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The Stand. Das letze Gefecht

The Stand. Das letze Gefecht

Titel: The Stand. Das letze Gefecht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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hochblubbern und konnte es nicht zurückhalten - es war ihr auch gleichgültig. »R.F.! R.F.! Oh, das ist gut ! Alles klar, J.R.!« Sie ließ eine Kichersalve los, bis Jenny ihr ins Gesicht schlug.
    »Sei still!« zischte sie. »Du weißt nicht, was dir bevorsteht.«
    »Ich weiß es«, sagte Dayna. »Aber du und der Rest, ihr wißt es nicht.«
    Aus der Gegensprechanlage erklang eine angenehme, fröhliche Stimme: »Sehr gut, Lloyd, danke. Schick sie bitte herein.«
    »Allein?«
    »Ja, durchaus.« Ein nachsichtiges Kichern war zu hören, als die Sprechanlage ausgeschaltet wurde. Als Dayna es hörte, wurde ihr Mund trocken.
    Lloyd drehte sich zu ihr um. Er schwitzte jetzt stärker, Schweißtropfen liefen ihm von der Stirn und wie Tränen über die Wangen. »Du hast ihn gehört. Los jetzt!«
    Sie verschränkte die Arme unter den Brüsten, so daß das Messer innen war. »Und wenn ich nicht will?«
    »Dann schleife ich dich rein.«
    »Sieh dich doch an, Lloyd. Du hast solche Angst, daß du nicht mal einen jungen Hund reinschleifen könntest.« Sie sah die anderen an.
    »Ihr habt alle Angst. Jenny, du machst dir schon fast in die Hose. Das ist nicht gut für deinen Teint, Beste. Schon gar nicht für die Hose.«
    »Hör auf, du widerliche Schlange«, flüsterte Jenny.
    »Solche Angst hatte ich in der Freien Zone nie«, sagte sie. »Dort habe ich mich wohl gefühlt. Ich bin gekommen, weil ich mich auch in Zukunft wohl fühlen will. Noch politischer war die Sache nicht. Ihr solltet darüber nachdenken; vielleicht verkauft er Angst, weil er sonst nichts zu verkaufen hat .«
    »Madame«, sagte Whitney höflich, »ich hätte mir noch gern den Rest Ihres Vortrags angehört, aber der Mann wartet. Es tut mir leid, aber Sie sagen entweder Amen und gehen freiwillig durch diese Tür, oder ich zerre Sie rein. Sie können ihm Ihre Geschichte erzählen, wenn Sie drinnen sind... das heißt, wenn Sie dann noch den Mumm aufbringen. Aber bis dahin unterstehen Sie unserer Verantwortung.«
    Und das Seltsame ist, dachte sie, er hört sich aufrichtig bedauernd an. Zu dumm, daß er sich auch aufrichtig ängstlich anhörte.
    »Das ist nicht nötig.«
    Sie zwang ihre Füße, sich in Bewegung zu setzen, dann ging es ein wenig leichter. Sie ging in den Tod; das war ihr völlig klar. Wenn es so war, sollte es eben so sein. Sie hatte das Messer. Zuerst für ihn, wenn sie konnte, und dann für sie selbst, wenn notwendig. 
    Sie dachte: Mein Name ist Dayna Roberta Jürgens, ich habe Angst, aber ich habe schon öfter Angst gehabt. Er kann mir nur etwas nehmen, was ich eines Tages sowieso aufgeben muß - mein Leben. Ich werde mich nicht von ihm brechen lassen. Ich werde nicht zulassen, daß er mich zu weniger macht als ich bin, wenn ich es verhindern kann. Ich will mit Würde sterben... und ich werde meinen Willen bekommen.
    Sie drehte den Knauf herum und betrat das innere Büro und das Reich von Randall Flagg.

    Das Büro war groß und fast leer. Der Schreibtisch war ganz an die hintere Wand gerückt worden, der teure Drehstuhl dahinter eingeklemmt. Die Bilder an den Wänden waren mit Tüchern verhängt. Das Licht war ausgeschaltet.
    Am anderen Ende des Raumes gab der zurückgezogene Vorhang den Blick auf ein riesiges Panoramafenster frei, durch das man die Wüste sehen konnte. Dayna fand, daß sie noch nie im Leben ein so steriles und trostloses Bild gesehen hatte. Oben hing der fast runde Mond wie eine polierte Silbermünze. Er war beinahe voll. Am Fenster sah sie die Gestalt eines Mannes.
    Er sah immer noch nach draußen und wandte ihr gleichgültig den Rücken zu, als sie schon lange eingetreten war. Wie lange braucht ein Mann dazu, sich umzudrehen? Zwei, höchstens drei Sekunden. Aber Dayna kam es vor, als würde der dunkle Mann sich ewig umdrehen und dabei immer mehr von sich zeigen, wie der zunehmende Mond, zu dem er hinaufgesehen hatte. Sie wurde wieder ein Kind, das von der schrecklichen Neugier großer Angst gebannt wird. Er hatte sie einen Augenblick völlig im Netz seiner Anziehungskraft, seines Glamours, gefangen. Und sie war überzeugt, wenn er sich endlich ganz umgedreht hatte, unbekannte Äonen später, würde sie das Gesicht ihrer Träume sehen: einen grotesken Mönch in seiner Kutte, nur Dunkelheit unter der Kapuze. Das Negativ eines Mannes ohne Gesicht. Sie würde ihn sehen und wahnsinnig werden.
    Dann sah er sie an, lächelte freundlich, ging auf sie zu, und ihr entsetzter Gedanke war: Mein Gott, er ist in meinem Alter!
    Randy Flagg

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