The New Dead: Die Zombie-Anthologie
Sekunden vielleicht noch überleben würde. Das half ein wenig, die Angst in den Griff zu bekommen.
Wie sich herausstellte, war die Kapuze nicht vollständig verschweißt worden, nachdem man mich in meine IDS gesteckt hatte. Andernfalls wäre ich erstickt, lange bevor ich aufwachte. Mit meinen Händen, die so nutzlos wie Pfoten waren, gelang es mir irgendwie, die Kapuze ein bisschen weiter aufzureißen … so viel, dass ich Nase und Mund freibekam und schließlich auch die Augen.
Ich lag auf dem Rücken in der Wüste und schaute auf eine Milliarde Sterne. Sie hatten noch nie schöner ausgesehen.
Schließlich setzte auch mein Denken wieder ein. Ich überlegte, was mit mir geschehen war. Der Oberst hatte beschlossen, mich loszuwerden. So viel wusste ich bereits. Ich hätte jedoch angenommen, dass er mich eher erschießen und irgendwo, weit entfernt von der nächsten menschlichen Behausung, verscharren würde. Doch nein, ich hätte es besser wissen müssen. Der Oberst wusste genau, wie man sich absicherte, wie man sich eine glaubwürdige Begründung für mein Verschwinden verschaffte.
Ich setzte mich auf, schaute mich um und sah neunundzwanzig PMKs um mich herum in ihrer Ruhestellung sitzen, die Köpfe zwischen den Knien, die Arme hinter dem Hals verschränkt. Einige waren umgekippt.
Noch immer in der IDS steckend, erhob ich mich und hielt nach einem Ort, einem Haus, nach irgendetwas Ausschau. Nichts. Ich hatte keine Ahnung, wo ich mich befand, und keine Möglichkeit, es herauszufinden. Meine Taschen fühlten sich leer an. Ich war unbewaffnet, hatte kein Wasser und nichts zu essen, und die einzigen Menschen auf der ganzen Welt, die wussten, wo ich war, versuchten mich umzubringen. Es sah ganz danach aus, als würden sie damit Erfolg haben.
Ich konnte mir die Geschichte, die der Oberst sich ausgedacht hatte, um mein Verschwinden oder meinen Tod zu erklären, genau vorstellen: Die ach so neugierige Journalistin verlangte, ins Krisengebiet mitgenommen zu werden. Als die Armee dies ablehnte, weil sie um ihre Sicherheit fürchtete, verkleidete sie sichwie einer der neuen anonymen Soldaten und mischte sich unter die PMKs. Tragischerweise schaffte sie es nicht, wieder zum Stützpunkt zurückzukehren.
Ich musste gestehen, dass das ein ziemlich guter Plan war. Mein Chefredakteur würde vielleicht einige unangenehme Fragen stellen, wenn ihm die fingierte Geschichte aufgetischt wurde, aber er hatte keinen Grund, sie in Zweifel zu ziehen, und keine Zeugen, die dem Oberst nicht hundertprozentig ergeben waren. Niemand würde etwas unternehmen können, um mein Schicksal aufzuklären.
Ohne einen Laut von sich zu geben, erhoben sich die PMKs mit einer erschreckenden Gleichförmigkeit. Den Stabsunteroffizier mit dem Controller konnte ich nirgends entdecken, aber ich wusste, dass er sich nicht in der Nähe befinden musste: Er konnte sie via Satellit von jedem Ort der Welt aus steuern. Wichtiger war also, dass sie hier und in Bereitschaft waren. Das, wogegen sie kämpfen sollten, war auf dem Weg hierher.
Der Feind kam einige Minuten später über den nächsten Hügelkamm und bewegte sich sehr vorsichtig über den mit Felsgeröll bedeckten Abhang. Ich hatte keine Ahnung, womit die Kämpfer ausgerüstet waren, doch nahm ich an, dass sie über Waffen verfügten, mit denen sie in der Lage waren, die PMKs auszuschalten. Das bedeutete, dass sie nicht nur Kalaschnikows mit sich führten. Möglicherweise waren das Aufständische, die Panzerfäuste und Handgranaten dabeihatten, vielleicht aber auch nur eine Gruppe mit einem einzelnen Mörsergeschütz. Ich bereitete mich seelisch und körperlich auf den ersten Einschlag vor.
Es erfolgte keine Explosionen. Der Feind rückte immer näher, Schritt für Schritt, so langsam, dass ich beinahe das Bedürfnis verspürte zu schreien. Doch das war nicht das einzige Seltsame. Der größte Teil der sich nähernden Gestalten war nackt. Sie hatten lediglich eine Decke, die sich alle auf die gleiche seltsame Art über den Kopf geworfen hatten, sodass ihre Gesichter vollständig bedeckt waren – ebenso vollständig, wie das die Kapuzen der PMKs taten, die um mich herumstanden.
Das Problem bei der kostengünstigen Kriegführung ist, dass jeder das kann. Die Chips, die unsere toten Soldaten in PMKs verwandelten, kosteten weniger als zehn Dollar pro Stück, und es bedurfte keiner ausgefallenen Gerätschaften, um sie zu implantieren. Das hatte der Oberst sehr deutlich herausgestellt. Eine Kalaschnikow
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