The Vampire Journals - Verwandelt: Band 1 (German Edition)
wuchs ihr allmählich über den Kopf. Es war einfach zu viel. Sie konnte nicht mehr klar denken, und weil sie so frustriert war, verstand sie bloß, dass Sam sie auch noch im Stich lassen wollte. Anscheinend bedeutete sie ihm nicht mehr wirklich etwas.
»Dann geh doch!«, schnauzte sie ihn an, ohne es zu wollen. Es war, als hätte jemand anderes für sie gesprochen. Als sie merkte, wie barsch sie geklungen hatte, bedauerte sie ihre Unbeherrschtheit sofort.
Warum bloß musstest du so damit herausplatzen? Warum hast du dich nicht besser unter Kontrolle?
Wenn sie in einer besseren Stimmung gewesen wäre, wenn sie ruhiger gewesen wäre und wenn nicht so viel gleichzeitig auf sie eingestürmt wäre, wäre ihr das sicher nicht passiert. Dann wäre sie freundlicher gewesen.
Sie hätte zum Beispiel etwas gesagt wie: Ich weiß, dass du niemals abhauen würdest, egal, wie schlimm es kommt, weil du mich nicht allein lassen würdest. Dafür liebe ich dich. Und natürlich würde ich dich auch nicht im Stich lassen. Trotz unserer verkorksten Kindheit haben wir wenigstens immer noch uns.
Stattdessen hatte sie sich von ihrer schlechten Laune leiten lassen. Stattdessen hatte sie egoistisch reagiert und ihn angeschnauzt.
Sie setzte sich auf. An seinem Gesichtsausdruck konnte sie erkennen, wie verletzt er war. Gerne hätte sie ihre Worte zurückgenommen und ihm gesagt, dass es ihr leidtat, aber sie war schlichtweg überfordert. Irgendwie schaffte sie es nicht, den Mund aufzumachen.
Still stand Sam auf, verließ den Raum und schloss leise die Tür hinter sich.
Du blöde Kuh, dachte sie. Du bist so eine Idiotin. Warum musst du ihn genauso behandeln, wie Mom dich behandelt?
Sie legte sich zurück und starrte wieder an die Decke. Auf einmal begriff sie, dass es noch einen anderen Grund für ihre barsche Reaktion gab. Er hatte ihren Gedankengang unterbrochen, und das genau zu dem Zeitpunkt, als sie zu den schlechten Dingen kam. Eine dunkle Erinnerung war ihr durch den Kopf geschossen, und Sam war dazwischengekommen, bevor sie den Gedanken hatte festhalten können.
Es ging um den Exfreund ihrer Mom. Am vorvorletzten Wohnort. Zu der Zeit hatte Mom tatsächlich glücklich gewirkt, ein einziges Mal. Frank. Fünfzig. Klein, untersetzt, beginnende Glatze. Er roch immer nach billigem Rasierwasser. Damals war Caitlin sechzehn gewesen.
Sie hatte in der winzigen Waschküche gestanden und ihre Wäsche zusammengelegt, als plötzlich Frank in der Tür auftauchte. Er war ein ekliger Typ, ständig starrte er sie an. Er hob ein Unterhöschen von ihr auf und hielt es grinsend hoch. Sie spürte, wie ihr vor Verlegenheit und Zorn das Blut ins Gesicht schoss.
»Das hast du fallen lassen«, meinte er, und sein Grinsen wurde noch breiter. Sie riss ihm ihre Unterwäsche aus der Hand.
»Was willst du?«, fuhr sie ihn an.
»Redet man so mit seinem neuen Stiefvater?«
Er machte einen halben Schritt auf sie zu.
»Du bist nicht mein Stiefvater.«
»Aber ich werde es sein – und zwar bald.«
Sie versuchte, sich wieder auf die Wäsche zu konzentrieren, aber er kam noch näher. Zu nahe. Ihr Herz schlug heftig.
»Ich denke, es ist an der Zeit, dass wir beide uns ein bisschen besser kennenlernen«, sagte er dann und öffnete dabei seinen Gürtel. »Findest du nicht auch?«
Entsetzt versuchte sie, sich an ihm vorbeizuquetschen. Sie wollte flüchten, aber er versperrte ihr den Weg, packte sie grob und drückte sie gegen die Wand.
Und da geschah es.
Sie kochte vor Wut. So wütend war sie noch nie gewesen. Sie spürte, wie ihr von Kopf bis Fuß heiß wurde. Als er noch näher kam, sprang sie in die Höhe und trat ihm mit beiden Füßen gegen die Brust.
Obwohl sie nicht einmal halb so viel wog wie er, flog er rückwärts durch die Tür, riss sie dabei aus den Angeln und landete drei Meter weiter im Nebenzimmer. Es war, als wäre er von einer Kanonenkugel durchs Haus geschossen worden.
Zitternd blieb Caitlin stehen. Sie war kein gewalttätiger Mensch, noch nie hatte sie jemanden geschlagen. Außerdem war sie weder groß noch stark. Woher hatte sie also gewusst, wie sie ihn treten musste? Woher war auf einmal die Kraft gekommen? Noch nie hatte sie jemanden durch die Luft fliegen und eine Tür zerschmettern sehen – schon gar nicht einen erwachsenen Mann –, also woher war die Kraft dazu gekommen?
Sie ging zu ihm und starrte auf ihn hinunter.
Er lag bewusstlos auf dem Rücken. Sie fragte sich, ob sie ihn umgebracht hatte. Aber gleichzeitig kochte in
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