose Bücher