The Tools - wie Sie wirklich Selbstvertrauen, Lebensfreude, Gelassenheit und innere Stärke gewinnen
und ungepflegt, und er roch nach Erbrochenem.
»Haben Sie sich je gefragt, warum Sie Ihre Karriere selbst ruinieren?«, fragte ich ihn.
»Ich ruiniere gar nichts. Ich verkaufe mich bloß nicht. Auf einer Party kriechst du Leuten in den Arsch, alles wirkt ganz harmlos. Vielleicht tun die dir dann einen Gefallen. Aber es dauert nicht lange, und sie zensieren dir deine besten Sketche. Am Ende erzählst du nichts als Kalauer, nur um pflegeleicht zu sein.«
Wenn »pflegeleicht« hieß, pünktlich bei einem Treffen zu erscheinen, war es genau das, was Vinny brauchte, aber er sah das ganz anders.
»Mein Job ist es, komisch zu sein … nicht pflegeleicht … wenn sie ›pflegeleicht‹ brauchen, müssen sie einen Typen engagieren, der Weißbrot mit Mayo für eine tolle Mahlzeit hält. Ich würde ihm sogar noch das Butterbrotpapier dazu spendieren, damit er es zur Arbeit mitnehmen kann.«
Vinny war Experte zum Thema »Wie zerstöre ich eine Karriere«. Noch schlimmer: Er redete sich ein, aus Anständigkeit so zu handeln. Ich zwang ihn, die Karten aufzudecken.
»Ich vermute mal, Sie haben sich das alles gut überlegt. Meiner Meinung nach sollten Sie zu Ihrem Manager gehen und ihm sagen, dass Sie gut ohne ihn auskommen, dass Sie mit dem, was Sie erreicht haben, glücklich und zufrieden sind. Sie können Ihre Clubtermine gut selber planen.« Ich legte Notizblock und Stift in meine Schreibtischschublade und erhob mich. »Wenn wir die Sitzung jetzt beenden, berechne ich sie Ihnen nicht einmal.«
Er riss die Augen auf. »Aber …«, stammelte er, »ich dachte, wir könnten …« Er schloss die Augen und sammelte sich. »Es ist ja nicht so, als wollte ich nicht vorankommen.«
»Wie wär’s, wenn Sie dann mal ehrlich sagten, warum Sie immer alles vermasseln?«
Es dauerte eine Weile, aber schließlich gestand er, dass er Situationen hasste, in denen sein Schicksal von anderen Leuten abhing: Interviews, Vorsprechen, selbst ein Telefonat mit jemandem, der ihm vielleicht helfen konnte. In solchen Situationen fühlte er sich verletzlich, deshalb mied er sie wie die Pest.
Ich fragte ihn, was so schlimm daran war, Hilfe von anderen anzunehmen.
»Ich hasse das«, murmelte er. Nach weiteren Fragen offenbarte er endlich, warum. »Ich bin schon im Clownskostüm geboren worden, mit viel Geschrei, um Aufmerksamkeit zu erregen. Ich habe meine neuen Einfälle ständig bei den Kunden meines Vaters ausprobiert. Es hat ihn wahnsinnig gemacht.«
»Warum?«
»Er hat sein Unternehmen von zu Hause aus geführt.«
»Was war das für ein Unternehmen?«
»Ein Bestattungsunternehmen.«
Ich musste lachen. »So so. Aber jetzt mal ernsthaft, Vinny.«
»Ich bin ernsthaft. Jeden Tag bin ich in den Empfangsraum geschlüpft und habe meine Show abgezogen, und jeden Abend bin ich dafür mit einem Gürtel verprügelt worden. Wenn ich mich unter den Schlägen krümmte und weinte, nannte er mich ›Schwuchtel‹ und schlug mich noch härter.« Vinnys Augen füllten sich mit Tränen. »Es war ein verfluchter Alptraum.«
Damit war klar, warum er alles tat, um eine Situation, in der er verletzlich war, zu vermeiden. Er wollte niemandem m ehr die Chance geben, ihm erneut Schmerz zuzufügen. A ber er bezahlte einen hohen Preis für seinen Selbstschutz – er opferte seine Karriere.
Sie haben wahrscheinlich nicht die gleichen Opfer gebracht wie Vinny. Aber mir ist noch nie jemand begegnet, der nicht irgendetwas aufgegeben hätte, nur um Schmerz zu vermeiden.
Die Komfortzone
Die Schmerzvermeidung wäre kein Problem, wenn es nur ein- oder zweimal im Jahr dazu kommen würde. Aber bei den meisten von uns ist sie zu einer tief verwurzelten Gewohnheit geworden. Wir verbarrikadieren uns hinter einer unsichtbaren Mauer und wagen uns nicht hervor, weil jenseits der Mauer der Schmerz wartet. Dieser sichere Ort wird »Komfortzone« genannt. Im extremsten Fall verstecken sich die Leute tatsächlich hinter den Wänden ihres Zuhauses und trauen sich nicht in die Außenwelt hinaus. Das nennt man »Agoraphobie«. Doch meist ist die Komfortzone kein physischer Ort, sondern eine Lebensweise, bei der alles vermieden wird, was schmerzhaft sein könnte.
Vinnys Komfortzone bestand aus Situationen, in denen er sich sicher fühlte: kleine Clubs, in denen er ständig auftreten konnte, ein kleiner Kreis von Freunden aus Highschoolzeiten, die über all seine Witze lachten, eine Freundin, die ihn nie verlassen würde, ganz gleich, was er ihr abverlangte. Er vermied alles, was ihm
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