The Vampire Diaries - Stefan's Diaries - Rache ist nicht genug: Band 3 (German Edition)
einzelnen Schlägen konnte ich die Sekunden zählen.
Bum …
Bum …
Bum …
Bum …
Der Rest der Welt verstummte. Es gab nur mich, den Mond und dieses sterbende Mädchen. Ihr Atem verlangsamte sich. Sie würde vermutlich in wenigen Augenblicken tot sein, wenn auch nicht durch meine Hand.
Ich strich mir mit der Zunge über die Zähne. Ich hatte
mein Bestes gegeben. Ich hatte ein Eichhörnchen gejagt – ein Eichhörnchen –, um meinen Hunger zu stillen. Ich tat alles in meiner Macht Stehende, um der Verlockung meiner dunklen Seite zu widerstehen, dem Verlangen, das mich langsam von innen heraus zerstört hatte. Ich hatte darauf verzichtet, meine Macht einzusetzen.
Aber dieser Geruch …
Würzig, rostig, süß. Mir war schwindelig. Ich konnte nichts dafür, dass sie angegriffen worden war. Nicht ich trug die Schuld an der Blutlache, die sich um ihren Körper gebildet hatte. Ein einziger, winziger Schluck konnte nicht schaden … Schließlich würde ich sie nicht noch stärker verletzen, als jemand anderes das bereits getan hatte …
Ich schauderte, während ein köstlicher Schmerz über mein Rückgrat und dann durch meinen ganzen Körper lief. Ich trat einen Schritt heran, so nahe, dass ich die Hand ausstrecken und die rote Substanz berühren konnte.
Menschliches Blut würde weit mehr tun, als mich zu nähren. Es würde mich mit Wärme und Macht erfüllen. Nichts schmeckte wie menschliches Blut, nichts fühlte sich so an. Nur ein Schluck, und ich würde wieder der Vampir sein, der ich in New Orleans gewesen war: unbesiegbar, blitzschnell, stark. Ich könnte Menschen meinem Willen unterwerfen. Ich könnte meine Schuldgefühle ertränken und meine Dunkelheit willkommen heißen. Ich wäre wieder ein echter Vampir.
In diesem Moment vergaß ich alles: Warum ich in New York war, was in New Orleans geschehen war, warum ich Mystic Falls verlassen hatte. Callie, Katherine, Damon … sie alle waren weit weg, und ich wurde ohne Sinn und Verstand zu der Quelle meiner Qual und Ekstase gezogen.
Ich kniete mich ins Gras. Meine ausgedörrten Lippen zogen sich von meinem Mund zurück und entblößten meine Reißzähne in voller Länge.
Einmal lecken. Ein Tropfen. Einmal kosten. Ich brauchte es so dringend. Und eigentlich würde ich sie nicht töten. Eigentlich hatte ein anderer sie getötet.
Das Blut floss ihr in Rinnsalen über die Brust, pulsierte im Rhythmus ihres Herzens. Ich beugte mich vor und streckte die Zunge heraus … Da flatterten plötzlich ihre Lider, ihre dichten Wimpern trennten sich und legten klare grüne Augen frei, Augen in der Farbe von Klee und Gras.
Die gleiche Farbe wie Callies Augen.
In meiner letzten Erinnerung an Callie liegt sie sterbend auf dem Boden, ähnlich hilflos. Callie starb an einem Messerstich in den Rücken. Damon hatte nicht einmal den Anstand gehabt, ihr die Möglichkeit zur Verteidigung zu bieten. Er hatte sie erdolcht, als sie abgelenkt gewesen war – als sie mir gestanden hatte, wie sehr sie mich liebte. Und dann, bevor ich ihr mein eigenes Blut zu trinken geben und sie damit retten konnte, hatte Damon mich beiseite gestoßen und sie vollkommen
leer getrunken. Er hatte sie als trockene, tote Hülle zurückgelassen und versucht, auch mich zu töten. Wäre Lexi nicht gewesen, wäre ihm das auch gelungen.
Ich stieß einen gequälten Schrei aus und hämmerte mit den Fäusten auf den Boden. Ich zwang die Blutgier in meinen Augen und Wangen zurück an jenen dunklen Ort, von dem sie gekommen war.
Nach einem weiteren Moment, in dem ich mich sammelte, zog ich das Mieder des Mädchens beiseite, um ihre Wunde zu betrachten. Sie war mit einem Messer oder mit einer anderen kleinen, scharfen Klinge verletzt worden. Die Klinge war mit fast perfekter Präzision zwischen ihre Brüste direkt in ihren Brustkorb hineingestoßen worden – hatte ihr Herz aber verfehlt. Es war, als hätte der Angreifer gewollt, dass sie litt, als hätte er gewollt, dass sie langsam verblutete, anstatt sofort den Tod zu finden.
Der Angreifer hatte die Klinge nicht zurückgelassen, also legte ich die Zähne an mein Handgelenk, um mir die Haut aufzureißen. Der Schmerz half mir, mich zu konzentrieren; ein guter, reiner Schmerz verglichen mit dem, was ich spürte, wenn meine Reißzähne hervorstießen.
Mit unvorstellbarer Anstrengung drückte ich mein Handgelenk auf ihren Mund und ballte die Hand zur Faust. Ich hatte selbst kaum noch Blut – das hier würde mich fast töten. Und ich hatte keine
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